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Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895.

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Anzahl in 25 Jahren, und bei so fortschreitender Verviel-
fältigung würde die Welt schon in weniger als tausend
Jahren buchstäblich keinen Raum mehr für seine Nach-
kommenschaft haben." *)

Die Bevölkerung des deutschen Reichs hat sich in
den letzten 75 Jahren verdoppelt. Angenommen, es könnte
diese Rate auch weiterhin bestehen, so würden nach 1200
Jahren über 3 Billionen Menschen auf dem deutschen Gebiet
wohnen, d. h. etwa 5 auf 1 qm, sie könnten also neben ein-
ander gestellt, den gesammten Boden vollkommen bedecken.
Da in früheren Jahrhunderten die Geburtsziffer kaum nied-
riger war als jetzt, so lässt das einen Schluss auf die enorme
Zahl von Menschen zu, die im Kampf um ihre Lebens- und
Fortpflanzungsbedingungen untergegangen sind.

Man hat oft im Anschluss an Marx geltend gemacht,
dass die Menschen ein anderes Bevölkerungsgesetz hätten
als Pflanzen und Thiere. Friedrich Albert Lange hat,
neben Anderen, dies treffend widerlegt. Ich verweise auf
das fünfte Capitel seiner Arbeiterfrage. (S. 212 u. ff.) Es
findet bei den civilisirten Menschen eben keine directe
Concurrenz um die Lebensbedingungen statt, sondern eine
indirecte in der Form der Bewerbung um oekonomische
Nährstellen. Dies ist aber nur eine Art des später er-
wähnten und auch unter Thieren heimischen Socialkampfes.
Da wo sich die verfügbaren Nährstellen vermindern, so bei
Einführung von arbeitsparenden Maschinen, bei Krisen etc.,
findet doch ein Kampf um's Dasein unter denen statt, die
in ihren Nährstellen bleiben wollen, wobei auch im Grossen
und Ganzen die Passendsten siegen.

Zum weiteren Verständniss des Kampfes um's Dasein
und seiner Folge, der Auslese, d. h. dem Überleben
nur eines Theils der erzeugten Keime und zwar der passend-

*) Darwin, Ch. Entstehung der Arten. S. 85.

Anzahl in 25 Jahren, und bei so fortschreitender Verviel-
fältigung würde die Welt schon in weniger als tausend
Jahren buchstäblich keinen Raum mehr für seine Nach-
kommenschaft haben.“ *)

Die Bevölkerung des deutschen Reichs hat sich in
den letzten 75 Jahren verdoppelt. Angenommen, es könnte
diese Rate auch weiterhin bestehen, so würden nach 1200
Jahren über 3 Billionen Menschen auf dem deutschen Gebiet
wohnen, d. h. etwa 5 auf 1 qm, sie könnten also neben ein-
ander gestellt, den gesammten Boden vollkommen bedecken.
Da in früheren Jahrhunderten die Geburtsziffer kaum nied-
riger war als jetzt, so lässt das einen Schluss auf die enorme
Zahl von Menschen zu, die im Kampf um ihre Lebens- und
Fortpflanzungsbedingungen untergegangen sind.

Man hat oft im Anschluss an Marx geltend gemacht,
dass die Menschen ein anderes Bevölkerungsgesetz hätten
als Pflanzen und Thiere. Friedrich Albert Lange hat,
neben Anderen, dies treffend widerlegt. Ich verweise auf
das fünfte Capitel seiner Arbeiterfrage. (S. 212 u. ff.) Es
findet bei den civilisirten Menschen eben keine directe
Concurrenz um die Lebensbedingungen statt, sondern eine
indirecte in der Form der Bewerbung um oekonomische
Nährstellen. Dies ist aber nur eine Art des später er-
wähnten und auch unter Thieren heimischen Socialkampfes.
Da wo sich die verfügbaren Nährstellen vermindern, so bei
Einführung von arbeitsparenden Maschinen, bei Krisen etc.,
findet doch ein Kampf um’s Dasein unter denen statt, die
in ihren Nährstellen bleiben wollen, wobei auch im Grossen
und Ganzen die Passendsten siegen.

Zum weiteren Verständniss des Kampfes um’s Dasein
und seiner Folge, der Auslese, d. h. dem Überleben
nur eines Theils der erzeugten Keime und zwar der passend-

*) Darwin, Ch. Entstehung der Arten. S. 85.
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[42/0062] Anzahl in 25 Jahren, und bei so fortschreitender Verviel- fältigung würde die Welt schon in weniger als tausend Jahren buchstäblich keinen Raum mehr für seine Nach- kommenschaft haben.“ *) Die Bevölkerung des deutschen Reichs hat sich in den letzten 75 Jahren verdoppelt. Angenommen, es könnte diese Rate auch weiterhin bestehen, so würden nach 1200 Jahren über 3 Billionen Menschen auf dem deutschen Gebiet wohnen, d. h. etwa 5 auf 1 qm, sie könnten also neben ein- ander gestellt, den gesammten Boden vollkommen bedecken. Da in früheren Jahrhunderten die Geburtsziffer kaum nied- riger war als jetzt, so lässt das einen Schluss auf die enorme Zahl von Menschen zu, die im Kampf um ihre Lebens- und Fortpflanzungsbedingungen untergegangen sind. Man hat oft im Anschluss an Marx geltend gemacht, dass die Menschen ein anderes Bevölkerungsgesetz hätten als Pflanzen und Thiere. Friedrich Albert Lange hat, neben Anderen, dies treffend widerlegt. Ich verweise auf das fünfte Capitel seiner Arbeiterfrage. (S. 212 u. ff.) Es findet bei den civilisirten Menschen eben keine directe Concurrenz um die Lebensbedingungen statt, sondern eine indirecte in der Form der Bewerbung um oekonomische Nährstellen. Dies ist aber nur eine Art des später er- wähnten und auch unter Thieren heimischen Socialkampfes. Da wo sich die verfügbaren Nährstellen vermindern, so bei Einführung von arbeitsparenden Maschinen, bei Krisen etc., findet doch ein Kampf um’s Dasein unter denen statt, die in ihren Nährstellen bleiben wollen, wobei auch im Grossen und Ganzen die Passendsten siegen. Zum weiteren Verständniss des Kampfes um’s Dasein und seiner Folge, der Auslese, d. h. dem Überleben nur eines Theils der erzeugten Keime und zwar der passend- *) Darwin, Ch. Entstehung der Arten. S. 85.

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Zitationshilfe: Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895/62>, abgerufen am 23.11.2024.