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Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895.

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schädigen, anstatt sie einfach zur Thätigkeit zu reizen oder
zu üben, nennen wir Schädlichkeiten.

Die Reize zerfallen natürlich auch wieder in Extral-
und Socialreize. Ein Extralreiz z. B. ist der Frost, der
mir beim Schlittschuhlaufen die Füsse kalt macht, ein So-
cialreiz die Ohrfeigen, die ein betrunkener Kutscher von
Passanten bekommt, weil er sein Pferd misshandelt. Die
Reize unterscheiden sich sonst noch in die für die Erhaltung
nothwendigen normalen Lebensreize oder Lebensbedin-
gungen
und in die anormalen Reize, die den Körper nur
gelegentlich treffen und durchaus nicht für seine Erhaltung
nöthig sind, zu denen z. B. sehr starke Hitze- und Kältegrade,
sowie für die meisten Individuen die leichten Infectionskrank-
heiten, der Genuss kleiner Dosen Alkohol etc. gehören.

Auch bei den Schädlichkeiten lassen sich wieder Extral-
schädlichkeiten, wie z. B. Blitzschlag, Schlangenbiss, Sumpf-
fieber, und durch andere Individuen vermittelte Socialschäd-
lichkeiten auseinanderhalten, wie z. B.: Todtschlag, Ver-
drängung von der nöthigen Nahrung, Ansteckung mit
Syphilis und Ähnliches.

Die Bedeutung dieser Beziehungen für den Artprocess,
also auch für das Leben der Rassen, wird ersichtlich, wenn
wir den Unterschied in der Reactionsfähigkeit der einzelnen
Individuen betrachten, die eine Rasse zusammensetzen. Diese
bieten zahlreiche Variationen in Bezug auf Güte und Menge
ihrer Regulationsmechanismen dar, nicht nur in Bezug auf
einen solchen Mechanismus, sondern auf viele zugleich. Da
die Individuen keine blossen Haufen von Mechanismen sind,
sondern ein centrirtes System derselben, so müssen wir
nicht die einzelnen Variationen betrachten, sondern die
Traeger ihrer systematischen Einordnung in einander, die
Varianten.

Die Convarianten derselben Altersklassen haben resul-
tirend aus der Summe ihrer variirenden Regulationen natür-
lich auch eine verschiedene Constitutionskraft, von der

schädigen, anstatt sie einfach zur Thätigkeit zu reizen oder
zu üben, nennen wir Schädlichkeiten.

Die Reize zerfallen natürlich auch wieder in Extral-
und Socialreize. Ein Extralreiz z. B. ist der Frost, der
mir beim Schlittschuhlaufen die Füsse kalt macht, ein So-
cialreiz die Ohrfeigen, die ein betrunkener Kutscher von
Passanten bekommt, weil er sein Pferd misshandelt. Die
Reize unterscheiden sich sonst noch in die für die Erhaltung
nothwendigen normalen Lebensreize oder Lebensbedin-
gungen
und in die anormalen Reize, die den Körper nur
gelegentlich treffen und durchaus nicht für seine Erhaltung
nöthig sind, zu denen z. B. sehr starke Hitze- und Kältegrade,
sowie für die meisten Individuen die leichten Infectionskrank-
heiten, der Genuss kleiner Dosen Alkohol etc. gehören.

Auch bei den Schädlichkeiten lassen sich wieder Extral-
schädlichkeiten, wie z. B. Blitzschlag, Schlangenbiss, Sumpf-
fieber, und durch andere Individuen vermittelte Socialschäd-
lichkeiten auseinanderhalten, wie z. B.: Todtschlag, Ver-
drängung von der nöthigen Nahrung, Ansteckung mit
Syphilis und Ähnliches.

Die Bedeutung dieser Beziehungen für den Artprocess,
also auch für das Leben der Rassen, wird ersichtlich, wenn
wir den Unterschied in der Reactionsfähigkeit der einzelnen
Individuen betrachten, die eine Rasse zusammensetzen. Diese
bieten zahlreiche Variationen in Bezug auf Güte und Menge
ihrer Regulationsmechanismen dar, nicht nur in Bezug auf
einen solchen Mechanismus, sondern auf viele zugleich. Da
die Individuen keine blossen Haufen von Mechanismen sind,
sondern ein centrirtes System derselben, so müssen wir
nicht die einzelnen Variationen betrachten, sondern die
Traeger ihrer systematischen Einordnung in einander, die
Varianten.

Die Convarianten derselben Altersklassen haben resul-
tirend aus der Summe ihrer variirenden Regulationen natür-
lich auch eine verschiedene Constitutionskraft, von der

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[44/0064] schädigen, anstatt sie einfach zur Thätigkeit zu reizen oder zu üben, nennen wir Schädlichkeiten. Die Reize zerfallen natürlich auch wieder in Extral- und Socialreize. Ein Extralreiz z. B. ist der Frost, der mir beim Schlittschuhlaufen die Füsse kalt macht, ein So- cialreiz die Ohrfeigen, die ein betrunkener Kutscher von Passanten bekommt, weil er sein Pferd misshandelt. Die Reize unterscheiden sich sonst noch in die für die Erhaltung nothwendigen normalen Lebensreize oder Lebensbedin- gungen und in die anormalen Reize, die den Körper nur gelegentlich treffen und durchaus nicht für seine Erhaltung nöthig sind, zu denen z. B. sehr starke Hitze- und Kältegrade, sowie für die meisten Individuen die leichten Infectionskrank- heiten, der Genuss kleiner Dosen Alkohol etc. gehören. Auch bei den Schädlichkeiten lassen sich wieder Extral- schädlichkeiten, wie z. B. Blitzschlag, Schlangenbiss, Sumpf- fieber, und durch andere Individuen vermittelte Socialschäd- lichkeiten auseinanderhalten, wie z. B.: Todtschlag, Ver- drängung von der nöthigen Nahrung, Ansteckung mit Syphilis und Ähnliches. Die Bedeutung dieser Beziehungen für den Artprocess, also auch für das Leben der Rassen, wird ersichtlich, wenn wir den Unterschied in der Reactionsfähigkeit der einzelnen Individuen betrachten, die eine Rasse zusammensetzen. Diese bieten zahlreiche Variationen in Bezug auf Güte und Menge ihrer Regulationsmechanismen dar, nicht nur in Bezug auf einen solchen Mechanismus, sondern auf viele zugleich. Da die Individuen keine blossen Haufen von Mechanismen sind, sondern ein centrirtes System derselben, so müssen wir nicht die einzelnen Variationen betrachten, sondern die Traeger ihrer systematischen Einordnung in einander, die Varianten. Die Convarianten derselben Altersklassen haben resul- tirend aus der Summe ihrer variirenden Regulationen natür- lich auch eine verschiedene Constitutionskraft, von der

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Zitationshilfe: Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895/64>, abgerufen am 24.11.2024.