Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 1. München, 1859.
oder ob dort drinnen, überall sperren wir das Maul auf. Jhr, mein theurer Herr, um Lieder zu singen, ich meinerseits um, in Ermanglung von etwas Anderem, Mücken zu schnappen. Vielleicht fallen mir hier doch ein paar reife, lebensmüde Haselnüsse in den Rachen, die einigermaßen meinen ausgehungerten Verdauungs- Werkzeugen Beschäftigung geben. Was hab ich an Euern schönen Poesien? Das sind nur Luftbilder und Träume, von welchen kein mit Vernunft be- gabtes zweibeiniges Thier satt wird! Lautenklang. Weh mir! unsäglich ist mein inn'res Leiden, Vergebens such' ich längst nach einem Stoff, Nach einem Stoff, der sich zum Drama eignet; Bisher schuf ich nur immer Lyrisches: Sechs Bände liegen auf in allen Laden, Doch hat der Lesekreis längst g'nug daran; Dramatisches verlangt von mir die Welt, Und bring' nicht bald ein Stück ich für die Bühne, So ist's gescheh'n um meinen alten Ruhm. Schon will der Kranz auf meinem Haupte welken, Ein Blatt um's andere wird dürr und bleich, Und endlich steh' ich da mit kahlem Scheitel -- Wohl selber gar vergessen und vergriffen!
oder ob dort drinnen, überall ſperren wir das Maul auf. Jhr, mein theurer Herr, um Lieder zu ſingen, ich meinerſeits um, in Ermanglung von etwas Anderem, Mücken zu ſchnappen. Vielleicht fallen mir hier doch ein paar reife, lebensmüde Haſelnüſſe in den Rachen, die einigermaßen meinen ausgehungerten Verdauungs- Werkzeugen Beſchäftigung geben. Was hab ich an Euern ſchönen Poeſien? Das ſind nur Luftbilder und Träume, von welchen kein mit Vernunft be- gabtes zweibeiniges Thier ſatt wird! Lautenklang. Weh mir! unſäglich iſt mein inn’res Leiden, Vergebens ſuch’ ich längſt nach einem Stoff, Nach einem Stoff, der ſich zum Drama eignet; Bisher ſchuf ich nur immer Lyriſches: Sechs Bände liegen auf in allen Laden, Doch hat der Leſekreis längſt g’nug daran; Dramatiſches verlangt von mir die Welt, Und bring’ nicht bald ein Stück ich für die Bühne, So iſt’s geſcheh’n um meinen alten Ruhm. Schon will der Kranz auf meinem Haupte welken, Ein Blatt um’s andere wird dürr und bleich, Und endlich ſteh’ ich da mit kahlem Scheitel — Wohl ſelber gar vergeſſen und vergriffen! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#CHR"> <p><pb facs="#f0218" n="212"/> oder ob dort drinnen, überall ſperren wir das Maul<lb/> auf. Jhr, mein theurer Herr, um Lieder zu ſingen,<lb/> ich meinerſeits um, in Ermanglung von etwas Anderem,<lb/> Mücken zu ſchnappen. Vielleicht fallen mir hier doch<lb/> ein paar reife, lebensmüde Haſelnüſſe in den Rachen,<lb/> die einigermaßen meinen ausgehungerten Verdauungs-<lb/> Werkzeugen Beſchäftigung geben. Was hab ich an<lb/> Euern ſchönen Poeſien? Das ſind nur Luftbilder<lb/> und Träume, von welchen kein mit Vernunft be-<lb/> gabtes zweibeiniges Thier ſatt wird!</p> </sp><lb/> <sp who="#LAU"> <speaker> <hi rendition="#c">Lautenklang.</hi> </speaker><lb/> <p>Weh mir! unſäglich iſt mein inn’res Leiden,<lb/> Vergebens ſuch’ ich längſt nach einem Stoff,<lb/> Nach einem Stoff, der ſich zum Drama eignet;<lb/> Bisher ſchuf ich nur immer Lyriſches:<lb/> Sechs Bände liegen auf in allen Laden,<lb/> Doch hat der Leſekreis längſt g’nug daran;<lb/> Dramatiſches verlangt von mir die Welt,<lb/> Und bring’ nicht bald ein Stück ich für die Bühne,<lb/> So iſt’s geſcheh’n um meinen alten Ruhm.<lb/> Schon will der Kranz auf meinem Haupte welken,<lb/> Ein Blatt um’s andere wird dürr und bleich,<lb/> Und endlich ſteh’ ich da mit kahlem Scheitel —<lb/> Wohl ſelber gar vergeſſen und vergriffen!</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [212/0218]
oder ob dort drinnen, überall ſperren wir das Maul
auf. Jhr, mein theurer Herr, um Lieder zu ſingen,
ich meinerſeits um, in Ermanglung von etwas Anderem,
Mücken zu ſchnappen. Vielleicht fallen mir hier doch
ein paar reife, lebensmüde Haſelnüſſe in den Rachen,
die einigermaßen meinen ausgehungerten Verdauungs-
Werkzeugen Beſchäftigung geben. Was hab ich an
Euern ſchönen Poeſien? Das ſind nur Luftbilder
und Träume, von welchen kein mit Vernunft be-
gabtes zweibeiniges Thier ſatt wird!
Lautenklang.
Weh mir! unſäglich iſt mein inn’res Leiden,
Vergebens ſuch’ ich längſt nach einem Stoff,
Nach einem Stoff, der ſich zum Drama eignet;
Bisher ſchuf ich nur immer Lyriſches:
Sechs Bände liegen auf in allen Laden,
Doch hat der Leſekreis längſt g’nug daran;
Dramatiſches verlangt von mir die Welt,
Und bring’ nicht bald ein Stück ich für die Bühne,
So iſt’s geſcheh’n um meinen alten Ruhm.
Schon will der Kranz auf meinem Haupte welken,
Ein Blatt um’s andere wird dürr und bleich,
Und endlich ſteh’ ich da mit kahlem Scheitel —
Wohl ſelber gar vergeſſen und vergriffen!
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