Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 1. München, 1859.

Bild:
<< vorherige Seite
O herbe Außenwelt für Jung und Alt,
Die oft in Zwiespalt jagt des Lebens Mächte,
Wenn Herzensdrang und Sehnen mit der starren
Beschränkung äusserer Gewalten ringen!
Und solchen Kampf möcht' ich der Tochter sparen
Abschneiden möcht' ich rechter Zeit die Sehnsucht,
Die schlummernd in des Kindes Blüthenkelch
Still ruht als des Verlangens Dämmerschein,
Weil ihr so oft nur bitt're Täuschung folgt.
Doch wie? -- vergaß' ich ganz der Fee'n Drohung,
Die sich in diesem Jahre soll erfüllen?
Weh mir! denk' ich daran, bricht's Mutterherz
Zusammen schier, "Dornröslein" heißt der Fluch! --
Sconea, milde Fee, die du in erster Stunde
Dem Kinde Huld und Schutz hast angelobt,
Vermöcht ich's, dich mit Mutterstimm' zu rufen
Und Mutterschmerz dir an das Herz zu legen!

(Es ertönt liebliche Musik.)
Sconea.
(in ros'gem Schimmer erscheinend.)
Die Fee Sconea hört, ruft Mutterliebe!
Dein Röslein schütz' ich, wie ich es verheißen,
Doch jeder Fee'nspruch muß sich erfüllen,
Denn in ihm liegt der mächt'gen Weihe Kraft;
Gut oder bös -- es ist des Zaubers Recht.
16*
O herbe Außenwelt für Jung und Alt,
Die oft in Zwieſpalt jagt des Lebens Mächte,
Wenn Herzensdrang und Sehnen mit der ſtarren
Beſchränkung äuſſerer Gewalten ringen!
Und ſolchen Kampf möcht’ ich der Tochter ſparen
Abſchneiden möcht’ ich rechter Zeit die Sehnſucht,
Die ſchlummernd in des Kindes Blüthenkelch
Still ruht als des Verlangens Dämmerſchein,
Weil ihr ſo oft nur bitt’re Täuſchung folgt.
Doch wie? — vergaß’ ich ganz der Fee’n Drohung,
Die ſich in dieſem Jahre ſoll erfüllen?
Weh mir! denk’ ich daran, bricht’s Mutterherz
Zuſammen ſchier, „Dornröslein‟ heißt der Fluch! —
Sconea, milde Fee, die du in erſter Stunde
Dem Kinde Huld und Schutz haſt angelobt,
Vermöcht ich’s, dich mit Mutterſtimm’ zu rufen
Und Mutterſchmerz dir an das Herz zu legen!

(Es ertönt liebliche Muſik.)
Sconea.
(in roſ’gem Schimmer erſcheinend.)
Die Fee Sconea hört, ruft Mutterliebe!
Dein Röslein ſchütz’ ich, wie ich es verheißen,
Doch jeder Fee’nſpruch muß ſich erfüllen,
Denn in ihm liegt der mächt’gen Weihe Kraft;
Gut oder bös — es iſt des Zaubers Recht.
16*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#HER">
            <pb facs="#f0249" n="243"/>
            <p>O herbe Außenwelt für Jung und Alt,<lb/>
Die oft in Zwie&#x017F;palt jagt des Lebens Mächte,<lb/>
Wenn Herzensdrang und Sehnen mit der &#x017F;tarren<lb/>
Be&#x017F;chränkung äu&#x017F;&#x017F;erer Gewalten ringen!<lb/>
Und &#x017F;olchen Kampf möcht&#x2019; ich der Tochter &#x017F;paren<lb/>
Ab&#x017F;chneiden möcht&#x2019; ich rechter Zeit die Sehn&#x017F;ucht,<lb/>
Die &#x017F;chlummernd in des Kindes Blüthenkelch<lb/>
Still ruht als des Verlangens Dämmer&#x017F;chein,<lb/>
Weil ihr &#x017F;o oft nur bitt&#x2019;re Täu&#x017F;chung folgt.<lb/>
Doch wie? &#x2014; vergaß&#x2019; ich ganz der Fee&#x2019;n Drohung,<lb/>
Die &#x017F;ich in die&#x017F;em Jahre &#x017F;oll erfüllen?<lb/>
Weh mir! denk&#x2019; ich daran, bricht&#x2019;s Mutterherz<lb/>
Zu&#x017F;ammen &#x017F;chier, &#x201E;<hi rendition="#g">Dornröslein</hi>&#x201F; heißt der Fluch! &#x2014;<lb/>
Sconea, milde Fee, die du in er&#x017F;ter Stunde<lb/>
Dem Kinde Huld und Schutz ha&#x017F;t angelobt,<lb/>
Vermöcht ich&#x2019;s, dich mit Mutter&#x017F;timm&#x2019; zu rufen<lb/>
Und Mutter&#x017F;chmerz dir an das Herz zu legen!</p><lb/>
            <stage> <hi rendition="#c">(Es ertönt liebliche Mu&#x017F;ik.)</hi> </stage>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SCONE">
            <speaker> <hi rendition="#c">Sconea.</hi> </speaker><lb/>
            <stage> <hi rendition="#c">(in ro&#x017F;&#x2019;gem Schimmer er&#x017F;cheinend.)</hi> </stage><lb/>
            <p>Die Fee Sconea hört, ruft Mutterliebe!<lb/>
Dein Röslein &#x017F;chütz&#x2019; ich, wie ich es verheißen,<lb/>
Doch <hi rendition="#g">jeder</hi> Fee&#x2019;n&#x017F;pruch muß &#x017F;ich erfüllen,<lb/>
Denn in ihm liegt der mächt&#x2019;gen Weihe Kraft;<lb/>
Gut oder bös &#x2014; es i&#x017F;t des Zaubers Recht.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">16*</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[243/0249] O herbe Außenwelt für Jung und Alt, Die oft in Zwieſpalt jagt des Lebens Mächte, Wenn Herzensdrang und Sehnen mit der ſtarren Beſchränkung äuſſerer Gewalten ringen! Und ſolchen Kampf möcht’ ich der Tochter ſparen Abſchneiden möcht’ ich rechter Zeit die Sehnſucht, Die ſchlummernd in des Kindes Blüthenkelch Still ruht als des Verlangens Dämmerſchein, Weil ihr ſo oft nur bitt’re Täuſchung folgt. Doch wie? — vergaß’ ich ganz der Fee’n Drohung, Die ſich in dieſem Jahre ſoll erfüllen? Weh mir! denk’ ich daran, bricht’s Mutterherz Zuſammen ſchier, „Dornröslein‟ heißt der Fluch! — Sconea, milde Fee, die du in erſter Stunde Dem Kinde Huld und Schutz haſt angelobt, Vermöcht ich’s, dich mit Mutterſtimm’ zu rufen Und Mutterſchmerz dir an das Herz zu legen! (Es ertönt liebliche Muſik.) Sconea. (in roſ’gem Schimmer erſcheinend.) Die Fee Sconea hört, ruft Mutterliebe! Dein Röslein ſchütz’ ich, wie ich es verheißen, Doch jeder Fee’nſpruch muß ſich erfüllen, Denn in ihm liegt der mächt’gen Weihe Kraft; Gut oder bös — es iſt des Zaubers Recht. 16*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein01_1859
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein01_1859/249
Zitationshilfe: Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 1. München, 1859, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein01_1859/249>, abgerufen am 21.11.2024.