Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 2. München, 1861.
gestern z'weng trunken hab. Kurz und gut und gut und kurz, laß dir sagen, Zapfl, ich muß nacher zum Bürgermeister nüber vermuthlich wegen meiner gestrigen Aufregung. Jch hab nehmlich in meiner germanischen Begeisterung wie ich z'Haus kommen bin mit meiner Grethl etwas zu vernehmlich dis- curirt. Sie sprach wieder oder widersprach, |was ich durchaus nicht dulde, besonders wenn ich in einer exultirten Stimmung bin, und da gab Ein Wort das andere; ich ward heftig, sie ward giftig, ich warntetete, ich drohtetete! -- endlich kam es zu Thätlichkeiten! Jch ließ meine männliche Autorität- schaft walten, Schlag auf Schlag; sie fiel unter meinen Streichen. Diese häusliche Seene blieb aber nicht Privatangelegenheit; denn in Folge des Lärm's wurde die unter mir schlummernde Bocks- familie veranlaßt, mit meinem Verhalten unzufrie- den zu sein, und der Staatsbürger von Nadel und Faden, diese elende Schneiderseele hat mich heut in aller früh schon beim Bürgermeister verklagt, in Folge welcher Renunziation ich amtlich klistirt wurde und mich in einer halben Stunde bei unserm städti- schen Tyrannen Salzmaier einzufinden habe. Jetzt hast die ganze Gschicht, Zapfl! 19 *
geſtern z’weng trunken hab. Kurz und gut und gut und kurz, laß dir ſagen, Zapfl, ich muß nacher zum Bürgermeiſter nüber vermuthlich wegen meiner geſtrigen Aufregung. Jch hab nehmlich in meiner germaniſchen Begeiſterung wie ich z’Haus kommen bin mit meiner Grethl etwas zu vernehmlich dis- curirt. Sie ſprach wieder oder widerſprach, |was ich durchaus nicht dulde, beſonders wenn ich in einer exultirten Stimmung bin, und da gab Ein Wort das andere; ich ward heftig, ſie ward giftig, ich warntetete, ich drohtetete! — endlich kam es zu Thätlichkeiten! Jch ließ meine männliche Autorität- ſchaft walten, Schlag auf Schlag; ſie fiel unter meinen Streichen. Dieſe häusliche Seene blieb aber nicht Privatangelegenheit; denn in Folge des Lärm’s wurde die unter mir ſchlummernde Bocks- familie veranlaßt, mit meinem Verhalten unzufrie- den zu ſein, und der Staatsbürger von Nadel und Faden, dieſe elende Schneiderſeele hat mich heut in aller früh ſchon beim Bürgermeiſter verklagt, in Folge welcher Renunziation ich amtlich kliſtirt wurde und mich in einer halben Stunde bei unſerm ſtädti- ſchen Tyrannen Salzmaier einzufinden habe. Jetzt haſt die ganze Gſchicht, Zapfl! 19 *
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geſtern z’weng trunken hab. Kurz und gut und
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zum Bürgermeiſter nüber vermuthlich wegen meiner
geſtrigen Aufregung. Jch hab nehmlich in meiner
germaniſchen Begeiſterung wie ich z’Haus kommen
bin mit meiner Grethl etwas zu vernehmlich dis-
curirt. Sie ſprach wieder oder widerſprach, |was
ich durchaus nicht dulde, beſonders wenn ich in
einer exultirten Stimmung bin, und da gab Ein
Wort das andere; ich ward heftig, ſie ward giftig,
ich warntetete, ich drohtetete! — endlich kam es zu
Thätlichkeiten! Jch ließ meine männliche Autorität-
ſchaft walten, Schlag auf Schlag; ſie fiel unter
meinen Streichen. Dieſe häusliche Seene blieb
aber nicht Privatangelegenheit; denn in Folge des
Lärm’s wurde die unter mir ſchlummernde Bocks-
familie veranlaßt, mit meinem Verhalten unzufrie-
den zu ſein, und der Staatsbürger von Nadel und
Faden, dieſe elende Schneiderſeele hat mich heut in
aller früh ſchon beim Bürgermeiſter verklagt, in
Folge welcher Renunziation ich amtlich kliſtirt wurde
und mich in einer halben Stunde bei unſerm ſtädti-
ſchen Tyrannen Salzmaier einzufinden habe. Jetzt
haſt die ganze Gſchicht, Zapfl!
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