Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 3. München, 1869.
Stätte komme, wo Bertha verborgen ist. Einmal wird es mir gelingen! (Kasperl mit einem Sack auf dem Rücken (obne Albert zu bemerken). Kasperl. Jetz' hätt ich's aber bald satt. Jst denn der Mensch wirklich nur zum Esel geboren? Jch mein nämlich zum Esel -- wie zum Beispiel ich, weil ich als ein zweifüßiges Lastthier bei einem dummen Bauern im Dienst bin und nur die Wahl hab' zwi- schen Arbeit oder Prügel. Denn hier zu Land ist die Aufklärung noch nicht so weit gedrungen, daß die Prügel ab'gschafft sind. Also was bleibt mir? Ar- beit' ich nicht, so gibt's Prügel, und lauf' ich aus'n Dienst, weil mir's Arbeiten zuwider ist, so setzt mir mein Magen zu und sagt: Kasperl sei gscheit und vergiß mich nicht; denn ich bin ein edler Theil dei- nes Leibes. -- Der Magen ist aber ein gscheiter Kerl. Er weiß, daß ich ihn nicht so wegwerfen kann wie den Sack da! und so bin ich also eigent- lich nicht der Esel des Bauern, sondern der Esel meines eigenen Magens. -- Geduld Kasperl! Mach halt den Esel und trag diesen Sack voll Erdäpfel geduldig auf'm Buckel, damit der Sack in deinem eigenen Leib zufrieden ist! 11*
Stätte komme, wo Bertha verborgen iſt. Einmal wird es mir gelingen! (Kasperl mit einem Sack auf dem Rücken (obne Albert zu bemerken). Kasperl. Jetz’ hätt ich’s aber bald ſatt. Jſt denn der Menſch wirklich nur zum Eſel geboren? Jch mein nämlich zum Eſel — wie zum Beiſpiel ich, weil ich als ein zweifüßiges Laſtthier bei einem dummen Bauern im Dienſt bin und nur die Wahl hab’ zwi- ſchen Arbeit oder Prügel. Denn hier zu Land iſt die Aufklärung noch nicht ſo weit gedrungen, daß die Prügel ab’gſchafft ſind. Alſo was bleibt mir? Ar- beit’ ich nicht, ſo gibt’s Prügel, und lauf’ ich aus’n Dienſt, weil mir’s Arbeiten zuwider iſt, ſo ſetzt mir mein Magen zu und ſagt: Kasperl ſei gſcheit und vergiß mich nicht; denn ich bin ein edler Theil dei- nes Leibes. — Der Magen iſt aber ein gſcheiter Kerl. Er weiß, daß ich ihn nicht ſo wegwerfen kann wie den Sack da! und ſo bin ich alſo eigent- lich nicht der Eſel des Bauern, ſondern der Eſel meines eigenen Magens. — Geduld Kasperl! Mach halt den Eſel und trag dieſen Sack voll Erdäpfel geduldig auf’m Buckel, damit der Sack in deinem eigenen Leib zufrieden iſt! 11*
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Stätte komme, wo Bertha verborgen iſt. Einmal
wird es mir gelingen!
(Kasperl mit einem Sack auf dem Rücken (obne Albert zu bemerken).
Kasperl.
Jetz’ hätt ich’s aber bald ſatt. Jſt denn der
Menſch wirklich nur zum Eſel geboren? Jch mein
nämlich zum Eſel — wie zum Beiſpiel ich, weil ich
als ein zweifüßiges Laſtthier bei einem dummen
Bauern im Dienſt bin und nur die Wahl hab’ zwi-
ſchen Arbeit oder Prügel. Denn hier zu Land iſt
die Aufklärung noch nicht ſo weit gedrungen, daß die
Prügel ab’gſchafft ſind. Alſo was bleibt mir? Ar-
beit’ ich nicht, ſo gibt’s Prügel, und lauf’ ich aus’n
Dienſt, weil mir’s Arbeiten zuwider iſt, ſo ſetzt mir
mein Magen zu und ſagt: Kasperl ſei gſcheit und
vergiß mich nicht; denn ich bin ein edler Theil dei-
nes Leibes. — Der Magen iſt aber ein gſcheiter
Kerl. Er weiß, daß ich ihn nicht ſo wegwerfen
kann wie den Sack da! und ſo bin ich alſo eigent-
lich nicht der Eſel des Bauern, ſondern der Eſel
meines eigenen Magens. — Geduld Kasperl! Mach
halt den Eſel und trag dieſen Sack voll Erdäpfel
geduldig auf’m Buckel, damit der Sack in deinem
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