Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 4. München, 1871.
Jhr getreuer Leibknappe, der mit Jhnen in die Einsamkeit geflohen ist? Elsbeth. Jch weiß es wohl, guter Casperl. Sollt' ich je vergessen, daß du es warst, der mich aus der brennenden Burg gerettet hat, in deren Flammen meine unglücklichen Eltern, mein guter Vater Eckart und meine liebe Mutter Siglind ihren Tod gefun- den haben. Casperl. Ja, damals, als der Blitz eingeschlagen hat und Alles zu Grund gegangen ist, waren Sie ein klei- nes Wuzerl von 10 Jahren. Elsbeth. Bist nicht du mir treu hieher gefolgt? Du bist es, der mich hier bewacht und kümmerlich mit mir lebt. Jch werde dir mein Leben lang dankbar sein. Casperl. Was das kümmerliche Leben anbelangt, so kann ich mich wirklich nicht darüber beschweren, denn das Hungerleiden hab' ich gelernt. Mich wundert's nur, daß ich nicht die Abzehrung krieg'. Gebratene Nußhäher sind noch unsere delikatesten Bissen. Hätt' ich nicht aus dem brennenden Schlosse mit Lebens- gefahr noch ein Kastl voll Goldstückeln gerettet, so
Jhr getreuer Leibknappe, der mit Jhnen in die Einſamkeit geflohen iſt? Elsbeth. Jch weiß es wohl, guter Casperl. Sollt’ ich je vergeſſen, daß du es warſt, der mich aus der brennenden Burg gerettet hat, in deren Flammen meine unglücklichen Eltern, mein guter Vater Eckart und meine liebe Mutter Siglind ihren Tod gefun- den haben. Casperl. Ja, damals, als der Blitz eingeſchlagen hat und Alles zu Grund gegangen iſt, waren Sie ein klei- nes Wuzerl von 10 Jahren. Elsbeth. Biſt nicht du mir treu hieher gefolgt? Du biſt es, der mich hier bewacht und kümmerlich mit mir lebt. Jch werde dir mein Leben lang dankbar ſein. Casperl. Was das kümmerliche Leben anbelangt, ſo kann ich mich wirklich nicht darüber beſchweren, denn das Hungerleiden hab’ ich gelernt. Mich wundert’s nur, daß ich nicht die Abzehrung krieg’. Gebratene Nußhäher ſind noch unſere delikateſten Biſſen. Hätt’ ich nicht aus dem brennenden Schloſſe mit Lebens- gefahr noch ein Kaſtl voll Goldſtückeln gerettet, ſo <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#CASPLERL"> <p><pb facs="#f0111" n="105"/> Jhr getreuer Leibknappe, der mit Jhnen in die<lb/> Einſamkeit geflohen iſt?</p> </sp><lb/> <sp who="#ELSB"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Elsbeth.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Jch weiß es wohl, guter Casperl. Sollt’ ich<lb/> je vergeſſen, daß <hi rendition="#g">du</hi> es warſt, der mich aus der<lb/> brennenden Burg gerettet hat, in deren Flammen<lb/> meine unglücklichen Eltern, mein guter Vater Eckart<lb/> und meine liebe Mutter Siglind ihren Tod gefun-<lb/> den haben.</p> </sp><lb/> <sp who="#CASPLERL"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Casperl.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Ja, damals, als der Blitz eingeſchlagen hat und<lb/> Alles zu Grund gegangen iſt, waren Sie ein klei-<lb/> nes Wuzerl von 10 Jahren.</p> </sp><lb/> <sp who="#ELSB"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Elsbeth.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Biſt nicht <hi rendition="#g">du</hi> mir treu hieher gefolgt? Du biſt<lb/> es, der mich hier bewacht und kümmerlich mit mir<lb/> lebt. Jch werde dir mein Leben lang dankbar ſein.</p> </sp><lb/> <sp who="#CASPLERL"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Casperl.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Was das kümmerliche Leben anbelangt, ſo kann<lb/> ich mich wirklich nicht darüber beſchweren, denn das<lb/> Hungerleiden hab’ ich gelernt. Mich wundert’s<lb/> nur, daß ich nicht die Abzehrung krieg’. Gebratene<lb/> Nußhäher ſind noch unſere delikateſten Biſſen. Hätt’<lb/> ich nicht aus dem brennenden Schloſſe mit Lebens-<lb/> gefahr noch ein Kaſtl voll Goldſtückeln gerettet, ſo<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [105/0111]
Jhr getreuer Leibknappe, der mit Jhnen in die
Einſamkeit geflohen iſt?
Elsbeth.
Jch weiß es wohl, guter Casperl. Sollt’ ich
je vergeſſen, daß du es warſt, der mich aus der
brennenden Burg gerettet hat, in deren Flammen
meine unglücklichen Eltern, mein guter Vater Eckart
und meine liebe Mutter Siglind ihren Tod gefun-
den haben.
Casperl.
Ja, damals, als der Blitz eingeſchlagen hat und
Alles zu Grund gegangen iſt, waren Sie ein klei-
nes Wuzerl von 10 Jahren.
Elsbeth.
Biſt nicht du mir treu hieher gefolgt? Du biſt
es, der mich hier bewacht und kümmerlich mit mir
lebt. Jch werde dir mein Leben lang dankbar ſein.
Casperl.
Was das kümmerliche Leben anbelangt, ſo kann
ich mich wirklich nicht darüber beſchweren, denn das
Hungerleiden hab’ ich gelernt. Mich wundert’s
nur, daß ich nicht die Abzehrung krieg’. Gebratene
Nußhäher ſind noch unſere delikateſten Biſſen. Hätt’
ich nicht aus dem brennenden Schloſſe mit Lebens-
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