Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 6. München, 1877.
und er, er, den ich mir selbst auserkoren hatte, er wählte sich eine Andere! O Schmach und Schande! (Tritt zum Spiegel.) Welche kommt mir nahe? bin ich nicht schön, wie keine andere? Sagt mir's nicht täglich dieser Spiegel? Der lügt nicht, der schmeichelt nicht! -- Und wer mag die Glückliche sein, die jetzt an des Ritters Seite ruht, die ihn ihr Eigen nennt? Jch möchte vor Schmerz vergehen, vor Zorn und Wuth! -- Weh ihm dem Schändlichen! (Wirft sich auf ein Ruhebett.) Herzog (tritt ein). Theure Berthalda! -- Jch begreife, daß Dich die Hiobspost angegriffen hat. Auch ich bin höchst erbost über die Schmach, die uns Beiden Ritter Huldbrand angethan hat. Er hat mich, den Herzog und seinen Lehensherrn, auf's Aergste beleidigt! Er hat Dich, meine Tochter, ebenso verletzt und ge- kränkt. Dieß soll ihm nicht vergessen sein. Berthalda. Und ich verlange Rache für die Schmach! Herzog. Das kann ich Dir nicht verdenken. Allein der- gleichen darf nicht übereilt werden. Wir müssen die Gelegenheit abwarten zu seiner Züchtigung. Dieß erfordert aber Klugheit. Habe Geduld. Verbirg vor
und er, er, den ich mir ſelbſt auserkoren hatte, er wählte ſich eine Andere! O Schmach und Schande! (Tritt zum Spiegel.) Welche kommt mir nahe? bin ich nicht ſchön, wie keine andere? Sagt mir’s nicht täglich dieſer Spiegel? Der lügt nicht, der ſchmeichelt nicht! — Und wer mag die Glückliche ſein, die jetzt an des Ritters Seite ruht, die ihn ihr Eigen nennt? Jch möchte vor Schmerz vergehen, vor Zorn und Wuth! — Weh ihm dem Schändlichen! (Wirft ſich auf ein Ruhebett.) Herzog (tritt ein). Theure Berthalda! — Jch begreife, daß Dich die Hiobspoſt angegriffen hat. Auch ich bin höchſt erboſt über die Schmach, die uns Beiden Ritter Huldbrand angethan hat. Er hat mich, den Herzog und ſeinen Lehensherrn, auf’s Aergſte beleidigt! Er hat Dich, meine Tochter, ebenſo verletzt und ge- kränkt. Dieß ſoll ihm nicht vergeſſen ſein. Berthalda. Und ich verlange Rache für die Schmach! Herzog. Das kann ich Dir nicht verdenken. Allein der- gleichen darf nicht übereilt werden. Wir müſſen die Gelegenheit abwarten zu ſeiner Züchtigung. Dieß erfordert aber Klugheit. Habe Geduld. Verbirg vor <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#BERT"> <p><pb facs="#f0077" n="39"/> und er, er, den ich mir ſelbſt auserkoren hatte, er<lb/> wählte ſich eine Andere! O Schmach und Schande!</p><lb/> <stage>(Tritt zum Spiegel.)</stage> <p><hi rendition="#g">Welche</hi> kommt mir nahe? bin ich<lb/> nicht ſchön, wie keine andere? Sagt mir’s nicht<lb/> täglich dieſer Spiegel? Der lügt nicht, der ſchmeichelt<lb/> nicht! — Und <hi rendition="#g">wer</hi> mag die Glückliche ſein, die<lb/> jetzt an des Ritters Seite ruht, die ihn <hi rendition="#g">ihr Eigen</hi><lb/> nennt? Jch möchte vor Schmerz vergehen, vor Zorn<lb/> und Wuth! — Weh <hi rendition="#g">ihm</hi> dem Schändlichen!</p> <stage>(Wirft<lb/> ſich auf ein Ruhebett.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#HERZ"> <speaker> <hi rendition="#b">Herzog</hi> </speaker> <stage>(tritt ein).</stage><lb/> <p>Theure Berthalda! — Jch begreife, daß Dich<lb/> die Hiobspoſt angegriffen hat. Auch ich bin höchſt<lb/> erboſt über die Schmach, die uns Beiden Ritter<lb/> Huldbrand angethan hat. Er hat mich, den Herzog<lb/> und ſeinen Lehensherrn, auf’s Aergſte beleidigt!<lb/> Er hat Dich, meine Tochter, ebenſo verletzt und ge-<lb/> kränkt. Dieß ſoll ihm nicht vergeſſen ſein.</p> </sp><lb/> <sp who="#BERT"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Berthalda.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Und ich verlange Rache für die Schmach!</p> </sp><lb/> <sp who="#HERZ"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Herzog.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Das kann ich Dir nicht verdenken. Allein der-<lb/> gleichen darf nicht übereilt werden. Wir müſſen<lb/> die Gelegenheit abwarten zu ſeiner Züchtigung. Dieß<lb/> erfordert aber Klugheit. Habe Geduld. Verbirg vor<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [39/0077]
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täglich dieſer Spiegel? Der lügt nicht, der ſchmeichelt
nicht! — Und wer mag die Glückliche ſein, die
jetzt an des Ritters Seite ruht, die ihn ihr Eigen
nennt? Jch möchte vor Schmerz vergehen, vor Zorn
und Wuth! — Weh ihm dem Schändlichen! (Wirft
ſich auf ein Ruhebett.)
Herzog (tritt ein).
Theure Berthalda! — Jch begreife, daß Dich
die Hiobspoſt angegriffen hat. Auch ich bin höchſt
erboſt über die Schmach, die uns Beiden Ritter
Huldbrand angethan hat. Er hat mich, den Herzog
und ſeinen Lehensherrn, auf’s Aergſte beleidigt!
Er hat Dich, meine Tochter, ebenſo verletzt und ge-
kränkt. Dieß ſoll ihm nicht vergeſſen ſein.
Berthalda.
Und ich verlange Rache für die Schmach!
Herzog.
Das kann ich Dir nicht verdenken. Allein der-
gleichen darf nicht übereilt werden. Wir müſſen
die Gelegenheit abwarten zu ſeiner Züchtigung. Dieß
erfordert aber Klugheit. Habe Geduld. Verbirg vor
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