Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.

Bild:
<< vorherige Seite
ppo_112.001
Stets nüchtern seyn betrübt und martert das Gehirne, ppo_112.002
Der Sinnen edles Haus. Erhitzest du die Stirne ppo_112.003
Da gehn die Sorgen fort, da wandert alle Pein, ppo_112.004
Da wird der Knecht ein Herr, wie schlecht er auch mag seyn. ppo_112.005
Gefangne gehen los, und greise Köpfe jüngen; ppo_112.006
Dann ist man reich genug, und hat an allen Dingen ppo_112.007
Noch satten Ueberfluß, sorgt ganz für morgen nicht, ppo_112.008
Wie mancher für sein Geld den Hals ihm selber bricht. ppo_112.009
O Evan Evoe, laß jenen nüchtern bleiben, ppo_112.010
Dem Geld und Gut den Durst und Hunger muß vertreiben, ppo_112.011
Der dich ein ganzes Jahr auf seinen Tisch nicht kauft, ppo_112.012
Und wie das dumme Vieh das liebe Wasser sauft. ppo_112.013
Man weiß, wie mancher ist zu einem Weibe kommen, ppo_112.014
Auf die er nie gedacht, der deinen Saft genommen. ppo_112.015
Wo der in Gläsern springt, da thut das Lieben wohl, ppo_112.016
Da geht das Weibesvolk noch weiter, als es soll. ppo_112.017
Bei der kein Kuß verfängt, kein Bitten statt will finden, ppo_112.018
Läßt oftmals durch den Wein, wie keusch sie war, sich ppo_112.019
binden. ppo_112.020
Wo aber du nicht bist, da läßt die Liebe nach, ppo_112.021
Sie schöpfet ihre Lust aus deiner Reben Bach. --
ppo_112.022
Was grämet man sich viel? Die Sorgen, so mich ppo_112.023
kränken, ppo_112.024
Die will ich allzumal heut in das Weinfaß senken. ppo_112.025
Nicht lebe morgen erst, wer heute leben kann. ppo_112.026
Herum, trinkt eines her, die Zunge klebt mir an.
ppo_112.027

2) von Uz (+ 1796).

ppo_112.028

Gott der Weltenschöpfer. (abgekürzt)

ppo_112.029
Zu Gott, zu Gott flieg' auf, hoch über alle Sphären ppo_112.030
Jauchz' ihm, weit schallender Gesang, ppo_112.031
Dem Ewigen! Er hieß das alte Nichts gebähren; ppo_112.032
Und sein allmächtig Wort war Zwang.
ppo_112.001
Stets nüchtern seyn betrübt und martert das Gehirne, ppo_112.002
Der Sinnen edles Haus. Erhitzest du die Stirne ppo_112.003
Da gehn die Sorgen fort, da wandert alle Pein, ppo_112.004
Da wird der Knecht ein Herr, wie schlecht er auch mag seyn. ppo_112.005
Gefangne gehen los, und greise Köpfe jüngen; ppo_112.006
Dann ist man reich genug, und hat an allen Dingen ppo_112.007
Noch satten Ueberfluß, sorgt ganz für morgen nicht, ppo_112.008
Wie mancher für sein Geld den Hals ihm selber bricht. ppo_112.009
O Evan Evoe, laß jenen nüchtern bleiben, ppo_112.010
Dem Geld und Gut den Durst und Hunger muß vertreiben, ppo_112.011
Der dich ein ganzes Jahr auf seinen Tisch nicht kauft, ppo_112.012
Und wie das dumme Vieh das liebe Wasser sauft. ppo_112.013
Man weiß, wie mancher ist zu einem Weibe kommen, ppo_112.014
Auf die er nie gedacht, der deinen Saft genommen. ppo_112.015
Wo der in Gläsern springt, da thut das Lieben wohl, ppo_112.016
Da geht das Weibesvolk noch weiter, als es soll. ppo_112.017
Bei der kein Kuß verfängt, kein Bitten statt will finden, ppo_112.018
Läßt oftmals durch den Wein, wie keusch sie war, sich ppo_112.019
binden. ppo_112.020
Wo aber du nicht bist, da läßt die Liebe nach, ppo_112.021
Sie schöpfet ihre Lust aus deiner Reben Bach. —
ppo_112.022
Was grämet man sich viel? Die Sorgen, so mich ppo_112.023
kränken, ppo_112.024
Die will ich allzumal heut in das Weinfaß senken. ppo_112.025
Nicht lebe morgen erst, wer heute leben kann. ppo_112.026
Herum, trinkt eines her, die Zunge klebt mir an.
ppo_112.027

2) von Uz († 1796).

ppo_112.028

Gott der Weltenschöpfer. (abgekürzt)

ppo_112.029
Zu Gott, zu Gott flieg' auf, hoch über alle Sphären ppo_112.030
Jauchz' ihm, weit schallender Gesang, ppo_112.031
Dem Ewigen! Er hieß das alte Nichts gebähren; ppo_112.032
Und sein allmächtig Wort war Zwang.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0124" n="112"/>
          <lb n="ppo_112.001"/>
          <lg>
            <l>Stets nüchtern seyn betrübt und martert das Gehirne,</l>
            <lb n="ppo_112.002"/>
            <l>Der Sinnen edles Haus. Erhitzest du die Stirne</l>
            <lb n="ppo_112.003"/>
            <l>Da gehn die Sorgen fort, da wandert alle Pein,</l>
            <lb n="ppo_112.004"/>
            <l>Da wird der Knecht ein Herr, wie schlecht er auch mag seyn.</l>
            <lb n="ppo_112.005"/>
            <l>Gefangne gehen los, und greise Köpfe jüngen;</l>
            <lb n="ppo_112.006"/>
            <l>Dann ist man reich genug, und hat an allen Dingen</l>
            <lb n="ppo_112.007"/>
            <l>Noch satten Ueberfluß, sorgt ganz für morgen nicht,</l>
            <lb n="ppo_112.008"/>
            <l>Wie mancher für sein Geld den Hals ihm selber bricht.</l>
            <lb n="ppo_112.009"/>
            <l>O Evan Evoe, laß jenen nüchtern bleiben,</l>
            <lb n="ppo_112.010"/>
            <l>Dem Geld und Gut den Durst und Hunger muß vertreiben,</l>
            <lb n="ppo_112.011"/>
            <l>Der dich ein ganzes Jahr auf seinen Tisch nicht kauft,</l>
            <lb n="ppo_112.012"/>
            <l>Und wie das dumme Vieh das liebe Wasser sauft.</l>
            <lb n="ppo_112.013"/>
            <l>Man weiß, wie mancher ist zu einem Weibe kommen,</l>
            <lb n="ppo_112.014"/>
            <l>Auf die er nie gedacht, der deinen Saft genommen.</l>
            <lb n="ppo_112.015"/>
            <l>Wo der in Gläsern springt, da thut das Lieben wohl,</l>
            <lb n="ppo_112.016"/>
            <l>Da geht das Weibesvolk noch weiter, als es soll.</l>
            <lb n="ppo_112.017"/>
            <l>Bei der kein Kuß verfängt, kein Bitten statt will finden,</l>
            <lb n="ppo_112.018"/>
            <l>Läßt oftmals durch den Wein, wie keusch sie war, sich</l>
            <lb n="ppo_112.019"/>
            <l> <hi rendition="#right">binden.</hi> </l>
            <lb n="ppo_112.020"/>
            <l>Wo aber du nicht bist, da läßt die Liebe nach,</l>
            <lb n="ppo_112.021"/>
            <l>Sie schöpfet ihre Lust aus deiner Reben Bach. &#x2014; </l>
          </lg>
          <lb n="ppo_112.022"/>
          <lg>
            <l>  Was grämet man sich viel? Die Sorgen, so mich</l>
            <lb n="ppo_112.023"/>
            <l> <hi rendition="#right">kränken,</hi> </l>
            <lb n="ppo_112.024"/>
            <l>Die will ich allzumal heut in das Weinfaß senken.</l>
            <lb n="ppo_112.025"/>
            <l>Nicht lebe morgen erst, wer heute leben kann.</l>
            <lb n="ppo_112.026"/>
            <l>Herum, trinkt eines her, die Zunge klebt mir an.</l>
          </lg>
          <lb n="ppo_112.027"/>
          <p> <hi rendition="#et">  2) von <hi rendition="#g">Uz</hi> (&#x2020; 1796).</hi> </p>
          <lb n="ppo_112.028"/>
          <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Gott der Weltenschöpfer.</hi> (abgekürzt)</hi> </p>
          <lb n="ppo_112.029"/>
          <lg>
            <l>  Zu Gott, zu Gott flieg' auf, hoch über alle Sphären</l>
            <lb n="ppo_112.030"/>
            <l>Jauchz' ihm, weit schallender Gesang,</l>
            <lb n="ppo_112.031"/>
            <l>Dem Ewigen! Er hieß das alte Nichts gebähren;</l>
            <lb n="ppo_112.032"/>
            <l>Und sein allmächtig Wort war Zwang.</l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[112/0124] ppo_112.001 Stets nüchtern seyn betrübt und martert das Gehirne, ppo_112.002 Der Sinnen edles Haus. Erhitzest du die Stirne ppo_112.003 Da gehn die Sorgen fort, da wandert alle Pein, ppo_112.004 Da wird der Knecht ein Herr, wie schlecht er auch mag seyn. ppo_112.005 Gefangne gehen los, und greise Köpfe jüngen; ppo_112.006 Dann ist man reich genug, und hat an allen Dingen ppo_112.007 Noch satten Ueberfluß, sorgt ganz für morgen nicht, ppo_112.008 Wie mancher für sein Geld den Hals ihm selber bricht. ppo_112.009 O Evan Evoe, laß jenen nüchtern bleiben, ppo_112.010 Dem Geld und Gut den Durst und Hunger muß vertreiben, ppo_112.011 Der dich ein ganzes Jahr auf seinen Tisch nicht kauft, ppo_112.012 Und wie das dumme Vieh das liebe Wasser sauft. ppo_112.013 Man weiß, wie mancher ist zu einem Weibe kommen, ppo_112.014 Auf die er nie gedacht, der deinen Saft genommen. ppo_112.015 Wo der in Gläsern springt, da thut das Lieben wohl, ppo_112.016 Da geht das Weibesvolk noch weiter, als es soll. ppo_112.017 Bei der kein Kuß verfängt, kein Bitten statt will finden, ppo_112.018 Läßt oftmals durch den Wein, wie keusch sie war, sich ppo_112.019 binden. ppo_112.020 Wo aber du nicht bist, da läßt die Liebe nach, ppo_112.021 Sie schöpfet ihre Lust aus deiner Reben Bach. — ppo_112.022 Was grämet man sich viel? Die Sorgen, so mich ppo_112.023 kränken, ppo_112.024 Die will ich allzumal heut in das Weinfaß senken. ppo_112.025 Nicht lebe morgen erst, wer heute leben kann. ppo_112.026 Herum, trinkt eines her, die Zunge klebt mir an. ppo_112.027 2) von Uz († 1796). ppo_112.028 Gott der Weltenschöpfer. (abgekürzt) ppo_112.029 Zu Gott, zu Gott flieg' auf, hoch über alle Sphären ppo_112.030 Jauchz' ihm, weit schallender Gesang, ppo_112.031 Dem Ewigen! Er hieß das alte Nichts gebähren; ppo_112.032 Und sein allmächtig Wort war Zwang.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/124
Zitationshilfe: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/124>, abgerufen am 21.11.2024.