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Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.

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Nicht Edda, Vedam, und nicht Alkoran, ppo_130.002
Nicht Bibel, und nicht irre Weisen ppo_130.003
Von meiner Felsenwarte reißen, ppo_130.004
Auf der ich sicher harren kann.
ppo_130.005
Aus deiner Hand gehn Orionen; ppo_130.006
Du hauchst der Geister Millionen ppo_130.007
Mit Götterkräften hin in ihre Bahn, ppo_130.008
Und zündest, wann die Geister zagen, ppo_130.009
Aus Mitternacht zu Sonnentagen ppo_130.010
Gewiß die Fackel wieder an.
ppo_130.011
Aus Tod und Grab bricht meinen Blicken ppo_130.012
Dann unter himmlischem Entzücken, ppo_130.013
Gewiß der Ordnung Morgenlicht zuletzt; ppo_130.014
Dann tauch' ich mich in jene Kreise ppo_130.015
Der Welten, wann zur Weltenreise ppo_130.016
Aurora mir die Füße netzt.
ppo_130.017
21. ppo_130.018
d) Die Dithyrambe.
ppo_130.019

Die Dithyrambe gehört zu der dichterischen ppo_130.020
Form der Hymne, unterscheidet sich aber von derselben ppo_130.021
durch zwei wesentliche Merkmale, theils in ppo_130.022
Hinsicht des Gegenstandes, theils in Hinsicht des ppo_130.023
lyrischen Tones und der ganzen Haltung und Durchführung ppo_130.024
desselben. Denn wenn die Hymne die Gottheit ppo_130.025
selbst, oder jeden als göttlich gedachten Gegenstand ppo_130.026
feiert; so ist der Gegenstand der Dithyrambe ppo_130.027
ausschließend der Wein und der Gott des Weines; ppo_130.028
kein anderes, unter göttlichen Eigenschaften ppo_130.029
dargestelltes, Wesen kann der Stoff der Dithyrambe ppo_130.030
werden. Allein noch schärfer unterscheidet sich ppo_130.031
die Dithyrambe von der Hymne durch den in ihr

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[130/0142] ppo_130.001 Nicht Edda, Vedam, und nicht Alkoran, ppo_130.002 Nicht Bibel, und nicht irre Weisen ppo_130.003 Von meiner Felsenwarte reißen, ppo_130.004 Auf der ich sicher harren kann. ppo_130.005 Aus deiner Hand gehn Orionen; ppo_130.006 Du hauchst der Geister Millionen ppo_130.007 Mit Götterkräften hin in ihre Bahn, ppo_130.008 Und zündest, wann die Geister zagen, ppo_130.009 Aus Mitternacht zu Sonnentagen ppo_130.010 Gewiß die Fackel wieder an. ppo_130.011 Aus Tod und Grab bricht meinen Blicken ppo_130.012 Dann unter himmlischem Entzücken, ppo_130.013 Gewiß der Ordnung Morgenlicht zuletzt; ppo_130.014 Dann tauch' ich mich in jene Kreise ppo_130.015 Der Welten, wann zur Weltenreise ppo_130.016 Aurora mir die Füße netzt. ppo_130.017 21. ppo_130.018 d) Die Dithyrambe. ppo_130.019 Die Dithyrambe gehört zu der dichterischen ppo_130.020 Form der Hymne, unterscheidet sich aber von derselben ppo_130.021 durch zwei wesentliche Merkmale, theils in ppo_130.022 Hinsicht des Gegenstandes, theils in Hinsicht des ppo_130.023 lyrischen Tones und der ganzen Haltung und Durchführung ppo_130.024 desselben. Denn wenn die Hymne die Gottheit ppo_130.025 selbst, oder jeden als göttlich gedachten Gegenstand ppo_130.026 feiert; so ist der Gegenstand der Dithyrambe ppo_130.027 ausschließend der Wein und der Gott des Weines; ppo_130.028 kein anderes, unter göttlichen Eigenschaften ppo_130.029 dargestelltes, Wesen kann der Stoff der Dithyrambe ppo_130.030 werden. Allein noch schärfer unterscheidet sich ppo_130.031 die Dithyrambe von der Hymne durch den in ihr

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Zitationshilfe: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/142>, abgerufen am 17.05.2024.