ppo_169.001 die Heroide überhaupt. Denn warum soll die schöpferische ppo_169.002 Einbildungskraft des Heroidendichters in ppo_169.003 Erfindung des Stoffes beengter seyn, als des Dichters ppo_169.004 der Elegie, der Ode, der Epopöe und andrer ppo_169.005 dichterischer Formen? Nicht der geschichtlich vorhandene, ppo_169.006 nicht der von dem Dichter idealisch geschaffene ppo_169.007 Stoff, sondern die vollendete Form der Darstellung ppo_169.008 entscheidet über den ästhetischen Gehalt der ppo_169.009 Heroide. Wohl aber muß der Heroidendichter, ppo_169.010 der einen geschichtlichen Stoff wählt (z. B. Brutus, ppo_169.011 Cäsar u. a.), dem in Thatsachen ausgeprägten ppo_169.012 Charakter seines Helden treu bleiben.
ppo_169.013
Nach den besseren, in der teutschen und ausländischen ppo_169.014 Literatur vorhandenen, Heroiden unterscheiden ppo_169.015 sich dieselben von den Elegieen weniger ppo_169.016 durch den in beiden vorherrschenden Grundton des ppo_169.017 gemischten Gefühls der Wonne und Wehmuth, ppo_169.018 als durch eine größere Ausführlichkeit der ppo_169.019 Darstellung, welche eine vollständigere Schilderung ppo_169.020 der individuellen Gefühle, und der diese Gefühle ppo_169.021 veranlassenden Verhältnisse, verstattet. Doch eben ppo_169.022 in dieser lyrischen Mahlerei muß der Dichter nach ppo_169.023 der ganzen Lebendigkeit und nach dem Reichthume ppo_169.024 seiner Einbildungskraft sich ankündigen, damit nicht ppo_169.025 Einförmigkeit und Eintönigkeit die Form der Heroide ppo_169.026 drücke, und den ästhetischen Eindruck derselben ppo_169.027 vermindere und verdunkle. Wird aber diese ppo_169.028 Klippe von dem Dichter vermieden; so beruht unverkennbar ppo_169.029 das hohe Jnteresse, das die Heroide als ppo_169.030 lyrische Form gewährt, auf der stillschweigenden ppo_169.031 Annahme einer fortdauernden Verbindung zwischen ppo_169.032 den Vollendeten und ihren auf Erden zurückgebliebenen ppo_169.033 Geliebten, einer Verbindung, die von allen ppo_169.034 Mängeln der Sinnlichkeit, von allen auf Erden bestehenden
ppo_169.001 die Heroide überhaupt. Denn warum soll die schöpferische ppo_169.002 Einbildungskraft des Heroidendichters in ppo_169.003 Erfindung des Stoffes beengter seyn, als des Dichters ppo_169.004 der Elegie, der Ode, der Epopöe und andrer ppo_169.005 dichterischer Formen? Nicht der geschichtlich vorhandene, ppo_169.006 nicht der von dem Dichter idealisch geschaffene ppo_169.007 Stoff, sondern die vollendete Form der Darstellung ppo_169.008 entscheidet über den ästhetischen Gehalt der ppo_169.009 Heroide. Wohl aber muß der Heroidendichter, ppo_169.010 der einen geschichtlichen Stoff wählt (z. B. Brutus, ppo_169.011 Cäsar u. a.), dem in Thatsachen ausgeprägten ppo_169.012 Charakter seines Helden treu bleiben.
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Nach den besseren, in der teutschen und ausländischen ppo_169.014 Literatur vorhandenen, Heroiden unterscheiden ppo_169.015 sich dieselben von den Elegieen weniger ppo_169.016 durch den in beiden vorherrschenden Grundton des ppo_169.017 gemischten Gefühls der Wonne und Wehmuth, ppo_169.018 als durch eine größere Ausführlichkeit der ppo_169.019 Darstellung, welche eine vollständigere Schilderung ppo_169.020 der individuellen Gefühle, und der diese Gefühle ppo_169.021 veranlassenden Verhältnisse, verstattet. Doch eben ppo_169.022 in dieser lyrischen Mahlerei muß der Dichter nach ppo_169.023 der ganzen Lebendigkeit und nach dem Reichthume ppo_169.024 seiner Einbildungskraft sich ankündigen, damit nicht ppo_169.025 Einförmigkeit und Eintönigkeit die Form der Heroide ppo_169.026 drücke, und den ästhetischen Eindruck derselben ppo_169.027 vermindere und verdunkle. Wird aber diese ppo_169.028 Klippe von dem Dichter vermieden; so beruht unverkennbar ppo_169.029 das hohe Jnteresse, das die Heroide als ppo_169.030 lyrische Form gewährt, auf der stillschweigenden ppo_169.031 Annahme einer fortdauernden Verbindung zwischen ppo_169.032 den Vollendeten und ihren auf Erden zurückgebliebenen ppo_169.033 Geliebten, einer Verbindung, die von allen ppo_169.034 Mängeln der Sinnlichkeit, von allen auf Erden bestehenden
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Klippe von dem Dichter vermieden; so beruht unverkennbar ppo_169.029
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Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/181>, abgerufen am 24.11.2024.
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