Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.ppo_182.001 * ppo_182.020
Classische Dichter haben den Chor nach diesem Maasstabe ppo_182.021 behandelt. So z. B. Ramler im Schlußchore ppo_182.022 des Todes Jesu: ppo_182.023 Hier liegen wir gerührte Sünder, ppo_182.024 ppo_182.033O Jesu, tief gebückt, ppo_182.025 Mit Thränen diesen Staub zu netzen, ppo_182.026 Der deine Lebensbäche trank: ppo_182.027 Nimm unser Opfer an. ppo_182.028 Freund Gottes und der Menschenkinder, ppo_182.029 Der seinen ewigen Gesetzen ppo_182.030 Des Todes Siegel aufgedrückt; ppo_182.031 Anbetung sey dein Dank! ppo_182.032 Den opfre jedermann! Eben so Meißner im Schlußchore seiner Cantate: ppo_182.034 Lob der Musik: ppo_182.035 Von der letzten kleinsten Erde ppo_182.001 * ppo_182.020
Classische Dichter haben den Chor nach diesem Maasstabe ppo_182.021 behandelt. So z. B. Ramler im Schlußchore ppo_182.022 des Todes Jesu: ppo_182.023 Hier liegen wir gerührte Sünder, ppo_182.024 ppo_182.033O Jesu, tief gebückt, ppo_182.025 Mit Thränen diesen Staub zu netzen, ppo_182.026 Der deine Lebensbäche trank: ppo_182.027 Nimm unser Opfer an. ppo_182.028 Freund Gottes und der Menschenkinder, ppo_182.029 Der seinen ewigen Gesetzen ppo_182.030 Des Todes Siegel aufgedrückt; ppo_182.031 Anbetung sey dein Dank! ppo_182.032 Den opfre jedermann! Eben so Meißner im Schlußchore seiner Cantate: ppo_182.034 Lob der Musik: ppo_182.035 Von der letzten kleinsten Erde <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0194" n="182"/><lb n="ppo_182.001"/> das <hi rendition="#g">Gesammtgefühl</hi> zu vereinigen und <lb n="ppo_182.002"/>auszudrücken, das durch die einzelnen Theile der <lb n="ppo_182.003"/>Cantate, und namentlich durch die in den Arien, <lb n="ppo_182.004"/>Duetten u. s. w. einzeln dargestellten und durchgeführten <lb n="ppo_182.005"/>individuellen Gefühle vorbereitet worden ist. Namentlich <lb n="ppo_182.006"/>müssen die Schlußchöre der einzelnen Theile <lb n="ppo_182.007"/>einer längern Cantate die in den einzelnen Abtheilungen <lb n="ppo_182.008"/>vergegenwärtigten Gefühle zu Einem kräftigen <lb n="ppo_182.009"/>Ganzen bringen, besonders aber muß der Schlußchor <lb n="ppo_182.010"/>(Finale) der ganzen Cantate das durch sie vermittelte <lb n="ppo_182.011"/>Gesammtgefühl in der ganzen Fülle und Kraft <lb n="ppo_182.012"/>desselben aussprechen, und sowohl die dichterische, <lb n="ppo_182.013"/>als die tonkünstlerische Einheit der Form vollenden; <lb n="ppo_182.014"/>denn der Chor vertritt die ganze als anwesend gedachte <lb n="ppo_182.015"/>Gemeine, es sey in der religiösen oder in <lb n="ppo_182.016"/>der weltlichen Cantate, und soll ihr Wortführer <lb n="ppo_182.017"/>seyn, indem er den in Allen mächtig aufgeregten <lb n="ppo_182.018"/>Gefühlen Sprache, Wohlklang, Ebenmaas und Einheit <lb n="ppo_182.019"/>giebt <note xml:id="PPO_182_a" n="*" place="foot" next="#PPO_182_b"><lb n="ppo_182.020"/><p>Classische Dichter haben den Chor nach diesem Maasstabe <lb n="ppo_182.021"/>behandelt. So z. B. <hi rendition="#g">Ramler</hi> im Schlußchore <lb n="ppo_182.022"/>des <hi rendition="#g">Todes Jesu</hi>:</p><lb n="ppo_182.023"/><lg><l>Hier liegen wir gerührte Sünder,</l><lb n="ppo_182.024"/><l>O Jesu, tief gebückt,</l><lb n="ppo_182.025"/><l>Mit Thränen diesen Staub zu netzen,</l><lb n="ppo_182.026"/><l>Der deine Lebensbäche trank:</l><lb n="ppo_182.027"/><l>Nimm unser Opfer an.</l><lb n="ppo_182.028"/><l>Freund Gottes und der Menschenkinder,</l><lb n="ppo_182.029"/><l>Der seinen ewigen Gesetzen</l><lb n="ppo_182.030"/><l>Des Todes Siegel aufgedrückt;</l><lb n="ppo_182.031"/><l>Anbetung sey dein Dank!</l><lb n="ppo_182.032"/><l>Den opfre jedermann!</l></lg><lb n="ppo_182.033"/><hi rendition="#et">Eben so <hi rendition="#g">Meißner</hi> im Schlußchore seiner Cantate: <lb n="ppo_182.034"/><hi rendition="#g">Lob der Musik</hi>:</hi><lb n="ppo_182.035"/><lg><l>Von der letzten kleinsten Erde</l></lg></note></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [182/0194]
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das Gesammtgefühl zu vereinigen und ppo_182.002
auszudrücken, das durch die einzelnen Theile der ppo_182.003
Cantate, und namentlich durch die in den Arien, ppo_182.004
Duetten u. s. w. einzeln dargestellten und durchgeführten ppo_182.005
individuellen Gefühle vorbereitet worden ist. Namentlich ppo_182.006
müssen die Schlußchöre der einzelnen Theile ppo_182.007
einer längern Cantate die in den einzelnen Abtheilungen ppo_182.008
vergegenwärtigten Gefühle zu Einem kräftigen ppo_182.009
Ganzen bringen, besonders aber muß der Schlußchor ppo_182.010
(Finale) der ganzen Cantate das durch sie vermittelte ppo_182.011
Gesammtgefühl in der ganzen Fülle und Kraft ppo_182.012
desselben aussprechen, und sowohl die dichterische, ppo_182.013
als die tonkünstlerische Einheit der Form vollenden; ppo_182.014
denn der Chor vertritt die ganze als anwesend gedachte ppo_182.015
Gemeine, es sey in der religiösen oder in ppo_182.016
der weltlichen Cantate, und soll ihr Wortführer ppo_182.017
seyn, indem er den in Allen mächtig aufgeregten ppo_182.018
Gefühlen Sprache, Wohlklang, Ebenmaas und Einheit ppo_182.019
giebt *
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Classische Dichter haben den Chor nach diesem Maasstabe ppo_182.021
behandelt. So z. B. Ramler im Schlußchore ppo_182.022
des Todes Jesu:
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Hier liegen wir gerührte Sünder, ppo_182.024
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Den opfre jedermann!
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Eben so Meißner im Schlußchore seiner Cantate: ppo_182.034
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Von der letzten kleinsten Erde
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