Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.

Bild:
<< vorherige Seite
ppo_314.001
"Nach Westen, -- o, nach Westen hin, ppo_314.002
Beflügle dich mein Kiel! ppo_314.003
Dich grüßt noch sterbend Herz und Sinn, ppo_314.004
Du meiner Sehnsucht Ziel!"
ppo_314.005
"Doch mild, o Gott, von Himmelshöhn ppo_314.006
Blick' auf mein Volk herab! ppo_314.007
Laß' es nicht trostlos untergehn ppo_314.008
Jm wüsten Flutengrab!" -- ppo_314.009
Er sprachs, der Held, vom Mitleid weich; ppo_314.010
Da horch, welch eiliger Tritt? ppo_314.011
"Noch einmal, Fernando, so trüb' und bleich? ppo_314.012
Was bringt dein bebender Schritt?"
ppo_314.013
"Ach, edler Feldherr, es ist geschehn! ppo_314.014
Jetzt hebt sich der östliche Stral." -- ppo_314.015
"Sey ruhig, mein Lieber, von himmlischen Höhn ppo_314.016
Entwand sich der leuchtende Stral. ppo_314.017
Es waltet die Allmacht von Pol zu Pol, ppo_314.018
Mir lenkt sie zum Tode die Bahn!" -- ppo_314.019
"Leb' wohl dann, mein Feldherr, leb' ewig wohl! ppo_314.020
Jch höre die Schrecklichen nahn!"
ppo_314.021
Und eh' noch dem Ritter das Wort entflohn, ppo_314.022
Da drängte die Menge sich nach; ppo_314.023
Da strömten die Krieger, die Wüthenden, schon, ppo_314.024
Gleich Wogen, ins stille Gemach. ppo_314.025
"Jch weiß, was ihr fordert, ich bin bereit, ppo_314.026
Ja, werft mich ins schäumende Meer! ppo_314.027
Doch wisset, das rettende Ziel ist nicht weit; ppo_314.028
Gott schütze dich, irrendes Heer!"
ppo_314.029
Dumpf klirrten die Schwerter, ein wildes Geschrei ppo_314.030
Erfüllte mit Grausen die Luft; ppo_314.031
Der Edle bereitete still sich und frei ppo_314.032
Zum Wege der fluchenden Gruft. ppo_314.033
Zerrissen war jedes geheiligte Band;
ppo_314.001
„Nach Westen, — o, nach Westen hin, ppo_314.002
Beflügle dich mein Kiel! ppo_314.003
Dich grüßt noch sterbend Herz und Sinn, ppo_314.004
Du meiner Sehnsucht Ziel!“
ppo_314.005
„Doch mild, o Gott, von Himmelshöhn ppo_314.006
Blick' auf mein Volk herab! ppo_314.007
Laß' es nicht trostlos untergehn ppo_314.008
Jm wüsten Flutengrab!“ — ppo_314.009
Er sprachs, der Held, vom Mitleid weich; ppo_314.010
Da horch, welch eiliger Tritt? ppo_314.011
„Noch einmal, Fernando, so trüb' und bleich? ppo_314.012
Was bringt dein bebender Schritt?“
ppo_314.013
„Ach, edler Feldherr, es ist geschehn! ppo_314.014
Jetzt hebt sich der östliche Stral.“ — ppo_314.015
„Sey ruhig, mein Lieber, von himmlischen Höhn ppo_314.016
Entwand sich der leuchtende Stral. ppo_314.017
Es waltet die Allmacht von Pol zu Pol, ppo_314.018
Mir lenkt sie zum Tode die Bahn!“ — ppo_314.019
„Leb' wohl dann, mein Feldherr, leb' ewig wohl! ppo_314.020
Jch höre die Schrecklichen nahn!“
ppo_314.021
Und eh' noch dem Ritter das Wort entflohn, ppo_314.022
Da drängte die Menge sich nach; ppo_314.023
Da strömten die Krieger, die Wüthenden, schon, ppo_314.024
Gleich Wogen, ins stille Gemach. ppo_314.025
„Jch weiß, was ihr fordert, ich bin bereit, ppo_314.026
Ja, werft mich ins schäumende Meer! ppo_314.027
Doch wisset, das rettende Ziel ist nicht weit; ppo_314.028
Gott schütze dich, irrendes Heer!“
ppo_314.029
Dumpf klirrten die Schwerter, ein wildes Geschrei ppo_314.030
Erfüllte mit Grausen die Luft; ppo_314.031
Der Edle bereitete still sich und frei ppo_314.032
Zum Wege der fluchenden Gruft. ppo_314.033
Zerrissen war jedes geheiligte Band;
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0326" n="314"/>
          <lb n="ppo_314.001"/>
          <lg>
            <l>&#x201E;Nach Westen, &#x2014; o, nach Westen hin,</l>
            <lb n="ppo_314.002"/>
            <l>Beflügle dich mein Kiel!</l>
            <lb n="ppo_314.003"/>
            <l>Dich grüßt noch sterbend Herz und Sinn,</l>
            <lb n="ppo_314.004"/>
            <l>Du meiner Sehnsucht Ziel!&#x201C; </l>
          </lg>
          <lb n="ppo_314.005"/>
          <lg>
            <l>  &#x201E;Doch mild, o Gott, von Himmelshöhn</l>
            <lb n="ppo_314.006"/>
            <l>Blick' auf mein Volk herab!</l>
            <lb n="ppo_314.007"/>
            <l>Laß' es nicht trostlos untergehn</l>
            <lb n="ppo_314.008"/>
            <l>Jm wüsten Flutengrab!&#x201C; &#x2014;</l>
            <lb n="ppo_314.009"/>
            <l>Er sprachs, der Held, vom Mitleid weich;</l>
            <lb n="ppo_314.010"/>
            <l>Da horch, welch eiliger Tritt?</l>
            <lb n="ppo_314.011"/>
            <l>&#x201E;Noch einmal, Fernando, so trüb' und bleich?</l>
            <lb n="ppo_314.012"/>
            <l>Was bringt dein bebender Schritt?&#x201C; </l>
          </lg>
          <lb n="ppo_314.013"/>
          <lg>
            <l>  &#x201E;Ach, edler Feldherr, es ist geschehn!</l>
            <lb n="ppo_314.014"/>
            <l>Jetzt hebt sich der östliche Stral.&#x201C; &#x2014;</l>
            <lb n="ppo_314.015"/>
            <l>&#x201E;Sey ruhig, mein Lieber, von himmlischen Höhn</l>
            <lb n="ppo_314.016"/>
            <l>Entwand sich der leuchtende Stral.</l>
            <lb n="ppo_314.017"/>
            <l>Es waltet die Allmacht von Pol zu Pol,</l>
            <lb n="ppo_314.018"/>
            <l>Mir lenkt sie zum Tode die Bahn!&#x201C; &#x2014;</l>
            <lb n="ppo_314.019"/>
            <l>&#x201E;Leb' wohl dann, mein Feldherr, leb' ewig wohl!</l>
            <lb n="ppo_314.020"/>
            <l>Jch höre die Schrecklichen nahn!&#x201C; </l>
          </lg>
          <lb n="ppo_314.021"/>
          <lg>
            <l>  Und eh' noch dem Ritter das Wort entflohn,</l>
            <lb n="ppo_314.022"/>
            <l>Da drängte die Menge sich nach;</l>
            <lb n="ppo_314.023"/>
            <l>Da strömten die Krieger, die Wüthenden, schon,</l>
            <lb n="ppo_314.024"/>
            <l>Gleich Wogen, ins stille Gemach.</l>
            <lb n="ppo_314.025"/>
            <l>&#x201E;Jch weiß, was ihr fordert, ich bin bereit,</l>
            <lb n="ppo_314.026"/>
            <l>Ja, werft mich ins schäumende Meer!</l>
            <lb n="ppo_314.027"/>
            <l>Doch wisset, das rettende Ziel ist nicht weit;</l>
            <lb n="ppo_314.028"/>
            <l>Gott schütze dich, irrendes Heer!&#x201C; </l>
          </lg>
          <lb n="ppo_314.029"/>
          <lg>
            <l>  Dumpf klirrten die Schwerter, ein wildes Geschrei</l>
            <lb n="ppo_314.030"/>
            <l>Erfüllte mit Grausen die Luft;</l>
            <lb n="ppo_314.031"/>
            <l>Der Edle bereitete still sich und frei</l>
            <lb n="ppo_314.032"/>
            <l>Zum Wege der fluchenden Gruft.</l>
            <lb n="ppo_314.033"/>
            <l>Zerrissen war jedes geheiligte Band;</l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[314/0326] ppo_314.001 „Nach Westen, — o, nach Westen hin, ppo_314.002 Beflügle dich mein Kiel! ppo_314.003 Dich grüßt noch sterbend Herz und Sinn, ppo_314.004 Du meiner Sehnsucht Ziel!“ ppo_314.005 „Doch mild, o Gott, von Himmelshöhn ppo_314.006 Blick' auf mein Volk herab! ppo_314.007 Laß' es nicht trostlos untergehn ppo_314.008 Jm wüsten Flutengrab!“ — ppo_314.009 Er sprachs, der Held, vom Mitleid weich; ppo_314.010 Da horch, welch eiliger Tritt? ppo_314.011 „Noch einmal, Fernando, so trüb' und bleich? ppo_314.012 Was bringt dein bebender Schritt?“ ppo_314.013 „Ach, edler Feldherr, es ist geschehn! ppo_314.014 Jetzt hebt sich der östliche Stral.“ — ppo_314.015 „Sey ruhig, mein Lieber, von himmlischen Höhn ppo_314.016 Entwand sich der leuchtende Stral. ppo_314.017 Es waltet die Allmacht von Pol zu Pol, ppo_314.018 Mir lenkt sie zum Tode die Bahn!“ — ppo_314.019 „Leb' wohl dann, mein Feldherr, leb' ewig wohl! ppo_314.020 Jch höre die Schrecklichen nahn!“ ppo_314.021 Und eh' noch dem Ritter das Wort entflohn, ppo_314.022 Da drängte die Menge sich nach; ppo_314.023 Da strömten die Krieger, die Wüthenden, schon, ppo_314.024 Gleich Wogen, ins stille Gemach. ppo_314.025 „Jch weiß, was ihr fordert, ich bin bereit, ppo_314.026 Ja, werft mich ins schäumende Meer! ppo_314.027 Doch wisset, das rettende Ziel ist nicht weit; ppo_314.028 Gott schütze dich, irrendes Heer!“ ppo_314.029 Dumpf klirrten die Schwerter, ein wildes Geschrei ppo_314.030 Erfüllte mit Grausen die Luft; ppo_314.031 Der Edle bereitete still sich und frei ppo_314.032 Zum Wege der fluchenden Gruft. ppo_314.033 Zerrissen war jedes geheiligte Band;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/326
Zitationshilfe: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/326>, abgerufen am 22.11.2024.