Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

ppo_376.001
Richtigere Begriffe, erläuterte Grundsätze, reinere ppo_376.002
Gefühle fließen von hier durch alle Adern des Volkes; ppo_376.003
der Nebel der Barbarei, des finstern Aberglaubens ppo_376.004
verschwindet; die Nacht weicht dem siegenden ppo_376.005
Lichte -- Unmöglich darf auch der große Einfluß ppo_376.006
übergangen werden, den die Bühne auf den Geist ppo_376.007
einer Nation haben kann. Nationalgeist eines Volkes ppo_376.008
nenne ich die Aehnlichkeit und Uebereinstimmung ppo_376.009
seiner Meinungen und Neigungen bei Gegenständen, ppo_376.010
worüber eine andere Nation anders meint und empfindet. ppo_376.011
Was kettete Griechenland so fest an einander? ppo_376.012
Was zog das Volk so unwiderstehlich nach ppo_376.013
seiner Bühne? Nichts anders, als der vaterländische ppo_376.014
Jnhalt der Stücke, der griechische Geist, das ppo_376.015
große überwältigende Jnteresse des Staates und ppo_376.016
der bessern Menschheit, das in derselben athmete."

ppo_376.017

Zugestanden, daß alle diese Stoffe, insofern ppo_376.018
sie ästhetisch darstellbar sind, im Bereiche der ppo_376.019
dramatischen Dichtkunst liegen, und daß durch die ppo_376.020
dichterische Gestaltung derselben viel auf das Gemüth ppo_376.021
der Jndividuen und der Völker gewirkt werden ppo_376.022
kann; so hängt doch diese Wirkung selbst zunächst ppo_376.023
ab von der Vollendung der dramatischen ppo_376.024
Form, unter welcher diese Stoffe versinnlicht ppo_376.025
werden, und deshalb bleibt, -- ohne die sittliche ppo_376.026
Wirksamkeit der Bühne zu verkennen oder abzuläugnen, ppo_376.027
-- das Gesetz der Form, und nicht das ppo_376.028
Sittengesetz, der höchste Maasstab für die Würdigung ppo_376.029
der ästhetischen Vollendung dramatischer Dichtungen.

ppo_376.030
ppo_376.031

Die einzelnen Formen der dramatischen Dichtkunst ppo_376.032
sind:

ppo_376.033

a) das Trauerspiel;

ppo_376.034

b) das Lustspiel;

ppo_376.001
Richtigere Begriffe, erläuterte Grundsätze, reinere ppo_376.002
Gefühle fließen von hier durch alle Adern des Volkes; ppo_376.003
der Nebel der Barbarei, des finstern Aberglaubens ppo_376.004
verschwindet; die Nacht weicht dem siegenden ppo_376.005
Lichte — Unmöglich darf auch der große Einfluß ppo_376.006
übergangen werden, den die Bühne auf den Geist ppo_376.007
einer Nation haben kann. Nationalgeist eines Volkes ppo_376.008
nenne ich die Aehnlichkeit und Uebereinstimmung ppo_376.009
seiner Meinungen und Neigungen bei Gegenständen, ppo_376.010
worüber eine andere Nation anders meint und empfindet. ppo_376.011
Was kettete Griechenland so fest an einander? ppo_376.012
Was zog das Volk so unwiderstehlich nach ppo_376.013
seiner Bühne? Nichts anders, als der vaterländische ppo_376.014
Jnhalt der Stücke, der griechische Geist, das ppo_376.015
große überwältigende Jnteresse des Staates und ppo_376.016
der bessern Menschheit, das in derselben athmete.“

ppo_376.017

Zugestanden, daß alle diese Stoffe, insofern ppo_376.018
sie ästhetisch darstellbar sind, im Bereiche der ppo_376.019
dramatischen Dichtkunst liegen, und daß durch die ppo_376.020
dichterische Gestaltung derselben viel auf das Gemüth ppo_376.021
der Jndividuen und der Völker gewirkt werden ppo_376.022
kann; so hängt doch diese Wirkung selbst zunächst ppo_376.023
ab von der Vollendung der dramatischen ppo_376.024
Form, unter welcher diese Stoffe versinnlicht ppo_376.025
werden, und deshalb bleibt, — ohne die sittliche ppo_376.026
Wirksamkeit der Bühne zu verkennen oder abzuläugnen, ppo_376.027
— das Gesetz der Form, und nicht das ppo_376.028
Sittengesetz, der höchste Maasstab für die Würdigung ppo_376.029
der ästhetischen Vollendung dramatischer Dichtungen.

ppo_376.030
ppo_376.031

Die einzelnen Formen der dramatischen Dichtkunst ppo_376.032
sind:

ppo_376.033

a) das Trauerspiel;

ppo_376.034

b) das Lustspiel;

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0388" n="376"/><lb n="ppo_376.001"/>Richtigere Begriffe, erläuterte Grundsätze, reinere <lb n="ppo_376.002"/>Gefühle fließen von hier durch alle Adern des Volkes; <lb n="ppo_376.003"/>der Nebel der Barbarei, des finstern Aberglaubens <lb n="ppo_376.004"/>verschwindet; die Nacht weicht dem siegenden <lb n="ppo_376.005"/>Lichte &#x2014; Unmöglich darf auch der große Einfluß <lb n="ppo_376.006"/>übergangen werden, den die Bühne auf den Geist <lb n="ppo_376.007"/>einer Nation haben kann. Nationalgeist eines Volkes <lb n="ppo_376.008"/>nenne ich die Aehnlichkeit und Uebereinstimmung <lb n="ppo_376.009"/>seiner Meinungen und Neigungen bei Gegenständen, <lb n="ppo_376.010"/>worüber eine andere Nation anders meint und empfindet. <lb n="ppo_376.011"/>Was kettete Griechenland so fest an einander? <lb n="ppo_376.012"/>Was zog das Volk so unwiderstehlich nach <lb n="ppo_376.013"/>seiner Bühne? Nichts anders, als der vaterländische <lb n="ppo_376.014"/>Jnhalt der Stücke, der griechische Geist, das <lb n="ppo_376.015"/>große überwältigende Jnteresse des Staates und <lb n="ppo_376.016"/>der bessern Menschheit, das in derselben athmete.&#x201C;</p>
          <lb n="ppo_376.017"/>
          <p>  Zugestanden, daß alle diese Stoffe, insofern <lb n="ppo_376.018"/>sie <hi rendition="#g">ästhetisch darstellbar</hi> sind, im Bereiche der <lb n="ppo_376.019"/>dramatischen Dichtkunst liegen, und daß durch die <lb n="ppo_376.020"/>dichterische Gestaltung derselben viel auf das Gemüth <lb n="ppo_376.021"/>der Jndividuen und der Völker gewirkt werden <lb n="ppo_376.022"/>kann; so hängt doch diese Wirkung selbst zunächst <lb n="ppo_376.023"/>ab <hi rendition="#g">von der Vollendung der dramatischen <lb n="ppo_376.024"/>Form,</hi> unter welcher diese Stoffe versinnlicht <lb n="ppo_376.025"/>werden, und deshalb bleibt, &#x2014; ohne die sittliche <lb n="ppo_376.026"/>Wirksamkeit der Bühne zu verkennen oder abzuläugnen, <lb n="ppo_376.027"/>&#x2014; das Gesetz der Form, und nicht das <lb n="ppo_376.028"/>Sittengesetz, der höchste Maasstab für die Würdigung <lb n="ppo_376.029"/>der ästhetischen Vollendung dramatischer Dichtungen.</p>
          <lb n="ppo_376.030"/>
          <lb n="ppo_376.031"/>
          <p>  Die einzelnen Formen der dramatischen Dichtkunst <lb n="ppo_376.032"/>sind:</p>
          <lb n="ppo_376.033"/>
          <p> <hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">a</hi>) das Trauerspiel;</hi> </p>
          <lb n="ppo_376.034"/>
          <p> <hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">b</hi>) das Lustspiel;</hi> </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[376/0388] ppo_376.001 Richtigere Begriffe, erläuterte Grundsätze, reinere ppo_376.002 Gefühle fließen von hier durch alle Adern des Volkes; ppo_376.003 der Nebel der Barbarei, des finstern Aberglaubens ppo_376.004 verschwindet; die Nacht weicht dem siegenden ppo_376.005 Lichte — Unmöglich darf auch der große Einfluß ppo_376.006 übergangen werden, den die Bühne auf den Geist ppo_376.007 einer Nation haben kann. Nationalgeist eines Volkes ppo_376.008 nenne ich die Aehnlichkeit und Uebereinstimmung ppo_376.009 seiner Meinungen und Neigungen bei Gegenständen, ppo_376.010 worüber eine andere Nation anders meint und empfindet. ppo_376.011 Was kettete Griechenland so fest an einander? ppo_376.012 Was zog das Volk so unwiderstehlich nach ppo_376.013 seiner Bühne? Nichts anders, als der vaterländische ppo_376.014 Jnhalt der Stücke, der griechische Geist, das ppo_376.015 große überwältigende Jnteresse des Staates und ppo_376.016 der bessern Menschheit, das in derselben athmete.“ ppo_376.017 Zugestanden, daß alle diese Stoffe, insofern ppo_376.018 sie ästhetisch darstellbar sind, im Bereiche der ppo_376.019 dramatischen Dichtkunst liegen, und daß durch die ppo_376.020 dichterische Gestaltung derselben viel auf das Gemüth ppo_376.021 der Jndividuen und der Völker gewirkt werden ppo_376.022 kann; so hängt doch diese Wirkung selbst zunächst ppo_376.023 ab von der Vollendung der dramatischen ppo_376.024 Form, unter welcher diese Stoffe versinnlicht ppo_376.025 werden, und deshalb bleibt, — ohne die sittliche ppo_376.026 Wirksamkeit der Bühne zu verkennen oder abzuläugnen, ppo_376.027 — das Gesetz der Form, und nicht das ppo_376.028 Sittengesetz, der höchste Maasstab für die Würdigung ppo_376.029 der ästhetischen Vollendung dramatischer Dichtungen. ppo_376.030 ppo_376.031 Die einzelnen Formen der dramatischen Dichtkunst ppo_376.032 sind: ppo_376.033 a) das Trauerspiel; ppo_376.034 b) das Lustspiel;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/388
Zitationshilfe: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/388>, abgerufen am 24.11.2024.