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Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.

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Was Rubens, Titian und Sandrart dargethan, ppo_418.002
Was Raphael, Bernin und Küsel aufgesetzet, ppo_418.003
Jst bloßes Schattenwerk; das stolze Vatican ppo_418.004
Wird gegen diesen Bau nur wie ein Tand geschätzet. ppo_418.005
Hier ist ein solcher Schmuck, dem Gold und Silber ppo_418.006
weicht, ppo_418.007
Und dem kein Glanz, kein' Pracht der edlen Steine ppo_418.008
gleicht. ppo_418.009
Jch warf, nicht ohne Furcht, ein Aug' auf das Altar; ppo_418.010
Das hatte Fleiß und Kunst aus köstlichen Magneten ppo_418.011
Bis in die Höh' geführt, und auf demselben war ppo_418.012
Ein immer brennend Feur, das keine Kräfte tödten, ppo_418.013
Kein Wasser dämpfen kann, in reinem Porcellan. ppo_418.014
Hier läßt, wer stets die Glut des Himmels in dem Herzen ppo_418.015
Zu unterhalten sucht, und vor der geilen Bahn ppo_418.016
Der Wollust fliehen will, bei den geweihten Kerzen ppo_418.017
Sich in ein Bündniß ein, das keinem Tode weicht, ppo_418.018
Und Gottes milde Gunst mit Haufen auf sich zeucht.
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Hier sah ich dich, mein Freund, mit deiner Liebsten ppo_418.020
knien; ppo_418.021
Jhr trugt ein weißes Kleid, nebst grünen Lorbeerkränzen; ppo_418.022
Der Himmel that sich auf, und wie es damals schien, ppo_418.023
So fing der ganze Platz weit schöner an zu glänzen. ppo_418.024
Die Flamm' auf dem Altar schlug heller in die Höh; ppo_418.025
Jch hörte hin und her viel süße Saiten klingen; ppo_418.026
Man wünschte Glück und Heil zu dieser neuen Eh, ppo_418.027
Und hieß der Sterne Chor ein nettes Brautlied singen. ppo_418.028
Bis endlich dieser Schall, selbst bei dem Saitenspiel, ppo_418.029
Aus einer Wolke dir recht in die Ohren fiel:
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Nimm hin das fromme Kind, der keuschen Liebe Pfand, ppo_418.031
Und lebe wohlvergnügt in tausendfachem Segen, ppo_418.032
Bis, nach vollführtem Lauf, der Kindes-Kinder Hand ppo_418.033
Euch wird zu gleicher Zeit in Eine Grube legen.
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Zitationshilfe: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/430>, abgerufen am 26.06.2024.