Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.
ppo_456.001 Wie war alles um mich her so lachend und heiter! ppo_456.004 Jetzt bin ich Mann, und sehe zurück in das entschwundene ppo_456.009 Dichter, ihr nennt die Jugend einen Traum; aber ppo_456.017 Habe ich dich oft entweiht, edle Blütenzeit des Lebens; ppo_456.025 Lebe denn wohl, holder Morgen des Lebens! Schwebe ppo_456.033
ppo_456.001 Wie war alles um mich her so lachend und heiter! ppo_456.004 Jetzt bin ich Mann, und sehe zurück in das entschwundene ppo_456.009 Dichter, ihr nennt die Jugend einen Traum; aber ppo_456.017 Habe ich dich oft entweiht, edle Blütenzeit des Lebens; ppo_456.025 Lebe denn wohl, holder Morgen des Lebens! Schwebe ppo_456.033 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p> <hi rendition="#et"><pb facs="#f0468" n="456"/><lb n="ppo_456.001"/>gewährt! Stunden, nach denen noch im späten Alter <lb n="ppo_456.002"/>dieses Herz sich zurücksehnen wird.</hi> </p> <lb n="ppo_456.003"/> <p> <hi rendition="#et"> Wie war alles um mich her so lachend und heiter! <lb n="ppo_456.004"/>Welches schöne Bündniß knüpfte der Zauber der Hoffnung <lb n="ppo_456.005"/>zwischen Gegenwart und Zukunft! Mit Freude <lb n="ppo_456.006"/>begrüßte der Jüngling den Morgen, und mit lieblichen <lb n="ppo_456.007"/>Schwärmereien sagte er dem sinkenden Tage das Lebewohl.</hi> </p> <lb n="ppo_456.008"/> <p> <hi rendition="#et"> Jetzt bin ich Mann, und sehe zurück in das entschwundene <lb n="ppo_456.009"/>Gefilde der Vergangenheit; die Erinnerung <lb n="ppo_456.010"/>stellt mir ihre Scenen mit lebhaften Zügen dar. Es war <lb n="ppo_456.011"/>der wichtigste Zeitraum des Lebens, der Zeitraum, von <lb n="ppo_456.012"/>welchem das Glück der übrigen Lebensalter am meisten <lb n="ppo_456.013"/>abhängt; der Zeitraum, in welchem der Mensch eine <lb n="ppo_456.014"/>Richtung bekommt, die ihn meistens sein ganzes irdisches <lb n="ppo_456.015"/>Daseyn hindurch begleitet.</hi> </p> <lb n="ppo_456.016"/> <p> <hi rendition="#et"> Dichter, ihr nennt die Jugend einen Traum; aber <lb n="ppo_456.017"/>sie ist es nur zum Theil. Träume sind die <hi rendition="#g">Freuden</hi> <lb n="ppo_456.018"/>des Jünglings; aber keine Träume seine <hi rendition="#g">Thaten.</hi> O <lb n="ppo_456.019"/>diese Thaten haben ein ewiges unveränderliches Daseyn <lb n="ppo_456.020"/>im sittlichen Reiche; sie verschwinden nicht, bekommen <lb n="ppo_456.021"/>durch keinen Zauber der Phantasie und Erinnerung eine <lb n="ppo_456.022"/>andere Gestalt; ihre Verwandlung ist auch für die Allmacht <lb n="ppo_456.023"/>eines Gottes nicht möglich.</hi> </p> <lb n="ppo_456.024"/> <p> <hi rendition="#et"> Habe ich dich oft entweiht, edle Blütenzeit des Lebens; <lb n="ppo_456.025"/>was kann ich mehr, als mit Reue an deine Grenze <lb n="ppo_456.026"/>knieen, und mit Thränen mir selbst die Tilgung jedes <lb n="ppo_456.027"/>Fleckens schwören, der die Menschheit herabwürdigt. <lb n="ppo_456.028"/>Kann ich mehr, als mit Vorsätzen, in der Laufbahn der <lb n="ppo_456.029"/>Männlichkeit fortschreiten, fest und innig genug, um <lb n="ppo_456.030"/>mir das Leben unerträglich zu machen, wann ich sie je <lb n="ppo_456.031"/>verließe? —</hi> </p> <lb n="ppo_456.032"/> <p> <hi rendition="#et"> Lebe denn wohl, holder Morgen des Lebens! Schwebe <lb n="ppo_456.033"/>mir oft vor im Bilde der Erinnerung, und führe die <lb n="ppo_456.034"/>beseligende Hoffnung mit dir, daß jenseits des Grabes </hi> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [456/0468]
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gewährt! Stunden, nach denen noch im späten Alter ppo_456.002
dieses Herz sich zurücksehnen wird.
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Wie war alles um mich her so lachend und heiter! ppo_456.004
Welches schöne Bündniß knüpfte der Zauber der Hoffnung ppo_456.005
zwischen Gegenwart und Zukunft! Mit Freude ppo_456.006
begrüßte der Jüngling den Morgen, und mit lieblichen ppo_456.007
Schwärmereien sagte er dem sinkenden Tage das Lebewohl.
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Jetzt bin ich Mann, und sehe zurück in das entschwundene ppo_456.009
Gefilde der Vergangenheit; die Erinnerung ppo_456.010
stellt mir ihre Scenen mit lebhaften Zügen dar. Es war ppo_456.011
der wichtigste Zeitraum des Lebens, der Zeitraum, von ppo_456.012
welchem das Glück der übrigen Lebensalter am meisten ppo_456.013
abhängt; der Zeitraum, in welchem der Mensch eine ppo_456.014
Richtung bekommt, die ihn meistens sein ganzes irdisches ppo_456.015
Daseyn hindurch begleitet.
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Dichter, ihr nennt die Jugend einen Traum; aber ppo_456.017
sie ist es nur zum Theil. Träume sind die Freuden ppo_456.018
des Jünglings; aber keine Träume seine Thaten. O ppo_456.019
diese Thaten haben ein ewiges unveränderliches Daseyn ppo_456.020
im sittlichen Reiche; sie verschwinden nicht, bekommen ppo_456.021
durch keinen Zauber der Phantasie und Erinnerung eine ppo_456.022
andere Gestalt; ihre Verwandlung ist auch für die Allmacht ppo_456.023
eines Gottes nicht möglich.
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Habe ich dich oft entweiht, edle Blütenzeit des Lebens; ppo_456.025
was kann ich mehr, als mit Reue an deine Grenze ppo_456.026
knieen, und mit Thränen mir selbst die Tilgung jedes ppo_456.027
Fleckens schwören, der die Menschheit herabwürdigt. ppo_456.028
Kann ich mehr, als mit Vorsätzen, in der Laufbahn der ppo_456.029
Männlichkeit fortschreiten, fest und innig genug, um ppo_456.030
mir das Leben unerträglich zu machen, wann ich sie je ppo_456.031
verließe? —
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Lebe denn wohl, holder Morgen des Lebens! Schwebe ppo_456.033
mir oft vor im Bilde der Erinnerung, und führe die ppo_456.034
beseligende Hoffnung mit dir, daß jenseits des Grabes
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