Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.

Bild:
<< vorherige Seite
ppo_468.001
Enthaltsamkeit, und über Jericho's ppo_468.002
Kriegsexpedition und alte Mauern; ppo_468.003
Jhm wiehern Beifall halbberauschte Bauern. ppo_468.004
O was erleb' ich noch für Herzeleid! ppo_468.005
Jrrglaube herrscht im Lande weit und breit. ppo_468.006
Wem liegt noch was an seinem Seelenheile? ppo_468.007
Nur selten labt mich eine Wildpretskeule, ppo_468.008
Ein Eberskopf, vom Schloßhof oder Amt ppo_468.009
Mir zugesandt im sauern Predigtamt. ppo_468.010
Wer kümmert sich um Gott und seine Diener? ppo_468.011
Vor Zeiten weckte mich der Gäns' und Hühner ppo_468.012
Geschnatter oft noch vor dem Morgenroth; ppo_468.013
Jetzt in Gehöft' und Stall ist alles todt. ppo_468.014
Und präparir' ich mich aus der Postille, ppo_468.015
Stört mich nicht mehr das liebliche Gebrülle. ppo_468.016
Beglückter Mann, der fest am Glauben hält! ppo_468.017
Groß ist sein Erbtheil schon in dieser Welt. ppo_468.018
Voll Demuth nimmt er den Verstand gefangen; ppo_468.019
Jhn quält kein Zweifel, roth sind seine Wangen; ppo_468.020
Sanft ist sein Morgenschlaf und frisch sein Blut, ppo_468.021
Er liest nur wenig, und verdauet gut. ppo_468.022
Der Atheist wälzt schlaflos sich im Bette, ppo_468.023
Und grübelt, und vertrocknet zum Skelette. ppo_468.024
Uns tränkt der Herr mit seinem Segensborn, ppo_468.025
Giebt unsern Bäumen Obst, dem Acker Korn, ppo_468.026
Giebt unserm Tische Fleisch, dem Becher Trauben, ppo_468.027
Dem Bett' -- ihr wißt wohl was -- dem Geiste Glauben. ppo_468.028
Selbst David war ja nicht von Schwachheit rein; ppo_468.029
Wie? und ich Staub, ich Wurm, ich sollt' es seyn? ppo_468.030
Die Liebe lauscht am Thron' und am Altare; ppo_468.031
Jch war erst dreißig, Klärchen sechszehn Jahre. ppo_468.032
Jhr Vater starb, ich nahm mich ihrer an. ppo_468.033
Und welcher Pfarrherr hätt' es nicht gethan? ppo_468.034
Die sanftgewölbte Brust, die schwarzen Haare,
ppo_468.001
Enthaltsamkeit, und über Jericho's ppo_468.002
Kriegsexpedition und alte Mauern; ppo_468.003
Jhm wiehern Beifall halbberauschte Bauern. ppo_468.004
O was erleb' ich noch für Herzeleid! ppo_468.005
Jrrglaube herrscht im Lande weit und breit. ppo_468.006
Wem liegt noch was an seinem Seelenheile? ppo_468.007
Nur selten labt mich eine Wildpretskeule, ppo_468.008
Ein Eberskopf, vom Schloßhof oder Amt ppo_468.009
Mir zugesandt im sauern Predigtamt. ppo_468.010
Wer kümmert sich um Gott und seine Diener? ppo_468.011
Vor Zeiten weckte mich der Gäns' und Hühner ppo_468.012
Geschnatter oft noch vor dem Morgenroth; ppo_468.013
Jetzt in Gehöft' und Stall ist alles todt. ppo_468.014
Und präparir' ich mich aus der Postille, ppo_468.015
Stört mich nicht mehr das liebliche Gebrülle. ppo_468.016
Beglückter Mann, der fest am Glauben hält! ppo_468.017
Groß ist sein Erbtheil schon in dieser Welt. ppo_468.018
Voll Demuth nimmt er den Verstand gefangen; ppo_468.019
Jhn quält kein Zweifel, roth sind seine Wangen; ppo_468.020
Sanft ist sein Morgenschlaf und frisch sein Blut, ppo_468.021
Er liest nur wenig, und verdauet gut. ppo_468.022
Der Atheist wälzt schlaflos sich im Bette, ppo_468.023
Und grübelt, und vertrocknet zum Skelette. ppo_468.024
Uns tränkt der Herr mit seinem Segensborn, ppo_468.025
Giebt unsern Bäumen Obst, dem Acker Korn, ppo_468.026
Giebt unserm Tische Fleisch, dem Becher Trauben, ppo_468.027
Dem Bett' — ihr wißt wohl was — dem Geiste Glauben. ppo_468.028
Selbst David war ja nicht von Schwachheit rein; ppo_468.029
Wie? und ich Staub, ich Wurm, ich sollt' es seyn? ppo_468.030
Die Liebe lauscht am Thron' und am Altare; ppo_468.031
Jch war erst dreißig, Klärchen sechszehn Jahre. ppo_468.032
Jhr Vater starb, ich nahm mich ihrer an. ppo_468.033
Und welcher Pfarrherr hätt' es nicht gethan? ppo_468.034
Die sanftgewölbte Brust, die schwarzen Haare,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0480" n="468"/>
          <lb n="ppo_468.001"/>
          <lg>
            <l>Enthaltsamkeit, und über Jericho's</l>
            <lb n="ppo_468.002"/>
            <l>Kriegsexpedition und alte Mauern;</l>
            <lb n="ppo_468.003"/>
            <l>Jhm wiehern Beifall halbberauschte Bauern.</l>
            <lb n="ppo_468.004"/>
            <l>O was erleb' ich noch für Herzeleid!</l>
            <lb n="ppo_468.005"/>
            <l>Jrrglaube herrscht im Lande weit und breit.</l>
            <lb n="ppo_468.006"/>
            <l>Wem liegt noch was an seinem Seelenheile?</l>
            <lb n="ppo_468.007"/>
            <l>Nur selten labt mich eine Wildpretskeule,</l>
            <lb n="ppo_468.008"/>
            <l>Ein Eberskopf, vom Schloßhof oder Amt</l>
            <lb n="ppo_468.009"/>
            <l>Mir zugesandt im sauern Predigtamt.</l>
            <lb n="ppo_468.010"/>
            <l>Wer kümmert sich um Gott und seine Diener?</l>
            <lb n="ppo_468.011"/>
            <l>Vor Zeiten weckte mich der Gäns' und Hühner</l>
            <lb n="ppo_468.012"/>
            <l>Geschnatter oft noch vor dem Morgenroth;</l>
            <lb n="ppo_468.013"/>
            <l>Jetzt in Gehöft' und Stall ist alles todt.</l>
            <lb n="ppo_468.014"/>
            <l>Und präparir' ich mich aus der Postille,</l>
            <lb n="ppo_468.015"/>
            <l>Stört mich nicht mehr das liebliche Gebrülle.</l>
            <lb n="ppo_468.016"/>
            <l>  Beglückter Mann, der fest am Glauben hält!</l>
            <lb n="ppo_468.017"/>
            <l>Groß ist sein Erbtheil schon in dieser Welt.</l>
            <lb n="ppo_468.018"/>
            <l>Voll Demuth nimmt er den Verstand gefangen;</l>
            <lb n="ppo_468.019"/>
            <l>Jhn quält kein Zweifel, roth sind seine Wangen;</l>
            <lb n="ppo_468.020"/>
            <l>Sanft ist sein Morgenschlaf und frisch sein Blut,</l>
            <lb n="ppo_468.021"/>
            <l>Er liest nur wenig, und verdauet gut.</l>
            <lb n="ppo_468.022"/>
            <l>Der Atheist wälzt schlaflos sich im Bette,</l>
            <lb n="ppo_468.023"/>
            <l>Und grübelt, und vertrocknet zum Skelette.</l>
            <lb n="ppo_468.024"/>
            <l>Uns tränkt der Herr mit seinem Segensborn,</l>
            <lb n="ppo_468.025"/>
            <l>Giebt unsern Bäumen Obst, dem Acker Korn,</l>
            <lb n="ppo_468.026"/>
            <l>Giebt unserm Tische Fleisch, dem Becher Trauben,</l>
            <lb n="ppo_468.027"/>
            <l>Dem Bett' &#x2014; ihr wißt wohl was &#x2014; dem Geiste Glauben.</l>
            <lb n="ppo_468.028"/>
            <l>Selbst David war ja nicht von Schwachheit rein;</l>
            <lb n="ppo_468.029"/>
            <l>Wie? und ich Staub, ich Wurm, ich sollt' es seyn?</l>
            <lb n="ppo_468.030"/>
            <l>Die Liebe lauscht am Thron' und am Altare;</l>
            <lb n="ppo_468.031"/>
            <l>Jch war erst dreißig, Klärchen sechszehn Jahre.</l>
            <lb n="ppo_468.032"/>
            <l>Jhr Vater starb, ich nahm mich ihrer an.</l>
            <lb n="ppo_468.033"/>
            <l>Und welcher Pfarrherr hätt' es nicht gethan?</l>
            <lb n="ppo_468.034"/>
            <l>Die sanftgewölbte Brust, die schwarzen Haare,</l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[468/0480] ppo_468.001 Enthaltsamkeit, und über Jericho's ppo_468.002 Kriegsexpedition und alte Mauern; ppo_468.003 Jhm wiehern Beifall halbberauschte Bauern. ppo_468.004 O was erleb' ich noch für Herzeleid! ppo_468.005 Jrrglaube herrscht im Lande weit und breit. ppo_468.006 Wem liegt noch was an seinem Seelenheile? ppo_468.007 Nur selten labt mich eine Wildpretskeule, ppo_468.008 Ein Eberskopf, vom Schloßhof oder Amt ppo_468.009 Mir zugesandt im sauern Predigtamt. ppo_468.010 Wer kümmert sich um Gott und seine Diener? ppo_468.011 Vor Zeiten weckte mich der Gäns' und Hühner ppo_468.012 Geschnatter oft noch vor dem Morgenroth; ppo_468.013 Jetzt in Gehöft' und Stall ist alles todt. ppo_468.014 Und präparir' ich mich aus der Postille, ppo_468.015 Stört mich nicht mehr das liebliche Gebrülle. ppo_468.016 Beglückter Mann, der fest am Glauben hält! ppo_468.017 Groß ist sein Erbtheil schon in dieser Welt. ppo_468.018 Voll Demuth nimmt er den Verstand gefangen; ppo_468.019 Jhn quält kein Zweifel, roth sind seine Wangen; ppo_468.020 Sanft ist sein Morgenschlaf und frisch sein Blut, ppo_468.021 Er liest nur wenig, und verdauet gut. ppo_468.022 Der Atheist wälzt schlaflos sich im Bette, ppo_468.023 Und grübelt, und vertrocknet zum Skelette. ppo_468.024 Uns tränkt der Herr mit seinem Segensborn, ppo_468.025 Giebt unsern Bäumen Obst, dem Acker Korn, ppo_468.026 Giebt unserm Tische Fleisch, dem Becher Trauben, ppo_468.027 Dem Bett' — ihr wißt wohl was — dem Geiste Glauben. ppo_468.028 Selbst David war ja nicht von Schwachheit rein; ppo_468.029 Wie? und ich Staub, ich Wurm, ich sollt' es seyn? ppo_468.030 Die Liebe lauscht am Thron' und am Altare; ppo_468.031 Jch war erst dreißig, Klärchen sechszehn Jahre. ppo_468.032 Jhr Vater starb, ich nahm mich ihrer an. ppo_468.033 Und welcher Pfarrherr hätt' es nicht gethan? ppo_468.034 Die sanftgewölbte Brust, die schwarzen Haare,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/480
Zitationshilfe: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 468. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/480>, abgerufen am 17.06.2024.