Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.ppo_039.001 14. ppo_039.002 ppo_039.003a) Das Lied. Der Charakter des Liedes beruht auf der Darstellung ppo_039.004 An sich ist der Ton des Liedes ein Ton reiner ppo_039.017 Das Lied wird eingetheilt in das religiöse ppo_039.028 Das religiöse Lied enthält den Ausdruck und ppo_039.030 ppo_039.001 14. ppo_039.002 ppo_039.003a) Das Lied. Der Charakter des Liedes beruht auf der Darstellung ppo_039.004 An sich ist der Ton des Liedes ein Ton reiner ppo_039.017 Das Lied wird eingetheilt in das religiöse ppo_039.028 Das religiöse Lied enthält den Ausdruck und ppo_039.030 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0051" n="39"/> </div> <div n="2"> <lb n="ppo_039.001"/> <head> <hi rendition="#c">14. <lb n="ppo_039.002"/><hi rendition="#aq">a</hi>) <hi rendition="#g">Das Lied.</hi></hi> </head> <lb n="ppo_039.003"/> <p> Der Charakter des Liedes beruht auf der Darstellung <lb n="ppo_039.004"/>nur Eines, aber eines bestimmten Gefühls, <lb n="ppo_039.005"/>welches zum deutlichen Bewußtseyn gelangt, unter <lb n="ppo_039.006"/>der Einheit einer vollendeten ästhetischen Form. Jm <lb n="ppo_039.007"/>Tone des Liedes steht das zum Bewußtseyn gelangte <lb n="ppo_039.008"/>und durch Sprache dargestellte Gefühl mit sich selbst <lb n="ppo_039.009"/>im Ebenmaase. Dadurch unterscheidet sich das Lied <lb n="ppo_039.010"/>von den übrigen einzelnen Formen der lyrischen <lb n="ppo_039.011"/>Dichtkunst, namentlich von der Ode, der Hymne <lb n="ppo_039.012"/>und der Dichyrambe, welche, im höhern Schwunge <lb n="ppo_039.013"/>der dichterischen Begeisterung, das im Gefühle sich <lb n="ppo_039.014"/>ankündigende Unendliche, bei gleichstarker Vergegenwärtigung <lb n="ppo_039.015"/>der Schranken der Endlichkeit, darstellen.</p> <lb n="ppo_039.016"/> <p> An sich ist der Ton des Liedes ein Ton reiner <lb n="ppo_039.017"/>Freude, Beruhigung und Hoffnung. Dieser Ton <lb n="ppo_039.018"/>wird angeregt durch die Richtung des Gefühls auf <lb n="ppo_039.019"/>ein Gut, nach welchem das Gemüth sich sehnt, oder <lb n="ppo_039.020"/>dessen Besitz und Genuß das Gefühl ergreift und <lb n="ppo_039.021"/>erhebt, oder das im Allgemeinen dem Gefühle und <lb n="ppo_039.022"/>der Einbildungskraft lebhaft vorschwebt. Denn dadurch <lb n="ppo_039.023"/>unterscheidet sich das Lied von der Elegie und <lb n="ppo_039.024"/>der Heroide, daß der in demselben herrschende Ton <lb n="ppo_039.025"/>der Freude durch keine Beimischung eines Gefühls <lb n="ppo_039.026"/>der Wehmuth verdunkelt wird.</p> <lb n="ppo_039.027"/> <p> Das Lied wird eingetheilt in das <hi rendition="#g">religiöse</hi> <lb n="ppo_039.028"/>(geistliche) und <hi rendition="#g">weltliche</hi> Lied.</p> <lb n="ppo_039.029"/> <p> Das <hi rendition="#g">religiöse</hi> Lied enthält den Ausdruck und <lb n="ppo_039.030"/>die Darstellung der erhabenen Rührung, die den <lb n="ppo_039.031"/>Menschen bei der im Gefühle wahrgenommenen Allvollkommenheit <lb n="ppo_039.032"/>Gottes, seiner Allheiligkeit und Allseligkeit, <lb n="ppo_039.033"/>und bei der Vergegenwärtigung seiner Verhältnisse </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [39/0051]
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14. ppo_039.002
a) Das Lied. ppo_039.003
Der Charakter des Liedes beruht auf der Darstellung ppo_039.004
nur Eines, aber eines bestimmten Gefühls, ppo_039.005
welches zum deutlichen Bewußtseyn gelangt, unter ppo_039.006
der Einheit einer vollendeten ästhetischen Form. Jm ppo_039.007
Tone des Liedes steht das zum Bewußtseyn gelangte ppo_039.008
und durch Sprache dargestellte Gefühl mit sich selbst ppo_039.009
im Ebenmaase. Dadurch unterscheidet sich das Lied ppo_039.010
von den übrigen einzelnen Formen der lyrischen ppo_039.011
Dichtkunst, namentlich von der Ode, der Hymne ppo_039.012
und der Dichyrambe, welche, im höhern Schwunge ppo_039.013
der dichterischen Begeisterung, das im Gefühle sich ppo_039.014
ankündigende Unendliche, bei gleichstarker Vergegenwärtigung ppo_039.015
der Schranken der Endlichkeit, darstellen.
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An sich ist der Ton des Liedes ein Ton reiner ppo_039.017
Freude, Beruhigung und Hoffnung. Dieser Ton ppo_039.018
wird angeregt durch die Richtung des Gefühls auf ppo_039.019
ein Gut, nach welchem das Gemüth sich sehnt, oder ppo_039.020
dessen Besitz und Genuß das Gefühl ergreift und ppo_039.021
erhebt, oder das im Allgemeinen dem Gefühle und ppo_039.022
der Einbildungskraft lebhaft vorschwebt. Denn dadurch ppo_039.023
unterscheidet sich das Lied von der Elegie und ppo_039.024
der Heroide, daß der in demselben herrschende Ton ppo_039.025
der Freude durch keine Beimischung eines Gefühls ppo_039.026
der Wehmuth verdunkelt wird.
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Das Lied wird eingetheilt in das religiöse ppo_039.028
(geistliche) und weltliche Lied.
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Das religiöse Lied enthält den Ausdruck und ppo_039.030
die Darstellung der erhabenen Rührung, die den ppo_039.031
Menschen bei der im Gefühle wahrgenommenen Allvollkommenheit ppo_039.032
Gottes, seiner Allheiligkeit und Allseligkeit, ppo_039.033
und bei der Vergegenwärtigung seiner Verhältnisse
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