Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.

Bild:
<< vorherige Seite
ppo_051.001
Dein Arm, der alle Wesen schafft, ppo_051.002
Bleibt ungeschwächt bei gleicher Kraft, ppo_051.003
Wirkt immer größre Werke. ppo_051.004
Der Mensch verschleißt wie ein Gewand; ppo_051.005
Dein ewig Thun hat stets Bestand.
ppo_051.006
Könnt' jeder Tropfen in dem See ppo_051.007
Und jede Flocke von dem Schnee ppo_051.008
Und jedes Blatt auf Erden, ppo_051.009
Könnt' jeder Staub von Berg und Thal ppo_051.010
Und jeder Stern am Himmelssaal ppo_051.011
Ein ganz Jahrhundert werden; ppo_051.012
So wäre doch die lange Zeit ppo_051.013
Kein Punct von deiner Ewigkeit.
ppo_051.014
Was ist denn, Herr, vor deinem Thron ppo_051.015
Das Menschenkind, der Erdensohn, ppo_051.016
Der Staub, der Wurm, die Made? ppo_051.017
Ein Augenblick bringt ihn zur Welt, ppo_051.018
Ein Augenblick hat ihn gefällt; ppo_051.019
Gebricht ihm deine Gnade. ppo_051.020
Ja füllt sein Lauf den weit'sten Raum, ppo_051.021
Jst doch sein Leben nur ein Traum.
ppo_051.022
Das wahre Leben ist in dir; ppo_051.023
Dein Seyn, o Gott, daur't für und für, ppo_051.024
Dein Wesen nimmt kein Ende. ppo_051.025
Drum reiß' mich aus der Eitelkeit, ppo_051.026
Und scheid' ich einst aus dieser Zeit, ppo_051.027
Nimm mich in deine Hände. ppo_051.028
So werd' ich ewig vor dir stehn, ppo_051.029
Und, frei vom Tode, dich erhöhn!
ppo_051.001
Dein Arm, der alle Wesen schafft, ppo_051.002
Bleibt ungeschwächt bei gleicher Kraft, ppo_051.003
Wirkt immer größre Werke. ppo_051.004
Der Mensch verschleißt wie ein Gewand; ppo_051.005
Dein ewig Thun hat stets Bestand.
ppo_051.006
Könnt' jeder Tropfen in dem See ppo_051.007
Und jede Flocke von dem Schnee ppo_051.008
Und jedes Blatt auf Erden, ppo_051.009
Könnt' jeder Staub von Berg und Thal ppo_051.010
Und jeder Stern am Himmelssaal ppo_051.011
Ein ganz Jahrhundert werden; ppo_051.012
So wäre doch die lange Zeit ppo_051.013
Kein Punct von deiner Ewigkeit.
ppo_051.014
Was ist denn, Herr, vor deinem Thron ppo_051.015
Das Menschenkind, der Erdensohn, ppo_051.016
Der Staub, der Wurm, die Made? ppo_051.017
Ein Augenblick bringt ihn zur Welt, ppo_051.018
Ein Augenblick hat ihn gefällt; ppo_051.019
Gebricht ihm deine Gnade. ppo_051.020
Ja füllt sein Lauf den weit'sten Raum, ppo_051.021
Jst doch sein Leben nur ein Traum.
ppo_051.022
Das wahre Leben ist in dir; ppo_051.023
Dein Seyn, o Gott, daur't für und für, ppo_051.024
Dein Wesen nimmt kein Ende. ppo_051.025
Drum reiß' mich aus der Eitelkeit, ppo_051.026
Und scheid' ich einst aus dieser Zeit, ppo_051.027
Nimm mich in deine Hände. ppo_051.028
So werd' ich ewig vor dir stehn, ppo_051.029
Und, frei vom Tode, dich erhöhn!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0063" n="51"/>
          <lb n="ppo_051.001"/>
          <lg>
            <l>Dein Arm, der alle Wesen schafft,</l>
            <lb n="ppo_051.002"/>
            <l>Bleibt ungeschwächt bei gleicher Kraft,</l>
            <lb n="ppo_051.003"/>
            <l>  Wirkt immer größre Werke.</l>
            <lb n="ppo_051.004"/>
            <l>Der Mensch verschleißt wie ein Gewand;</l>
            <lb n="ppo_051.005"/>
            <l>Dein ewig Thun hat stets Bestand. </l>
          </lg>
          <lb n="ppo_051.006"/>
          <lg>
            <l>Könnt' jeder Tropfen in dem See</l>
            <lb n="ppo_051.007"/>
            <l>Und jede Flocke von dem Schnee</l>
            <lb n="ppo_051.008"/>
            <l>  Und jedes Blatt auf Erden,</l>
            <lb n="ppo_051.009"/>
            <l>Könnt' jeder Staub von Berg und Thal</l>
            <lb n="ppo_051.010"/>
            <l>Und jeder Stern am Himmelssaal</l>
            <lb n="ppo_051.011"/>
            <l>  Ein ganz Jahrhundert werden;</l>
            <lb n="ppo_051.012"/>
            <l>So wäre doch die lange Zeit</l>
            <lb n="ppo_051.013"/>
            <l>Kein Punct von deiner Ewigkeit. </l>
          </lg>
          <lb n="ppo_051.014"/>
          <lg>
            <l>Was ist denn, Herr, vor deinem Thron</l>
            <lb n="ppo_051.015"/>
            <l>Das Menschenkind, der Erdensohn,</l>
            <lb n="ppo_051.016"/>
            <l>  Der Staub, der Wurm, die Made?</l>
            <lb n="ppo_051.017"/>
            <l>Ein Augenblick bringt ihn zur Welt,</l>
            <lb n="ppo_051.018"/>
            <l>Ein Augenblick hat ihn gefällt;</l>
            <lb n="ppo_051.019"/>
            <l>  Gebricht ihm deine Gnade.</l>
            <lb n="ppo_051.020"/>
            <l>Ja füllt sein Lauf den weit'sten Raum,</l>
            <lb n="ppo_051.021"/>
            <l>Jst doch sein Leben nur ein Traum. </l>
          </lg>
          <lb n="ppo_051.022"/>
          <lg>
            <l>Das wahre Leben ist in dir;</l>
            <lb n="ppo_051.023"/>
            <l>Dein Seyn, o Gott, daur't für und für,</l>
            <lb n="ppo_051.024"/>
            <l>  Dein Wesen nimmt kein Ende.</l>
            <lb n="ppo_051.025"/>
            <l>Drum reiß' mich aus der Eitelkeit,</l>
            <lb n="ppo_051.026"/>
            <l>Und scheid' ich einst aus dieser Zeit,</l>
            <lb n="ppo_051.027"/>
            <l>  Nimm mich in deine Hände.</l>
            <lb n="ppo_051.028"/>
            <l>So werd' ich ewig vor dir stehn,</l>
            <lb n="ppo_051.029"/>
            <l>Und, frei vom Tode, dich erhöhn!</l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[51/0063] ppo_051.001 Dein Arm, der alle Wesen schafft, ppo_051.002 Bleibt ungeschwächt bei gleicher Kraft, ppo_051.003 Wirkt immer größre Werke. ppo_051.004 Der Mensch verschleißt wie ein Gewand; ppo_051.005 Dein ewig Thun hat stets Bestand. ppo_051.006 Könnt' jeder Tropfen in dem See ppo_051.007 Und jede Flocke von dem Schnee ppo_051.008 Und jedes Blatt auf Erden, ppo_051.009 Könnt' jeder Staub von Berg und Thal ppo_051.010 Und jeder Stern am Himmelssaal ppo_051.011 Ein ganz Jahrhundert werden; ppo_051.012 So wäre doch die lange Zeit ppo_051.013 Kein Punct von deiner Ewigkeit. ppo_051.014 Was ist denn, Herr, vor deinem Thron ppo_051.015 Das Menschenkind, der Erdensohn, ppo_051.016 Der Staub, der Wurm, die Made? ppo_051.017 Ein Augenblick bringt ihn zur Welt, ppo_051.018 Ein Augenblick hat ihn gefällt; ppo_051.019 Gebricht ihm deine Gnade. ppo_051.020 Ja füllt sein Lauf den weit'sten Raum, ppo_051.021 Jst doch sein Leben nur ein Traum. ppo_051.022 Das wahre Leben ist in dir; ppo_051.023 Dein Seyn, o Gott, daur't für und für, ppo_051.024 Dein Wesen nimmt kein Ende. ppo_051.025 Drum reiß' mich aus der Eitelkeit, ppo_051.026 Und scheid' ich einst aus dieser Zeit, ppo_051.027 Nimm mich in deine Hände. ppo_051.028 So werd' ich ewig vor dir stehn, ppo_051.029 Und, frei vom Tode, dich erhöhn!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/63
Zitationshilfe: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/63>, abgerufen am 18.05.2024.