Herrschaft ausübte, traf das Sprichwort bei ihr auch wört¬ lich ein.
Pauline wurde mit einer großen Düte. angefüllt mit Süßigkeiten, die sie in ihre Rocktasche versenken mußte -- damit "die Herrschaften nichts merkten" -- entlassen. Sie bekam auch Grüße für ihre Mutter mit, die sollte die Wirt¬ schafterin doch bald einmal besuchen. Eine Zofe, von denen es in diesem Hause eine Menge zu geben schien, wurde ange¬ wiesen, Pauline zur der Komtesse zu führen, deren Zimmer sich im ersten Stockwerke befand.
Pauline folgte dem Mädchen. Zunächst ging es durch die geräumige Haushalle. Ein Raum, der mit Waffen, Jagdtrophäen und allerhand fremdartigen bunten und blinkenden Gegenständen ausgestattet war. Dann die Treppe hinauf! Pauline fühlte ihren Fuß in weichen Teppichen versinken. Das rief ihr mit einemmale ihre früheren Besuche mit wunder¬ barer Deutlichkeit ins Gedächtnis zurück: dieses leichte, wohlige Gefühl, das der unter den Füßen nachgebende Pfühl giebt, das sie seit der Kinderzeit nicht wieder gehabt hatte.
Sie stand schließlich im Zimmer der Komtesse, ohne recht zu wissen, wie sie dahin gekommen.
Ida hatte an ihrem Schreibtisch gesessen. Sowie Pauline eintrat, erhob sie sich und kam auf das Mädchen zu. Heute, wo sie in ihrem eigenen Heim war, ohne Zeugen, umarmte die Komtesse die ehemalige Spielgefährtin. Dann rückte Ida einen Rohrsessel heran, auf den sich Pauline setzen mußte, sie selbst nahm neben ihr Platz.
Pauline blieb scheu und fühlte sich befangen, vielleicht gerade wegen des freundlichen Entgegenkommens der Komtesse.
Früher, als sie beide noch kleine Dinger gewesen waren, die mit einander getollt und in den Büschen des Parkes Verstecken gespielt hatten, war Pauline der anderen entschieden überlegen gewesen, nicht blos durch Körperkraft und Geschick¬ lichkeit, auch durch Findigkeit und Mutterwitz. Das Dorfkind, vor dessen Augen kein Geheimnis der Natur künstlich ver¬ borgen gehalten worden, war in tausend Dinge eingeweiht, die
Herrſchaft ausübte, traf das Sprichwort bei ihr auch wört¬ lich ein.
Pauline wurde mit einer großen Düte. angefüllt mit Süßigkeiten, die ſie in ihre Rocktaſche verſenken mußte — damit „die Herrſchaften nichts merkten“ — entlaſſen. Sie bekam auch Grüße für ihre Mutter mit, die ſollte die Wirt¬ ſchafterin doch bald einmal beſuchen. Eine Zofe, von denen es in dieſem Hauſe eine Menge zu geben ſchien, wurde ange¬ wieſen, Pauline zur der Komteſſe zu führen, deren Zimmer ſich im erſten Stockwerke befand.
Pauline folgte dem Mädchen. Zunächſt ging es durch die geräumige Haushalle. Ein Raum, der mit Waffen, Jagdtrophäen und allerhand fremdartigen bunten und blinkenden Gegenſtänden ausgeſtattet war. Dann die Treppe hinauf! Pauline fühlte ihren Fuß in weichen Teppichen verſinken. Das rief ihr mit einemmale ihre früheren Beſuche mit wunder¬ barer Deutlichkeit ins Gedächtnis zurück: dieſes leichte, wohlige Gefühl, das der unter den Füßen nachgebende Pfühl giebt, das ſie ſeit der Kinderzeit nicht wieder gehabt hatte.
Sie ſtand ſchließlich im Zimmer der Komteſſe, ohne recht zu wiſſen, wie ſie dahin gekommen.
Ida hatte an ihrem Schreibtiſch geſeſſen. Sowie Pauline eintrat, erhob ſie ſich und kam auf das Mädchen zu. Heute, wo ſie in ihrem eigenen Heim war, ohne Zeugen, umarmte die Komteſſe die ehemalige Spielgefährtin. Dann rückte Ida einen Rohrſeſſel heran, auf den ſich Pauline ſetzen mußte, ſie ſelbſt nahm neben ihr Platz.
Pauline blieb ſcheu und fühlte ſich befangen, vielleicht gerade wegen des freundlichen Entgegenkommens der Komteſſe.
Früher, als ſie beide noch kleine Dinger geweſen waren, die mit einander getollt und in den Büſchen des Parkes Verſtecken geſpielt hatten, war Pauline der anderen entſchieden überlegen geweſen, nicht blos durch Körperkraft und Geſchick¬ lichkeit, auch durch Findigkeit und Mutterwitz. Das Dorfkind, vor deſſen Augen kein Geheimnis der Natur künſtlich ver¬ borgen gehalten worden, war in tauſend Dinge eingeweiht, die
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Herrſchaft ausübte, traf das Sprichwort bei ihr auch wört¬
lich ein.
Pauline wurde mit einer großen Düte. angefüllt mit
Süßigkeiten, die ſie in ihre Rocktaſche verſenken mußte — damit
„die Herrſchaften nichts merkten“ — entlaſſen. Sie bekam
auch Grüße für ihre Mutter mit, die ſollte die Wirt¬
ſchafterin doch bald einmal beſuchen. Eine Zofe, von denen es
in dieſem Hauſe eine Menge zu geben ſchien, wurde ange¬
wieſen, Pauline zur der Komteſſe zu führen, deren Zimmer
ſich im erſten Stockwerke befand.
Pauline folgte dem Mädchen. Zunächſt ging es durch
die geräumige Haushalle. Ein Raum, der mit Waffen,
Jagdtrophäen und allerhand fremdartigen bunten und blinkenden
Gegenſtänden ausgeſtattet war. Dann die Treppe hinauf!
Pauline fühlte ihren Fuß in weichen Teppichen verſinken.
Das rief ihr mit einemmale ihre früheren Beſuche mit wunder¬
barer Deutlichkeit ins Gedächtnis zurück: dieſes leichte, wohlige
Gefühl, das der unter den Füßen nachgebende Pfühl giebt,
das ſie ſeit der Kinderzeit nicht wieder gehabt hatte.
Sie ſtand ſchließlich im Zimmer der Komteſſe, ohne recht
zu wiſſen, wie ſie dahin gekommen.
Ida hatte an ihrem Schreibtiſch geſeſſen. Sowie Pauline
eintrat, erhob ſie ſich und kam auf das Mädchen zu. Heute,
wo ſie in ihrem eigenen Heim war, ohne Zeugen, umarmte die
Komteſſe die ehemalige Spielgefährtin. Dann rückte Ida einen
Rohrſeſſel heran, auf den ſich Pauline ſetzen mußte, ſie ſelbſt
nahm neben ihr Platz.
Pauline blieb ſcheu und fühlte ſich befangen, vielleicht
gerade wegen des freundlichen Entgegenkommens der Komteſſe.
Früher, als ſie beide noch kleine Dinger geweſen waren,
die mit einander getollt und in den Büſchen des Parkes
Verſtecken geſpielt hatten, war Pauline der anderen entſchieden
überlegen geweſen, nicht blos durch Körperkraft und Geſchick¬
lichkeit, auch durch Findigkeit und Mutterwitz. Das Dorfkind,
vor deſſen Augen kein Geheimnis der Natur künſtlich ver¬
borgen gehalten worden, war in tauſend Dinge eingeweiht, die
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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/115>, abgerufen am 27.11.2024.
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