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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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Feder racht sein," fragte sie in einschmeichelndem Tone den
jungen Mann, um seine Gunst und Huld mit dem Lächeln
ihres alten zahnlosen Mundes buhlend. "Se missen entschul¬
d'gen, bei uns werd ne ofte wos geschrieb'n."

Edmund Schmeiß füllte eines der Formulare aus. Sowie
der Büttnerbauer seinen Namen darauf geschrieben hatte, zer¬
riß er das alte Accept und reichte dem Bauern die Stücken;
das sei nunmehr erledigt.

Dann ging er. In der Thür noch rief er. "Die Waren
erhalten Sie in der nächsten Zeit in Natura geliefert, Herr
Büttner. Natürlich prima! -- Empfehle mich."

Draußen auf der Dorfstraße erwartete ihn seine Freundin
mit Sehnsucht. Sie hatte inzwischen die Sehenswürdigkeiten
von Halbenau in Augenschein genommen: Kirche, Pfarre, Schule,
das Armenhaus, das Spritzenhaus. Weiter gab es nichts zu
sehen hier draußen. Die Gemeindepfütze war schmutzig von den
Gänsen, die dort Tag ein Tag aus ihr Wesen trieben, die
Häuser meist klein und ärmlich, die meisten nur mit Stroh
gedeckt. Und die Kinder, welche dort im Straßenstaube
spielten, ungekämmt und ungewaschen, mit laufenden Nasen,
waren nach Ansicht der Dame höchstens ekelhaft zu nennen.

Ein Paar Frauen kamen vom Felde herein. Breithacken
auf den Schultern, Henkelkörbe darüber. Junge Burschen
folgten. Schon von weitem faßte man die fremdartige Er¬
scheinung auf der Dorfgasse ins Auge. Die Mädchen steckten
tuschelnd die Köpfe zusammen, die Burschen lachten und stießen
jene an.

Die Städterin war entrüstet über die dörfische Zudring¬
lichkeit, und ließ den Schleier herab.

Nun kam der Trupp heran. Die jungen Männer blickten
der Fremden ins Gesicht, die Mädchen gingen mit unterdrücktem
Kichern vorbei. "Saht ack! Die hat a Mickennetze!" rief
jemand. Darauf allgemeines Gelächter.

Als Edmund Schmeiß die Freundin einholte, fand er sie
außer sich vor Empörung über die Rohheit des Dorfpacks.


Feder racht ſein,“ fragte ſie in einſchmeichelndem Tone den
jungen Mann, um ſeine Gunſt und Huld mit dem Lächeln
ihres alten zahnloſen Mundes buhlend. „Se miſſen entſchul¬
d'gen, bei uns werd ne ofte wos geſchrieb'n.“

Edmund Schmeiß füllte eines der Formulare aus. Sowie
der Büttnerbauer ſeinen Namen darauf geſchrieben hatte, zer¬
riß er das alte Accept und reichte dem Bauern die Stücken;
das ſei nunmehr erledigt.

Dann ging er. In der Thür noch rief er. „Die Waren
erhalten Sie in der nächſten Zeit in Natura geliefert, Herr
Büttner. Natürlich prima! — Empfehle mich.“

Draußen auf der Dorfſtraße erwartete ihn ſeine Freundin
mit Sehnſucht. Sie hatte inzwiſchen die Sehenswürdigkeiten
von Halbenau in Augenſchein genommen: Kirche, Pfarre, Schule,
das Armenhaus, das Spritzenhaus. Weiter gab es nichts zu
ſehen hier draußen. Die Gemeindepfütze war ſchmutzig von den
Gänſen, die dort Tag ein Tag aus ihr Weſen trieben, die
Häuſer meiſt klein und ärmlich, die meiſten nur mit Stroh
gedeckt. Und die Kinder, welche dort im Straßenſtaube
ſpielten, ungekämmt und ungewaſchen, mit laufenden Naſen,
waren nach Anſicht der Dame höchſtens ekelhaft zu nennen.

Ein Paar Frauen kamen vom Felde herein. Breithacken
auf den Schultern, Henkelkörbe darüber. Junge Burſchen
folgten. Schon von weitem faßte man die fremdartige Er¬
ſcheinung auf der Dorfgaſſe ins Auge. Die Mädchen ſteckten
tuſchelnd die Köpfe zuſammen, die Burſchen lachten und ſtießen
jene an.

Die Städterin war entrüſtet über die dörfiſche Zudring¬
lichkeit, und ließ den Schleier herab.

Nun kam der Trupp heran. Die jungen Männer blickten
der Fremden ins Geſicht, die Mädchen gingen mit unterdrücktem
Kichern vorbei. „Saht ack! Die hat a Mickennetze!“ rief
jemand. Darauf allgemeines Gelächter.

Als Edmund Schmeiß die Freundin einholte, fand er ſie
außer ſich vor Empörung über die Rohheit des Dorfpacks.


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[133/0147] Feder racht ſein,“ fragte ſie in einſchmeichelndem Tone den jungen Mann, um ſeine Gunſt und Huld mit dem Lächeln ihres alten zahnloſen Mundes buhlend. „Se miſſen entſchul¬ d'gen, bei uns werd ne ofte wos geſchrieb'n.“ Edmund Schmeiß füllte eines der Formulare aus. Sowie der Büttnerbauer ſeinen Namen darauf geſchrieben hatte, zer¬ riß er das alte Accept und reichte dem Bauern die Stücken; das ſei nunmehr erledigt. Dann ging er. In der Thür noch rief er. „Die Waren erhalten Sie in der nächſten Zeit in Natura geliefert, Herr Büttner. Natürlich prima! — Empfehle mich.“ Draußen auf der Dorfſtraße erwartete ihn ſeine Freundin mit Sehnſucht. Sie hatte inzwiſchen die Sehenswürdigkeiten von Halbenau in Augenſchein genommen: Kirche, Pfarre, Schule, das Armenhaus, das Spritzenhaus. Weiter gab es nichts zu ſehen hier draußen. Die Gemeindepfütze war ſchmutzig von den Gänſen, die dort Tag ein Tag aus ihr Weſen trieben, die Häuſer meiſt klein und ärmlich, die meiſten nur mit Stroh gedeckt. Und die Kinder, welche dort im Straßenſtaube ſpielten, ungekämmt und ungewaſchen, mit laufenden Naſen, waren nach Anſicht der Dame höchſtens ekelhaft zu nennen. Ein Paar Frauen kamen vom Felde herein. Breithacken auf den Schultern, Henkelkörbe darüber. Junge Burſchen folgten. Schon von weitem faßte man die fremdartige Er¬ ſcheinung auf der Dorfgaſſe ins Auge. Die Mädchen ſteckten tuſchelnd die Köpfe zuſammen, die Burſchen lachten und ſtießen jene an. Die Städterin war entrüſtet über die dörfiſche Zudring¬ lichkeit, und ließ den Schleier herab. Nun kam der Trupp heran. Die jungen Männer blickten der Fremden ins Geſicht, die Mädchen gingen mit unterdrücktem Kichern vorbei. „Saht ack! Die hat a Mickennetze!“ rief jemand. Darauf allgemeines Gelächter. Als Edmund Schmeiß die Freundin einholte, fand er ſie außer ſich vor Empörung über die Rohheit des Dorfpacks.

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/147>, abgerufen am 23.11.2024.