schmeichelhaft war, fühlte doch keine Veranlassung, dem Onkel zu widersprechen. Er kannte nur einen Wunsch, die Zusage von dem Alten zu erlangen; darum mußte man ihn bei guter Laune zu erhalten suchen. Er kam wieder auf sein Verlangen zurück.
Der Onkel klopfte ihm auf die Schulter, und lächelte ihn freundlich an. Er wolle sehen, was sich thun lasse, meinte er, und er sei nicht so einer, der seine Blutsverwandten im Stiche lasse; aber eine bindende Zusage gab er nicht. Er könne nichts Bestimmtes versprechen, erklärte er schließlich, von Gustav ge¬ drängt; da hätten noch andere ein Wort mitzusprechen.
Im Nebenzimmer hatte Gustav zwischendurch Stimmen gehört; wie es ihm klang: weibliche Stimmen. Und zwar schien sich eine ältere mit einer jüngeren Frauensperson zu unterhalten. Schließlich that sich die Thür auf, und in's Zimmer trat eine alte Frau, die Tante, wie Gustav richtig vermutete.
Sie war um einige Jahre älter als ihr Gatte. Die grauen Haare trug sie unter einer Morgenhaube mit lila Bändern. Sie musterte den fremden jungen Mann aus klei¬ nen Maulwurfsaugen neugierig spähend. Ihr altes verwelk¬ tes Gesicht nahm sofort einen beleidigten Ausdruck an, als sie vernahm, daß er ein Büttner aus Halbenau sei. Mit diesen Bauersleuten hatte sie nie etwas zu thun haben wollen. Sie würdigte den Neffen keiner Anrede, nahm den Gatten bei Seite und redete in ihn hinein, wispernd und hastig, mit einer Stimme, welche durch die Zahnlosigkeit so gut wie unverständlich wurde. Gustav konnte nicht verstehen, was sie sagte, er merkte nur an ihrem ganzen Benehmen, daß die Tante wenig zufrieden mit seiner Anwesenheit sei. Der Onkel schien sich vor ihr zu entschuldigen. Sein Wesen machte nicht mehr den zuversichtlichen Eindruck, wie zuvor. In ihrer Gegen¬ wart erschien er minder selbstbewußt, ja geradezu kleinlaut.
,Pfeift der Wind aus der Ecke!' dachte Gustav bei sich. Also, der Onkel war nicht Herr im eigenen Hause! Da mußte er freilich für das Gelingen seiner Pläne zittern.
Bald kamen auch noch die anderen Mitglieder der Fa¬
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ſchmeichelhaft war, fühlte doch keine Veranlaſſung, dem Onkel zu widerſprechen. Er kannte nur einen Wunſch, die Zuſage von dem Alten zu erlangen; darum mußte man ihn bei guter Laune zu erhalten ſuchen. Er kam wieder auf ſein Verlangen zurück.
Der Onkel klopfte ihm auf die Schulter, und lächelte ihn freundlich an. Er wolle ſehen, was ſich thun laſſe, meinte er, und er ſei nicht ſo einer, der ſeine Blutsverwandten im Stiche laſſe; aber eine bindende Zuſage gab er nicht. Er könne nichts Beſtimmtes verſprechen, erklärte er ſchließlich, von Guſtav ge¬ drängt; da hätten noch andere ein Wort mitzuſprechen.
Im Nebenzimmer hatte Guſtav zwiſchendurch Stimmen gehört; wie es ihm klang: weibliche Stimmen. Und zwar ſchien ſich eine ältere mit einer jüngeren Frauensperſon zu unterhalten. Schließlich that ſich die Thür auf, und in's Zimmer trat eine alte Frau, die Tante, wie Guſtav richtig vermutete.
Sie war um einige Jahre älter als ihr Gatte. Die grauen Haare trug ſie unter einer Morgenhaube mit lila Bändern. Sie muſterte den fremden jungen Mann aus klei¬ nen Maulwurfsaugen neugierig ſpähend. Ihr altes verwelk¬ tes Geſicht nahm ſofort einen beleidigten Ausdruck an, als ſie vernahm, daß er ein Büttner aus Halbenau ſei. Mit dieſen Bauersleuten hatte ſie nie etwas zu thun haben wollen. Sie würdigte den Neffen keiner Anrede, nahm den Gatten bei Seite und redete in ihn hinein, wiſpernd und haſtig, mit einer Stimme, welche durch die Zahnloſigkeit ſo gut wie unverſtändlich wurde. Guſtav konnte nicht verſtehen, was ſie ſagte, er merkte nur an ihrem ganzen Benehmen, daß die Tante wenig zufrieden mit ſeiner Anweſenheit ſei. Der Onkel ſchien ſich vor ihr zu entſchuldigen. Sein Weſen machte nicht mehr den zuverſichtlichen Eindruck, wie zuvor. In ihrer Gegen¬ wart erſchien er minder ſelbſtbewußt, ja geradezu kleinlaut.
‚Pfeift der Wind aus der Ecke!‛ dachte Guſtav bei ſich. Alſo, der Onkel war nicht Herr im eigenen Hauſe! Da mußte er freilich für das Gelingen ſeiner Pläne zittern.
Bald kamen auch noch die anderen Mitglieder der Fa¬
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ſchmeichelhaft war, fühlte doch keine Veranlaſſung, dem Onkel
zu widerſprechen. Er kannte nur einen Wunſch, die Zuſage
von dem Alten zu erlangen; darum mußte man ihn bei guter
Laune zu erhalten ſuchen. Er kam wieder auf ſein Verlangen
zurück.
Der Onkel klopfte ihm auf die Schulter, und lächelte ihn
freundlich an. Er wolle ſehen, was ſich thun laſſe, meinte er,
und er ſei nicht ſo einer, der ſeine Blutsverwandten im Stiche
laſſe; aber eine bindende Zuſage gab er nicht. Er könne nichts
Beſtimmtes verſprechen, erklärte er ſchließlich, von Guſtav ge¬
drängt; da hätten noch andere ein Wort mitzuſprechen.
Im Nebenzimmer hatte Guſtav zwiſchendurch Stimmen
gehört; wie es ihm klang: weibliche Stimmen. Und zwar
ſchien ſich eine ältere mit einer jüngeren Frauensperſon zu
unterhalten. Schließlich that ſich die Thür auf, und in's Zimmer
trat eine alte Frau, die Tante, wie Guſtav richtig vermutete.
Sie war um einige Jahre älter als ihr Gatte. Die
grauen Haare trug ſie unter einer Morgenhaube mit lila
Bändern. Sie muſterte den fremden jungen Mann aus klei¬
nen Maulwurfsaugen neugierig ſpähend. Ihr altes verwelk¬
tes Geſicht nahm ſofort einen beleidigten Ausdruck an, als
ſie vernahm, daß er ein Büttner aus Halbenau ſei. Mit
dieſen Bauersleuten hatte ſie nie etwas zu thun haben wollen.
Sie würdigte den Neffen keiner Anrede, nahm den Gatten
bei Seite und redete in ihn hinein, wiſpernd und haſtig, mit
einer Stimme, welche durch die Zahnloſigkeit ſo gut wie
unverſtändlich wurde. Guſtav konnte nicht verſtehen, was ſie
ſagte, er merkte nur an ihrem ganzen Benehmen, daß die
Tante wenig zufrieden mit ſeiner Anweſenheit ſei. Der Onkel
ſchien ſich vor ihr zu entſchuldigen. Sein Weſen machte nicht
mehr den zuverſichtlichen Eindruck, wie zuvor. In ihrer Gegen¬
wart erſchien er minder ſelbſtbewußt, ja geradezu kleinlaut.
‚Pfeift der Wind aus der Ecke!‛ dachte Guſtav bei ſich.
Alſo, der Onkel war nicht Herr im eigenen Hauſe! Da mußte
er freilich für das Gelingen ſeiner Pläne zittern.
Bald kamen auch noch die anderen Mitglieder der Fa¬
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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/193>, abgerufen am 04.12.2024.
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