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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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wenn man von Anfang an ein paar mehr mitbringe, als un¬
bedingt verlangt seien.

"Jetzt wollen wir mal die Reiseroute feststellen!" sagte
Zittwitz und nahm das Kursbuch zur Hand. "Sie reisen am
Montag früh. Die Gutsverwaltung hat schon geschrieben, daß
sie sehnlichst auf die Leute warte. Natürlich mit dem ersten
Zuge! Da können Sie Abends bereits in Welzleben sein. Ich
werde Sie anmelden, dann finden Sie jedenfalls Geschirr vom
Vorwerke auf dem Bahnhof. Sorgen Sie dafür, daß die
Mädel nicht zu viel Gepäck mitschleppen. Die möchten wo¬
möglich am liebsten das ganze Bett, Töpfe, Stühle, was weiß
ich alles, mitnehmen. Eine Lade und ein Federbett, das ist
das Äußerste, was gestattet wird. Überhaupt, den Frauen¬
zimmern halten Sie den Daumen aufs Auge, den Rat gebe
ich Ihnen. Ich bin früher selbst als Vorarbeiter gegangen.
Da muß man ein eisernes Regiment führen, am besten mit
dem Stocke, sonst hat man verspielt mit der Gesellschaft. Lumpen¬
pack ist es ja doch meistens, was so von zu Hause wegläuft!"

Was der Mann heute sagte, klang ganz anders, als was
Gustav bisher aus diesem Munde vernommen hatte. Über¬
haupt schien er an Freundlichkeit und Entgegenkommen be¬
deutend nachgelassen zu haben, seit er den Kontrakt mit den
Unterschriften in Händen hielt.

Gustav hatte kaum Zeit, über die Wandlung in dem
Wesen des Agenten nachzudenken, ihm ging im Kopfe herum,
was jener über den Termin der Abreise gesagt. So kurz hatte
er sich die Frist nicht gedacht. Auf den Sonntag war seine
Hochzeit angesetzt, am Tage darauf schon sollte es also fort
gehen! Das schien sehr kurz anberaumt, aber es war viel¬
leicht das Beste so. Ein rascher Abschied hatte auch sein
Gutes. Wozu das lange Hängen und Haften an den alten
Verhältnissen, die doch einmal aufgegeben werden mußten! --

Der Agent zeigte ihm die Reiselinie auf der Karte. Gustav
bat um Angabe der Zugverbindungen, die er sich aufschreiben
wollte.

"Und nun wollen wir mal das Reisegeld berechnen. Hin¬

wenn man von Anfang an ein paar mehr mitbringe, als un¬
bedingt verlangt ſeien.

„Jetzt wollen wir mal die Reiſeroute feſtſtellen!“ ſagte
Zittwitz und nahm das Kursbuch zur Hand. „Sie reiſen am
Montag früh. Die Gutsverwaltung hat ſchon geſchrieben, daß
ſie ſehnlichſt auf die Leute warte. Natürlich mit dem erſten
Zuge! Da können Sie Abends bereits in Welzleben ſein. Ich
werde Sie anmelden, dann finden Sie jedenfalls Geſchirr vom
Vorwerke auf dem Bahnhof. Sorgen Sie dafür, daß die
Mädel nicht zu viel Gepäck mitſchleppen. Die möchten wo¬
möglich am liebſten das ganze Bett, Töpfe, Stühle, was weiß
ich alles, mitnehmen. Eine Lade und ein Federbett, das iſt
das Äußerſte, was geſtattet wird. Überhaupt, den Frauen¬
zimmern halten Sie den Daumen aufs Auge, den Rat gebe
ich Ihnen. Ich bin früher ſelbſt als Vorarbeiter gegangen.
Da muß man ein eiſernes Regiment führen, am beſten mit
dem Stocke, ſonſt hat man verſpielt mit der Geſellſchaft. Lumpen¬
pack iſt es ja doch meiſtens, was ſo von zu Hauſe wegläuft!“

Was der Mann heute ſagte, klang ganz anders, als was
Guſtav bisher aus dieſem Munde vernommen hatte. Über¬
haupt ſchien er an Freundlichkeit und Entgegenkommen be¬
deutend nachgelaſſen zu haben, ſeit er den Kontrakt mit den
Unterſchriften in Händen hielt.

Guſtav hatte kaum Zeit, über die Wandlung in dem
Weſen des Agenten nachzudenken, ihm ging im Kopfe herum,
was jener über den Termin der Abreiſe geſagt. So kurz hatte
er ſich die Friſt nicht gedacht. Auf den Sonntag war ſeine
Hochzeit angeſetzt, am Tage darauf ſchon ſollte es alſo fort
gehen! Das ſchien ſehr kurz anberaumt, aber es war viel¬
leicht das Beſte ſo. Ein raſcher Abſchied hatte auch ſein
Gutes. Wozu das lange Hängen und Haften an den alten
Verhältniſſen, die doch einmal aufgegeben werden mußten! —

Der Agent zeigte ihm die Reiſelinie auf der Karte. Guſtav
bat um Angabe der Zugverbindungen, die er ſich aufſchreiben
wollte.

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[250/0264] wenn man von Anfang an ein paar mehr mitbringe, als un¬ bedingt verlangt ſeien. „Jetzt wollen wir mal die Reiſeroute feſtſtellen!“ ſagte Zittwitz und nahm das Kursbuch zur Hand. „Sie reiſen am Montag früh. Die Gutsverwaltung hat ſchon geſchrieben, daß ſie ſehnlichſt auf die Leute warte. Natürlich mit dem erſten Zuge! Da können Sie Abends bereits in Welzleben ſein. Ich werde Sie anmelden, dann finden Sie jedenfalls Geſchirr vom Vorwerke auf dem Bahnhof. Sorgen Sie dafür, daß die Mädel nicht zu viel Gepäck mitſchleppen. Die möchten wo¬ möglich am liebſten das ganze Bett, Töpfe, Stühle, was weiß ich alles, mitnehmen. Eine Lade und ein Federbett, das iſt das Äußerſte, was geſtattet wird. Überhaupt, den Frauen¬ zimmern halten Sie den Daumen aufs Auge, den Rat gebe ich Ihnen. Ich bin früher ſelbſt als Vorarbeiter gegangen. Da muß man ein eiſernes Regiment führen, am beſten mit dem Stocke, ſonſt hat man verſpielt mit der Geſellſchaft. Lumpen¬ pack iſt es ja doch meiſtens, was ſo von zu Hauſe wegläuft!“ Was der Mann heute ſagte, klang ganz anders, als was Guſtav bisher aus dieſem Munde vernommen hatte. Über¬ haupt ſchien er an Freundlichkeit und Entgegenkommen be¬ deutend nachgelaſſen zu haben, ſeit er den Kontrakt mit den Unterſchriften in Händen hielt. Guſtav hatte kaum Zeit, über die Wandlung in dem Weſen des Agenten nachzudenken, ihm ging im Kopfe herum, was jener über den Termin der Abreiſe geſagt. So kurz hatte er ſich die Friſt nicht gedacht. Auf den Sonntag war ſeine Hochzeit angeſetzt, am Tage darauf ſchon ſollte es alſo fort gehen! Das ſchien ſehr kurz anberaumt, aber es war viel¬ leicht das Beſte ſo. Ein raſcher Abſchied hatte auch ſein Gutes. Wozu das lange Hängen und Haften an den alten Verhältniſſen, die doch einmal aufgegeben werden mußten! — Der Agent zeigte ihm die Reiſelinie auf der Karte. Guſtav bat um Angabe der Zugverbindungen, die er ſich aufſchreiben wollte. „Und nun wollen wir mal das Reiſegeld berechnen. Hin¬

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/264>, abgerufen am 24.11.2024.