und Rückfahrt haben Sie nämlich frei mit Ihren Leuten, natürlich vierter Klasse! Das ist ein weiteres gutes Geschäft das Sie machen." Gustav dachte bei sich, daß das eigentlich selbstverständlich sei; sagte aber nichts. -- Der Agent be¬ rechnete die Billetpreise, und händigte Gustav das Geld gegen Quittung aus.
"Nun wären wir eigentlich fertig!" sagte der Mann. "Halt! noch eins! Was haben Sie sich denn an Bindegeld von den Leuten geben lassen?"
Gustav erwiederte mit einigem Befremden, daß er sich nichts habe geben lassen; die Leute, die er angeworben hätte, besäßen ja nichts, oder so gut, wie nichts.
Es sei üblich, meinte Zittwitz, mit überlegenem Lächeln, sich für das Anwerben ein Handgeld geben zu lassen. Umsonst sei auf der Welt nichts und für seine Bemühungen wolle man doch auch einen Lohn haben. Dann sagte er -- und be¬ beobachtete dabei Gustavs Mienenspiel scharf -- das Kauf¬ geld für den Kontrakt wolle er ihm bis zum nächsten Monate stunden, wo er es ihm von seinem Vorarbeitergehalte abzahlen möge.
Gustav sah den Agenten verdutzt an, ob dieser Rede. Der erwiederte den Blick des jungen Mannes mit Kälte. Er ver¬ stehe wohl nicht recht, meinte Gustav; von irgend einer Be¬ zahlung, die er zu leisten habe, sei doch vorher nicht die Rede gewesen.
"Weil das ganz selbstverständlich ist, mein Lieber!" rief Zittwitz mit einer ungeduldigen Bewegung. "Denken Sie denn ich schinde mich für nichts und wieder nichts ab! fahre auf den Dörfern herum! lasse mich von den Leuten ärgern, und stecke alle mögliche dummen Redensarten ein." Dabei warf er Gustav einen feindlichen, nicht mißzuverstehenden Seitenblick zu. Er hatte den Vorfall im Kretscham von Halbenau also doch nicht vergessen, vielweniger vergeben. -- "Nein, mein Lieber! Ich verlange meine Provision. Das ist Geschäftsusance; so nennt man das. Daran ist gebunden, wer mit uns handeln will. Da muß man sich eben vorher erkundigen. In's Maul
und Rückfahrt haben Sie nämlich frei mit Ihren Leuten, natürlich vierter Klaſſe! Das iſt ein weiteres gutes Geſchäft das Sie machen.“ Guſtav dachte bei ſich, daß das eigentlich ſelbſtverſtändlich ſei; ſagte aber nichts. — Der Agent be¬ rechnete die Billetpreiſe, und händigte Guſtav das Geld gegen Quittung aus.
„Nun wären wir eigentlich fertig!“ ſagte der Mann. „Halt! noch eins! Was haben Sie ſich denn an Bindegeld von den Leuten geben laſſen?“
Guſtav erwiederte mit einigem Befremden, daß er ſich nichts habe geben laſſen; die Leute, die er angeworben hätte, beſäßen ja nichts, oder ſo gut, wie nichts.
Es ſei üblich, meinte Zittwitz, mit überlegenem Lächeln, ſich für das Anwerben ein Handgeld geben zu laſſen. Umſonſt ſei auf der Welt nichts und für ſeine Bemühungen wolle man doch auch einen Lohn haben. Dann ſagte er — und be¬ beobachtete dabei Guſtavs Mienenſpiel ſcharf — das Kauf¬ geld für den Kontrakt wolle er ihm bis zum nächſten Monate ſtunden, wo er es ihm von ſeinem Vorarbeitergehalte abzahlen möge.
Guſtav ſah den Agenten verdutzt an, ob dieſer Rede. Der erwiederte den Blick des jungen Mannes mit Kälte. Er ver¬ ſtehe wohl nicht recht, meinte Guſtav; von irgend einer Be¬ zahlung, die er zu leiſten habe, ſei doch vorher nicht die Rede geweſen.
„Weil das ganz ſelbſtverſtändlich iſt, mein Lieber!“ rief Zittwitz mit einer ungeduldigen Bewegung. „Denken Sie denn ich ſchinde mich für nichts und wieder nichts ab! fahre auf den Dörfern herum! laſſe mich von den Leuten ärgern, und ſtecke alle mögliche dummen Redensarten ein.“ Dabei warf er Guſtav einen feindlichen, nicht mißzuverſtehenden Seitenblick zu. Er hatte den Vorfall im Kretſcham von Halbenau alſo doch nicht vergeſſen, vielweniger vergeben. — „Nein, mein Lieber! Ich verlange meine Proviſion. Das iſt Geſchäftsuſance; ſo nennt man das. Daran iſt gebunden, wer mit uns handeln will. Da muß man ſich eben vorher erkundigen. In's Maul
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und Rückfahrt haben Sie nämlich frei mit Ihren Leuten,
natürlich vierter Klaſſe! Das iſt ein weiteres gutes Geſchäft
das Sie machen.“ Guſtav dachte bei ſich, daß das eigentlich
ſelbſtverſtändlich ſei; ſagte aber nichts. — Der Agent be¬
rechnete die Billetpreiſe, und händigte Guſtav das Geld gegen
Quittung aus.
„Nun wären wir eigentlich fertig!“ ſagte der Mann.
„Halt! noch eins! Was haben Sie ſich denn an Bindegeld
von den Leuten geben laſſen?“
Guſtav erwiederte mit einigem Befremden, daß er ſich
nichts habe geben laſſen; die Leute, die er angeworben hätte,
beſäßen ja nichts, oder ſo gut, wie nichts.
Es ſei üblich, meinte Zittwitz, mit überlegenem Lächeln,
ſich für das Anwerben ein Handgeld geben zu laſſen. Umſonſt
ſei auf der Welt nichts und für ſeine Bemühungen wolle
man doch auch einen Lohn haben. Dann ſagte er — und be¬
beobachtete dabei Guſtavs Mienenſpiel ſcharf — das Kauf¬
geld für den Kontrakt wolle er ihm bis zum nächſten Monate
ſtunden, wo er es ihm von ſeinem Vorarbeitergehalte abzahlen
möge.
Guſtav ſah den Agenten verdutzt an, ob dieſer Rede. Der
erwiederte den Blick des jungen Mannes mit Kälte. Er ver¬
ſtehe wohl nicht recht, meinte Guſtav; von irgend einer Be¬
zahlung, die er zu leiſten habe, ſei doch vorher nicht die Rede
geweſen.
„Weil das ganz ſelbſtverſtändlich iſt, mein Lieber!“ rief
Zittwitz mit einer ungeduldigen Bewegung. „Denken Sie denn
ich ſchinde mich für nichts und wieder nichts ab! fahre auf
den Dörfern herum! laſſe mich von den Leuten ärgern, und
ſtecke alle mögliche dummen Redensarten ein.“ Dabei warf er
Guſtav einen feindlichen, nicht mißzuverſtehenden Seitenblick zu.
Er hatte den Vorfall im Kretſcham von Halbenau alſo doch
nicht vergeſſen, vielweniger vergeben. — „Nein, mein Lieber!
Ich verlange meine Proviſion. Das iſt Geſchäftsuſance; ſo
nennt man das. Daran iſt gebunden, wer mit uns handeln
will. Da muß man ſich eben vorher erkundigen. In's Maul
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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/265>, abgerufen am 24.11.2024.
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