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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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sich an Sie halten von beiden Seiten. Es giebt in unserem
Gesetz ein Wörtchen das heißt: ,Kontraktbruch'; das wird be¬
kanntlich streng geahndet."

Gustav war nicht im Stande, diese Behauptung zu wider¬
legen. Er fühlte, ohne es beweisen zu können, daß er im
Recht und jener im Unrecht sei. Aber, bei dem, was in letzter
Zeit seinem eigenen Vater widerfahren, lag das Recht so
deutlich auf Seite des Unterliegenden, und das Unrecht auf
Seite des Siegers -- und trotzdem nahmen Samuel Harrassowitz
und Ernst Kaschel das Gesetz für sich in Anspruch, während
es den Bauern im Stiche zu lassen schien -- daß sich bei dem
jungen Manne alle Begriffe von Gesetzlichkeit und Gerechtig¬
keit zu verwirren drohten. Das Recht war wohl nur denen
etwas nütze, die es zu verdrehen verstanden!

Der Agent hatte sich wieder seiner Arbeit zugewandt. Er
ließ Gustav in den bittersten Gedanken stehen und warten.
Sollte er's darauf ankommen lassen, ob jener es wirklich so
weit treiben würde, ihn wegen Kontraktbruchs zu belangen?
Die Sorge, sich vor dem Gesetze schuldig zu machen, war
es weniger, die ihn bedrückte, als das Gefühl der Ver¬
pflichtung denen gegenüber, die sich ihm verdungen hatten.
Wie sollte er vor diesen bestehen? Was wäre das für eine
Schande gewesen vor dem ganzen Dorfe, wenn er jetzt die
Flinte ins Korn warf Und zu alledem, war er denn
dann nicht wieder brotlos, ohne Stellung und Beschäftigung.
Traurig genug! Aber, es war so! es blieb ihm keine Wahl;
er mußte sich den Bedingungen fügen, die ihm der Agent
vorschrieb.

"Wie steht's, Büttner?" fragte Zittwitz, gelegentlich von
seiner Korrespondenz aufblickend, nicht ohne Spott im Ton.
"Sind Sie noch nicht im Reinen mit sich? Die Sache wird
durch's Überlegen nicht anders."

Gustav drehte seine Mütze in der Hand und blickte vor
sich, zu Boden.

"Fünf Mark pro Kopf! Die Hälfte zu Johanni, die
andere zu Martini. Billiger kann ich's nicht machen. Also,

ſich an Sie halten von beiden Seiten. Es giebt in unſerem
Geſetz ein Wörtchen das heißt: ‚Kontraktbruch‛; das wird be¬
kanntlich ſtreng geahndet.“

Guſtav war nicht im Stande, dieſe Behauptung zu wider¬
legen. Er fühlte, ohne es beweiſen zu können, daß er im
Recht und jener im Unrecht ſei. Aber, bei dem, was in letzter
Zeit ſeinem eigenen Vater widerfahren, lag das Recht ſo
deutlich auf Seite des Unterliegenden, und das Unrecht auf
Seite des Siegers — und trotzdem nahmen Samuel Harraſſowitz
und Ernſt Kaſchel das Geſetz für ſich in Anſpruch, während
es den Bauern im Stiche zu laſſen ſchien — daß ſich bei dem
jungen Manne alle Begriffe von Geſetzlichkeit und Gerechtig¬
keit zu verwirren drohten. Das Recht war wohl nur denen
etwas nütze, die es zu verdrehen verſtanden!

Der Agent hatte ſich wieder ſeiner Arbeit zugewandt. Er
ließ Guſtav in den bitterſten Gedanken ſtehen und warten.
Sollte er's darauf ankommen laſſen, ob jener es wirklich ſo
weit treiben würde, ihn wegen Kontraktbruchs zu belangen?
Die Sorge, ſich vor dem Geſetze ſchuldig zu machen, war
es weniger, die ihn bedrückte, als das Gefühl der Ver¬
pflichtung denen gegenüber, die ſich ihm verdungen hatten.
Wie ſollte er vor dieſen beſtehen? Was wäre das für eine
Schande geweſen vor dem ganzen Dorfe, wenn er jetzt die
Flinte ins Korn warf Und zu alledem, war er denn
dann nicht wieder brotlos, ohne Stellung und Beſchäftigung.
Traurig genug! Aber, es war ſo! es blieb ihm keine Wahl;
er mußte ſich den Bedingungen fügen, die ihm der Agent
vorſchrieb.

„Wie ſteht's, Büttner?“ fragte Zittwitz, gelegentlich von
ſeiner Korreſpondenz aufblickend, nicht ohne Spott im Ton.
„Sind Sie noch nicht im Reinen mit ſich? Die Sache wird
durch's Überlegen nicht anders.“

Guſtav drehte ſeine Mütze in der Hand und blickte vor
ſich, zu Boden.

„Fünf Mark pro Kopf! Die Hälfte zu Johanni, die
andere zu Martini. Billiger kann ich's nicht machen. Alſo,

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[253/0267] ſich an Sie halten von beiden Seiten. Es giebt in unſerem Geſetz ein Wörtchen das heißt: ‚Kontraktbruch‛; das wird be¬ kanntlich ſtreng geahndet.“ Guſtav war nicht im Stande, dieſe Behauptung zu wider¬ legen. Er fühlte, ohne es beweiſen zu können, daß er im Recht und jener im Unrecht ſei. Aber, bei dem, was in letzter Zeit ſeinem eigenen Vater widerfahren, lag das Recht ſo deutlich auf Seite des Unterliegenden, und das Unrecht auf Seite des Siegers — und trotzdem nahmen Samuel Harraſſowitz und Ernſt Kaſchel das Geſetz für ſich in Anſpruch, während es den Bauern im Stiche zu laſſen ſchien — daß ſich bei dem jungen Manne alle Begriffe von Geſetzlichkeit und Gerechtig¬ keit zu verwirren drohten. Das Recht war wohl nur denen etwas nütze, die es zu verdrehen verſtanden! Der Agent hatte ſich wieder ſeiner Arbeit zugewandt. Er ließ Guſtav in den bitterſten Gedanken ſtehen und warten. Sollte er's darauf ankommen laſſen, ob jener es wirklich ſo weit treiben würde, ihn wegen Kontraktbruchs zu belangen? Die Sorge, ſich vor dem Geſetze ſchuldig zu machen, war es weniger, die ihn bedrückte, als das Gefühl der Ver¬ pflichtung denen gegenüber, die ſich ihm verdungen hatten. Wie ſollte er vor dieſen beſtehen? Was wäre das für eine Schande geweſen vor dem ganzen Dorfe, wenn er jetzt die Flinte ins Korn warf Und zu alledem, war er denn dann nicht wieder brotlos, ohne Stellung und Beſchäftigung. Traurig genug! Aber, es war ſo! es blieb ihm keine Wahl; er mußte ſich den Bedingungen fügen, die ihm der Agent vorſchrieb. „Wie ſteht's, Büttner?“ fragte Zittwitz, gelegentlich von ſeiner Korreſpondenz aufblickend, nicht ohne Spott im Ton. „Sind Sie noch nicht im Reinen mit ſich? Die Sache wird durch's Überlegen nicht anders.“ Guſtav drehte ſeine Mütze in der Hand und blickte vor ſich, zu Boden. „Fünf Mark pro Kopf! Die Hälfte zu Johanni, die andere zu Martini. Billiger kann ich's nicht machen. Alſo,

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/267>, abgerufen am 24.11.2024.