er Paulinen ja auch die Ehe versprochen. Und wenn er sie so ansah, wie sie hier schaltete und waltete, sauber und nett, geschickt, sorgsam und dabei immer freundlich und voll guten Mutes, da konnte ihm der Gedanke einer Heirat schon gefallen. Daß sie ein durch und durch braves Mädel sei, das wußte er ja.
Aber, überhaupt heiraten! Er dachte an das Elend der meisten Unteroffiziersehen. Da hätte man sich ja schütteln mögen bei dem bloßen Gedanken.
Und dann gab es da noch eins: er hätte mit verschie¬ denen Frauenzimmern in der Garnison brechen müssen. -- Das alles machte ihm den Kopf schwer. --
Pauline fing jetzt an, von ihren eigenen Angelegenheiten zu sprechen, sie erzählte, wie einsam und traurig der letzte Winter für sie gewesen sei, die Mutter wochenlang bettlägerig, dazu kein Geld im Hause, kein Mann in der Nähe, der ihnen geholfen hätte. Sie selbst durch die Pflege des Kindes abge¬ halten, viel zu schaffen. Und zu alledem habe er nichts mehr von sich hören lassen. Was er denn eigentlich gehabt habe gegen sie, verlangte das Mädchen von neuem zu wissen. Er wich der Antwort aus, fragte seinerseits, warum sie denn gar nicht mehr aufs Rittergut zur Arbeit gegangen sei.
Das habe seinen guten Grund, erklärte sie, und sprach auf einmal mit gedämpfter Stimme, als fürchte sie, das Kind könne etwas verstehen. Der Eleve dort, habe sich Unan¬ ständigkeiten gegen sie erlaubt, deshalb sei sie lieber aus der Arbeit fortgeblieben, obgleich sie den Verdienst schwer ver¬ mißt hätte.
Gustav horchte auf. Das war ja gerade die Geschichte, über die er gern etwas Genaueres erfahren hätte. Mit diesen Ele¬ ven nämlich hatte man ihm das Mädchen verdächtigt. Er forschte weiter: Was hatte sie mit dem Menschen gehabt, wie weit war er gegangen?
Pauline zeigte sich im Innersten erregt, als diese Dinge zur Sprache kamen. Sie sprach in den schärfsten Ausdrücken über den jungen Herrn, der seine Stellung ausgenutzt hatte, ihr in zudringlicher Weise Anträge zu machen. Mehr noch als
er Paulinen ja auch die Ehe verſprochen. Und wenn er ſie ſo anſah, wie ſie hier ſchaltete und waltete, ſauber und nett, geſchickt, ſorgſam und dabei immer freundlich und voll guten Mutes, da konnte ihm der Gedanke einer Heirat ſchon gefallen. Daß ſie ein durch und durch braves Mädel ſei, das wußte er ja.
Aber, überhaupt heiraten! Er dachte an das Elend der meiſten Unteroffiziersehen. Da hätte man ſich ja ſchütteln mögen bei dem bloßen Gedanken.
Und dann gab es da noch eins: er hätte mit verſchie¬ denen Frauenzimmern in der Garniſon brechen müſſen. — Das alles machte ihm den Kopf ſchwer. —
Pauline fing jetzt an, von ihren eigenen Angelegenheiten zu ſprechen, ſie erzählte, wie einſam und traurig der letzte Winter für ſie geweſen ſei, die Mutter wochenlang bettlägerig, dazu kein Geld im Hauſe, kein Mann in der Nähe, der ihnen geholfen hätte. Sie ſelbſt durch die Pflege des Kindes abge¬ halten, viel zu ſchaffen. Und zu alledem habe er nichts mehr von ſich hören laſſen. Was er denn eigentlich gehabt habe gegen ſie, verlangte das Mädchen von neuem zu wiſſen. Er wich der Antwort aus, fragte ſeinerſeits, warum ſie denn gar nicht mehr aufs Rittergut zur Arbeit gegangen ſei.
Das habe ſeinen guten Grund, erklärte ſie, und ſprach auf einmal mit gedämpfter Stimme, als fürchte ſie, das Kind könne etwas verſtehen. Der Eleve dort, habe ſich Unan¬ ſtändigkeiten gegen ſie erlaubt, deshalb ſei ſie lieber aus der Arbeit fortgeblieben, obgleich ſie den Verdienſt ſchwer ver¬ mißt hätte.
Guſtav horchte auf. Das war ja gerade die Geſchichte, über die er gern etwas Genaueres erfahren hätte. Mit dieſen Ele¬ ven nämlich hatte man ihm das Mädchen verdächtigt. Er forſchte weiter: Was hatte ſie mit dem Menſchen gehabt, wie weit war er gegangen?
Pauline zeigte ſich im Innerſten erregt, als dieſe Dinge zur Sprache kamen. Sie ſprach in den ſchärfſten Ausdrücken über den jungen Herrn, der ſeine Stellung ausgenutzt hatte, ihr in zudringlicher Weiſe Anträge zu machen. Mehr noch als
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[13/0027]
er Paulinen ja auch die Ehe verſprochen. Und wenn er ſie
ſo anſah, wie ſie hier ſchaltete und waltete, ſauber und nett,
geſchickt, ſorgſam und dabei immer freundlich und voll guten
Mutes, da konnte ihm der Gedanke einer Heirat ſchon gefallen.
Daß ſie ein durch und durch braves Mädel ſei, das wußte er ja.
Aber, überhaupt heiraten! Er dachte an das Elend der
meiſten Unteroffiziersehen. Da hätte man ſich ja ſchütteln
mögen bei dem bloßen Gedanken.
Und dann gab es da noch eins: er hätte mit verſchie¬
denen Frauenzimmern in der Garniſon brechen müſſen. —
Das alles machte ihm den Kopf ſchwer. —
Pauline fing jetzt an, von ihren eigenen Angelegenheiten
zu ſprechen, ſie erzählte, wie einſam und traurig der letzte
Winter für ſie geweſen ſei, die Mutter wochenlang bettlägerig,
dazu kein Geld im Hauſe, kein Mann in der Nähe, der ihnen
geholfen hätte. Sie ſelbſt durch die Pflege des Kindes abge¬
halten, viel zu ſchaffen. Und zu alledem habe er nichts mehr
von ſich hören laſſen. Was er denn eigentlich gehabt habe
gegen ſie, verlangte das Mädchen von neuem zu wiſſen. Er
wich der Antwort aus, fragte ſeinerſeits, warum ſie denn gar
nicht mehr aufs Rittergut zur Arbeit gegangen ſei.
Das habe ſeinen guten Grund, erklärte ſie, und ſprach
auf einmal mit gedämpfter Stimme, als fürchte ſie, das
Kind könne etwas verſtehen. Der Eleve dort, habe ſich Unan¬
ſtändigkeiten gegen ſie erlaubt, deshalb ſei ſie lieber aus der
Arbeit fortgeblieben, obgleich ſie den Verdienſt ſchwer ver¬
mißt hätte.
Guſtav horchte auf. Das war ja gerade die Geſchichte,
über die er gern etwas Genaueres erfahren hätte. Mit dieſen Ele¬
ven nämlich hatte man ihm das Mädchen verdächtigt. Er forſchte
weiter: Was hatte ſie mit dem Menſchen gehabt, wie weit war
er gegangen?
Pauline zeigte ſich im Innerſten erregt, als dieſe Dinge
zur Sprache kamen. Sie ſprach in den ſchärfſten Ausdrücken
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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/27>, abgerufen am 21.11.2024.
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