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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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Planes von winzigen Fleckchen und Streifchen, wie es die
Sachsengänger von ihrer Heimat her gewöhnt waren, breitete
sich hier das Zuckerrübenfeld mit den endlosen Reihen der
gedrillten Rübenpflänzchen; giftgrüne Streifen auf dunkel¬
braunem Untergrunde.

Und nun erst die Bestellung! Spatenarbeit kannte man
hier nicht, der Handpflug war an vielen Stellen vom Dampf¬
pfluge verdrängt. Das Getreide wurde mit der Dampfmaschine
ausgedroschen, die Saaten mit der Drillmaschine bestellt. Und
in der Wirtschaft war auch alles nach neuestem Zuschnitt.
Das Rindvieh bekam Rübenschnitzel als Futter. Trotz der
vielen Kühe und großartigen Ställe, war die Milchwirtschaft
doch nur unbedeutend. Das Vieh kam von auswärts in großen
Transporten herein und stand nur zur Mast da. Kälber
wurden nicht angebunden. Nur des Düngers wegen schien
man Rindvieh zu halten.

Und die Dörfer! Da kam man sich vor, wie in der Stadt.
Die Häuser eng bei einander, den Nachbarn gleichend, wie
ein Ei dem anderen, weißgetüncht, kahl, mit Ziegeln abge¬
deckt. Kein Fachwerk, keine Holzgallerie, kein Strohdach.
Hin und wieder war einmal der Ansatz zu einem Gärtchen
zu erblicken, hinter steifem Staketenzaune. Der Grasgarten,
die Obstbäume, die der ärmste Häusler des Ostens gern
um sein Anwesen hat, fehlten ganz. Und wo waren die
Düngerstätten, das Göpelwerk, der Taubenschlag, die Enten¬
pfütze? Diese Menschen hier nannten keine Kuh, kein Schwein,
kein Federvieh ihr eigen.

Dabei schien es hier eigentliche Armut nicht zu geben.
Die Leute ließen sich nichts abgehen. Sie gingen einher in
städtischer Kleidung. Bloße Waden gab's hier freilich nicht
zu sehen; selbst die Kinder liefen nicht barfuß.

Die wenigen Bauern waren große Herren. Sie ritten
und fuhren einher, wie die Rittergutsbesitzer, wohnten in großen
stattlichen Häusern und schickten ihre Kinder zur Schule in
die Stadt. Wenn sie untereinander waren, redeten sie sich
mit "Sie" an, und an einem Tische mit seinem Gesinde

Planes von winzigen Fleckchen und Streifchen, wie es die
Sachſengänger von ihrer Heimat her gewöhnt waren, breitete
ſich hier das Zuckerrübenfeld mit den endloſen Reihen der
gedrillten Rübenpflänzchen; giftgrüne Streifen auf dunkel¬
braunem Untergrunde.

Und nun erſt die Beſtellung! Spatenarbeit kannte man
hier nicht, der Handpflug war an vielen Stellen vom Dampf¬
pfluge verdrängt. Das Getreide wurde mit der Dampfmaſchine
ausgedroſchen, die Saaten mit der Drillmaſchine beſtellt. Und
in der Wirtſchaft war auch alles nach neueſtem Zuſchnitt.
Das Rindvieh bekam Rübenſchnitzel als Futter. Trotz der
vielen Kühe und großartigen Ställe, war die Milchwirtſchaft
doch nur unbedeutend. Das Vieh kam von auswärts in großen
Transporten herein und ſtand nur zur Maſt da. Kälber
wurden nicht angebunden. Nur des Düngers wegen ſchien
man Rindvieh zu halten.

Und die Dörfer! Da kam man ſich vor, wie in der Stadt.
Die Häuſer eng bei einander, den Nachbarn gleichend, wie
ein Ei dem anderen, weißgetüncht, kahl, mit Ziegeln abge¬
deckt. Kein Fachwerk, keine Holzgallerie, kein Strohdach.
Hin und wieder war einmal der Anſatz zu einem Gärtchen
zu erblicken, hinter ſteifem Staketenzaune. Der Grasgarten,
die Obſtbäume, die der ärmſte Häusler des Oſtens gern
um ſein Anweſen hat, fehlten ganz. Und wo waren die
Düngerſtätten, das Göpelwerk, der Taubenſchlag, die Enten¬
pfütze? Dieſe Menſchen hier nannten keine Kuh, kein Schwein,
kein Federvieh ihr eigen.

Dabei ſchien es hier eigentliche Armut nicht zu geben.
Die Leute ließen ſich nichts abgehen. Sie gingen einher in
ſtädtiſcher Kleidung. Bloße Waden gab's hier freilich nicht
zu ſehen; ſelbſt die Kinder liefen nicht barfuß.

Die wenigen Bauern waren große Herren. Sie ritten
und fuhren einher, wie die Rittergutsbeſitzer, wohnten in großen
ſtattlichen Häuſern und ſchickten ihre Kinder zur Schule in
die Stadt. Wenn ſie untereinander waren, redeten ſie ſich
mit „Sie“ an, und an einem Tiſche mit ſeinem Geſinde

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[284/0298] Planes von winzigen Fleckchen und Streifchen, wie es die Sachſengänger von ihrer Heimat her gewöhnt waren, breitete ſich hier das Zuckerrübenfeld mit den endloſen Reihen der gedrillten Rübenpflänzchen; giftgrüne Streifen auf dunkel¬ braunem Untergrunde. Und nun erſt die Beſtellung! Spatenarbeit kannte man hier nicht, der Handpflug war an vielen Stellen vom Dampf¬ pfluge verdrängt. Das Getreide wurde mit der Dampfmaſchine ausgedroſchen, die Saaten mit der Drillmaſchine beſtellt. Und in der Wirtſchaft war auch alles nach neueſtem Zuſchnitt. Das Rindvieh bekam Rübenſchnitzel als Futter. Trotz der vielen Kühe und großartigen Ställe, war die Milchwirtſchaft doch nur unbedeutend. Das Vieh kam von auswärts in großen Transporten herein und ſtand nur zur Maſt da. Kälber wurden nicht angebunden. Nur des Düngers wegen ſchien man Rindvieh zu halten. Und die Dörfer! Da kam man ſich vor, wie in der Stadt. Die Häuſer eng bei einander, den Nachbarn gleichend, wie ein Ei dem anderen, weißgetüncht, kahl, mit Ziegeln abge¬ deckt. Kein Fachwerk, keine Holzgallerie, kein Strohdach. Hin und wieder war einmal der Anſatz zu einem Gärtchen zu erblicken, hinter ſteifem Staketenzaune. Der Grasgarten, die Obſtbäume, die der ärmſte Häusler des Oſtens gern um ſein Anweſen hat, fehlten ganz. Und wo waren die Düngerſtätten, das Göpelwerk, der Taubenſchlag, die Enten¬ pfütze? Dieſe Menſchen hier nannten keine Kuh, kein Schwein, kein Federvieh ihr eigen. Dabei ſchien es hier eigentliche Armut nicht zu geben. Die Leute ließen ſich nichts abgehen. Sie gingen einher in ſtädtiſcher Kleidung. Bloße Waden gab's hier freilich nicht zu ſehen; ſelbſt die Kinder liefen nicht barfuß. Die wenigen Bauern waren große Herren. Sie ritten und fuhren einher, wie die Rittergutsbeſitzer, wohnten in großen ſtattlichen Häuſern und ſchickten ihre Kinder zur Schule in die Stadt. Wenn ſie untereinander waren, redeten ſie ſich mit „Sie“ an, und an einem Tiſche mit ſeinem Geſinde

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/298>, abgerufen am 22.11.2024.