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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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längere Zeit bedacht, ob er das Schwesternpaar mitnehmen
solle. Aber sie hatten die heiligsten Versprechungen gegeben,
sich gut aufführen zu wollen. Jetzt fanden sie alles schlecht:
die Wohnung, das Essen. Die Arbeit war ihnen zu viel.
Als Gustav sie etwas scharf 'rannahm, verschwanden sie in
einer Kammer und schlossen die Thür hinter sich zu. Da
blieben sie und kamen nicht zur Arbeit. Gustav war ratlos.
Männer zu kommandieren, das hatte er als Unteroffizier
gelernt, aber mit widerspenstigen Frauenzimmern fertig wer¬
den, das war noch ein ander Ding. Pauline konnte ihm
dabei nicht helfen, sie war zu weich, um ihresgleichen zu be¬
herrschen.

Da fand der Aufseher unerwartete Hilfe und Unter¬
stützung in seiner kleinen Schwester. Schon auf der Reise
hatte es sich gezeigt, daß Ernestine unter den Mädchen die
Führerrolle an sich gerissen habe, obgleich sie eine der jüngsten
war. Die anderen, unter denen manches bärenstarke Frauen¬
zimmer sich befand, beugten sich doch der Energie und Klug¬
heit dieser kleinen Person. Jetzt war Ernestine die einzige,
die sich Eingang zu den aufsäßigen Schwesternpaare zu ver¬
schaffen wußte, ja die Helfners schließlich dazu bewog, die
Arbeit aufzunehmen.

Eine äußerst brauchbare Zugabe für den Aufseher bildete
auch Häschke. Das war ein hartgesottener Sünder, der schon
durch manches enge Loch in seinem Leben hindurchgekrochen
sein mochte, der mit allen Hunden gehetzt war. So einen
konnte man hier gebrauchen. Dabei war Häschkekarl ein
grundgutmütiger Geselle und seinesgleichen gegenüber stets zur
Hilfe bereit. Aber Häschkes freundschaftliche Gesinnung ver¬
wandelte sich sofort in's Gegenteil, wenn er es mit einem
Höhergestellten zu thun hatte. Da wurde aus diesem lustigen
Bruder ein mißtrauisch hämischer Geselle.

Auf den Inspektor hatte Häschkekarl sofort seinen ganzen
Haß geworfen. Er lag Gustav in den Ohren, daß er sich von
dem "Affen" ja nichts gefallen lasse. "Der großschnäuzige
Kerl" werde sie noch lange nicht "dumm machen".

längere Zeit bedacht, ob er das Schweſternpaar mitnehmen
ſolle. Aber ſie hatten die heiligſten Verſprechungen gegeben,
ſich gut aufführen zu wollen. Jetzt fanden ſie alles ſchlecht:
die Wohnung, das Eſſen. Die Arbeit war ihnen zu viel.
Als Guſtav ſie etwas ſcharf 'rannahm, verſchwanden ſie in
einer Kammer und ſchloſſen die Thür hinter ſich zu. Da
blieben ſie und kamen nicht zur Arbeit. Guſtav war ratlos.
Männer zu kommandieren, das hatte er als Unteroffizier
gelernt, aber mit widerſpenſtigen Frauenzimmern fertig wer¬
den, das war noch ein ander Ding. Pauline konnte ihm
dabei nicht helfen, ſie war zu weich, um ihresgleichen zu be¬
herrſchen.

Da fand der Aufſeher unerwartete Hilfe und Unter¬
ſtützung in ſeiner kleinen Schweſter. Schon auf der Reiſe
hatte es ſich gezeigt, daß Erneſtine unter den Mädchen die
Führerrolle an ſich geriſſen habe, obgleich ſie eine der jüngſten
war. Die anderen, unter denen manches bärenſtarke Frauen¬
zimmer ſich befand, beugten ſich doch der Energie und Klug¬
heit dieſer kleinen Perſon. Jetzt war Erneſtine die einzige,
die ſich Eingang zu den aufſäßigen Schweſternpaare zu ver¬
ſchaffen wußte, ja die Helfners ſchließlich dazu bewog, die
Arbeit aufzunehmen.

Eine äußerſt brauchbare Zugabe für den Aufſeher bildete
auch Häſchke. Das war ein hartgeſottener Sünder, der ſchon
durch manches enge Loch in ſeinem Leben hindurchgekrochen
ſein mochte, der mit allen Hunden gehetzt war. So einen
konnte man hier gebrauchen. Dabei war Häſchkekarl ein
grundgutmütiger Geſelle und ſeinesgleichen gegenüber ſtets zur
Hilfe bereit. Aber Häſchkes freundſchaftliche Geſinnung ver¬
wandelte ſich ſofort in's Gegenteil, wenn er es mit einem
Höhergeſtellten zu thun hatte. Da wurde aus dieſem luſtigen
Bruder ein mißtrauiſch hämiſcher Geſelle.

Auf den Inſpektor hatte Häſchkekarl ſofort ſeinen ganzen
Haß geworfen. Er lag Guſtav in den Ohren, daß er ſich von
dem „Affen“ ja nichts gefallen laſſe. „Der großſchnäuzige
Kerl“ werde ſie noch lange nicht „dumm machen“.

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[287/0301] längere Zeit bedacht, ob er das Schweſternpaar mitnehmen ſolle. Aber ſie hatten die heiligſten Verſprechungen gegeben, ſich gut aufführen zu wollen. Jetzt fanden ſie alles ſchlecht: die Wohnung, das Eſſen. Die Arbeit war ihnen zu viel. Als Guſtav ſie etwas ſcharf 'rannahm, verſchwanden ſie in einer Kammer und ſchloſſen die Thür hinter ſich zu. Da blieben ſie und kamen nicht zur Arbeit. Guſtav war ratlos. Männer zu kommandieren, das hatte er als Unteroffizier gelernt, aber mit widerſpenſtigen Frauenzimmern fertig wer¬ den, das war noch ein ander Ding. Pauline konnte ihm dabei nicht helfen, ſie war zu weich, um ihresgleichen zu be¬ herrſchen. Da fand der Aufſeher unerwartete Hilfe und Unter¬ ſtützung in ſeiner kleinen Schweſter. Schon auf der Reiſe hatte es ſich gezeigt, daß Erneſtine unter den Mädchen die Führerrolle an ſich geriſſen habe, obgleich ſie eine der jüngſten war. Die anderen, unter denen manches bärenſtarke Frauen¬ zimmer ſich befand, beugten ſich doch der Energie und Klug¬ heit dieſer kleinen Perſon. Jetzt war Erneſtine die einzige, die ſich Eingang zu den aufſäßigen Schweſternpaare zu ver¬ ſchaffen wußte, ja die Helfners ſchließlich dazu bewog, die Arbeit aufzunehmen. Eine äußerſt brauchbare Zugabe für den Aufſeher bildete auch Häſchke. Das war ein hartgeſottener Sünder, der ſchon durch manches enge Loch in ſeinem Leben hindurchgekrochen ſein mochte, der mit allen Hunden gehetzt war. So einen konnte man hier gebrauchen. Dabei war Häſchkekarl ein grundgutmütiger Geſelle und ſeinesgleichen gegenüber ſtets zur Hilfe bereit. Aber Häſchkes freundſchaftliche Geſinnung ver¬ wandelte ſich ſofort in's Gegenteil, wenn er es mit einem Höhergeſtellten zu thun hatte. Da wurde aus dieſem luſtigen Bruder ein mißtrauiſch hämiſcher Geſelle. Auf den Inſpektor hatte Häſchkekarl ſofort ſeinen ganzen Haß geworfen. Er lag Guſtav in den Ohren, daß er ſich von dem „Affen“ ja nichts gefallen laſſe. „Der großſchnäuzige Kerl“ werde ſie noch lange nicht „dumm machen“.

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/301>, abgerufen am 21.11.2024.