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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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seher darauf aufmerksam, daß man sich von Seiten der Guts¬
verwaltung für jede "Schweinerei", die hier etwa vorkommen
würde, an ihn halten werde.

Gustav fand die Einrichtung, in der sie fortan hausen
sollten, weit besser, als er's erwartet hatte. Die kasernen¬
artige Einteilung des Hauses heimelte ihn, wie eine Erinnerung
an die Soldatenzeit, an. Pauline hätte sich freilich mehr
Traulichkeit gewünscht in ihrer Stube, die außer Bett, Schrank,
Tisch und Stühlen nichts enthielt. Aber man mußte schlie߬
lich froh sein! Hatte man doch ein Dach über sich, und eine
Diele unter den Füßen. --

Mit dem Küchenherde konnte sie auch zufrieden sein.
Gut, daß ihr die neumodischen Kochvorrichtungen vom Ritter¬
gute daheim einigermaßen bekannt waren. Der Inspektor hatte
sie darauf hingewiesen, daß hier das zukünftige Feld ihrer
Thätigkeit sein werde. Die Kartoffeln werde sie wöchentlich
zugemessen erhalten für die "ganze Gesellschaft". Was sie da¬
mit anfange, sei ihre Sache. "Darum können wir uns nicht
auch noch scheren; da hätten wir viel zu thun!" hieß es in
kurzer schneidiger Ansprache.

Von den Arbeitern fanden sich nicht alle sofort in die
neuen Verhältnisse.

Der Pole Rogalla räsonnierte laut, allerdings auf polnisch,
was niemandem etwas that, weil niemand es verstand. Be¬
denklicher war, daß er sich weigerte, in dem gemeinsamen
Männerschlafsaale zu übernachten. Häschke sprach die Ver¬
mutung aus, daß dem Pollacken die gewohnte "Bucht mit den
Reichskäfern" fehle. Gustav redete ein Wörtlein deutsch mit
dem Polen. Rogalla suchte daraufhin zwar die gemeinsame
Bettstatt auf, in der Nacht aber stahl er sich hinweg. Er
mußte irgendwo eine seinem Geschmacke mehr zusagende Schlaf¬
stätte ausfindig gemacht haben.

Auch einige von den Mädchen stellten sich äußerst ge¬
fährlich an. Vor allem ein Schwesternpaar Helfner. Sie
stammten aus dem Armenhause. Helfners waren eine be¬
rüchtigte Familie in Halbenau. Gustav hatte sich daher

ſeher darauf aufmerkſam, daß man ſich von Seiten der Guts¬
verwaltung für jede „Schweinerei“, die hier etwa vorkommen
würde, an ihn halten werde.

Guſtav fand die Einrichtung, in der ſie fortan hauſen
ſollten, weit beſſer, als er's erwartet hatte. Die kaſernen¬
artige Einteilung des Hauſes heimelte ihn, wie eine Erinnerung
an die Soldatenzeit, an. Pauline hätte ſich freilich mehr
Traulichkeit gewünſcht in ihrer Stube, die außer Bett, Schrank,
Tiſch und Stühlen nichts enthielt. Aber man mußte ſchlie߬
lich froh ſein! Hatte man doch ein Dach über ſich, und eine
Diele unter den Füßen. —

Mit dem Küchenherde konnte ſie auch zufrieden ſein.
Gut, daß ihr die neumodiſchen Kochvorrichtungen vom Ritter¬
gute daheim einigermaßen bekannt waren. Der Inſpektor hatte
ſie darauf hingewieſen, daß hier das zukünftige Feld ihrer
Thätigkeit ſein werde. Die Kartoffeln werde ſie wöchentlich
zugemeſſen erhalten für die „ganze Geſellſchaft“. Was ſie da¬
mit anfange, ſei ihre Sache. „Darum können wir uns nicht
auch noch ſcheren; da hätten wir viel zu thun!“ hieß es in
kurzer ſchneidiger Anſprache.

Von den Arbeitern fanden ſich nicht alle ſofort in die
neuen Verhältniſſe.

Der Pole Rogalla räſonnierte laut, allerdings auf polniſch,
was niemandem etwas that, weil niemand es verſtand. Be¬
denklicher war, daß er ſich weigerte, in dem gemeinſamen
Männerſchlafſaale zu übernachten. Häſchke ſprach die Ver¬
mutung aus, daß dem Pollacken die gewohnte „Bucht mit den
Reichskäfern“ fehle. Guſtav redete ein Wörtlein deutſch mit
dem Polen. Rogalla ſuchte daraufhin zwar die gemeinſame
Bettſtatt auf, in der Nacht aber ſtahl er ſich hinweg. Er
mußte irgendwo eine ſeinem Geſchmacke mehr zuſagende Schlaf¬
ſtätte ausfindig gemacht haben.

Auch einige von den Mädchen ſtellten ſich äußerſt ge¬
fährlich an. Vor allem ein Schweſternpaar Helfner. Sie
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[286/0300] ſeher darauf aufmerkſam, daß man ſich von Seiten der Guts¬ verwaltung für jede „Schweinerei“, die hier etwa vorkommen würde, an ihn halten werde. Guſtav fand die Einrichtung, in der ſie fortan hauſen ſollten, weit beſſer, als er's erwartet hatte. Die kaſernen¬ artige Einteilung des Hauſes heimelte ihn, wie eine Erinnerung an die Soldatenzeit, an. Pauline hätte ſich freilich mehr Traulichkeit gewünſcht in ihrer Stube, die außer Bett, Schrank, Tiſch und Stühlen nichts enthielt. Aber man mußte ſchlie߬ lich froh ſein! Hatte man doch ein Dach über ſich, und eine Diele unter den Füßen. — Mit dem Küchenherde konnte ſie auch zufrieden ſein. Gut, daß ihr die neumodiſchen Kochvorrichtungen vom Ritter¬ gute daheim einigermaßen bekannt waren. Der Inſpektor hatte ſie darauf hingewieſen, daß hier das zukünftige Feld ihrer Thätigkeit ſein werde. Die Kartoffeln werde ſie wöchentlich zugemeſſen erhalten für die „ganze Geſellſchaft“. Was ſie da¬ mit anfange, ſei ihre Sache. „Darum können wir uns nicht auch noch ſcheren; da hätten wir viel zu thun!“ hieß es in kurzer ſchneidiger Anſprache. Von den Arbeitern fanden ſich nicht alle ſofort in die neuen Verhältniſſe. Der Pole Rogalla räſonnierte laut, allerdings auf polniſch, was niemandem etwas that, weil niemand es verſtand. Be¬ denklicher war, daß er ſich weigerte, in dem gemeinſamen Männerſchlafſaale zu übernachten. Häſchke ſprach die Ver¬ mutung aus, daß dem Pollacken die gewohnte „Bucht mit den Reichskäfern“ fehle. Guſtav redete ein Wörtlein deutſch mit dem Polen. Rogalla ſuchte daraufhin zwar die gemeinſame Bettſtatt auf, in der Nacht aber ſtahl er ſich hinweg. Er mußte irgendwo eine ſeinem Geſchmacke mehr zuſagende Schlaf¬ ſtätte ausfindig gemacht haben. Auch einige von den Mädchen ſtellten ſich äußerſt ge¬ fährlich an. Vor allem ein Schweſternpaar Helfner. Sie ſtammten aus dem Armenhauſe. Helfners waren eine be¬ rüchtigte Familie in Halbenau. Guſtav hatte ſich daher

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/300>, abgerufen am 01.06.2024.