seher darauf aufmerksam, daß man sich von Seiten der Guts¬ verwaltung für jede "Schweinerei", die hier etwa vorkommen würde, an ihn halten werde.
Gustav fand die Einrichtung, in der sie fortan hausen sollten, weit besser, als er's erwartet hatte. Die kasernen¬ artige Einteilung des Hauses heimelte ihn, wie eine Erinnerung an die Soldatenzeit, an. Pauline hätte sich freilich mehr Traulichkeit gewünscht in ihrer Stube, die außer Bett, Schrank, Tisch und Stühlen nichts enthielt. Aber man mußte schlie߬ lich froh sein! Hatte man doch ein Dach über sich, und eine Diele unter den Füßen. --
Mit dem Küchenherde konnte sie auch zufrieden sein. Gut, daß ihr die neumodischen Kochvorrichtungen vom Ritter¬ gute daheim einigermaßen bekannt waren. Der Inspektor hatte sie darauf hingewiesen, daß hier das zukünftige Feld ihrer Thätigkeit sein werde. Die Kartoffeln werde sie wöchentlich zugemessen erhalten für die "ganze Gesellschaft". Was sie da¬ mit anfange, sei ihre Sache. "Darum können wir uns nicht auch noch scheren; da hätten wir viel zu thun!" hieß es in kurzer schneidiger Ansprache.
Von den Arbeitern fanden sich nicht alle sofort in die neuen Verhältnisse.
Der Pole Rogalla räsonnierte laut, allerdings auf polnisch, was niemandem etwas that, weil niemand es verstand. Be¬ denklicher war, daß er sich weigerte, in dem gemeinsamen Männerschlafsaale zu übernachten. Häschke sprach die Ver¬ mutung aus, daß dem Pollacken die gewohnte "Bucht mit den Reichskäfern" fehle. Gustav redete ein Wörtlein deutsch mit dem Polen. Rogalla suchte daraufhin zwar die gemeinsame Bettstatt auf, in der Nacht aber stahl er sich hinweg. Er mußte irgendwo eine seinem Geschmacke mehr zusagende Schlaf¬ stätte ausfindig gemacht haben.
Auch einige von den Mädchen stellten sich äußerst ge¬ fährlich an. Vor allem ein Schwesternpaar Helfner. Sie stammten aus dem Armenhause. Helfners waren eine be¬ rüchtigte Familie in Halbenau. Gustav hatte sich daher
ſeher darauf aufmerkſam, daß man ſich von Seiten der Guts¬ verwaltung für jede „Schweinerei“, die hier etwa vorkommen würde, an ihn halten werde.
Guſtav fand die Einrichtung, in der ſie fortan hauſen ſollten, weit beſſer, als er's erwartet hatte. Die kaſernen¬ artige Einteilung des Hauſes heimelte ihn, wie eine Erinnerung an die Soldatenzeit, an. Pauline hätte ſich freilich mehr Traulichkeit gewünſcht in ihrer Stube, die außer Bett, Schrank, Tiſch und Stühlen nichts enthielt. Aber man mußte ſchlie߬ lich froh ſein! Hatte man doch ein Dach über ſich, und eine Diele unter den Füßen. —
Mit dem Küchenherde konnte ſie auch zufrieden ſein. Gut, daß ihr die neumodiſchen Kochvorrichtungen vom Ritter¬ gute daheim einigermaßen bekannt waren. Der Inſpektor hatte ſie darauf hingewieſen, daß hier das zukünftige Feld ihrer Thätigkeit ſein werde. Die Kartoffeln werde ſie wöchentlich zugemeſſen erhalten für die „ganze Geſellſchaft“. Was ſie da¬ mit anfange, ſei ihre Sache. „Darum können wir uns nicht auch noch ſcheren; da hätten wir viel zu thun!“ hieß es in kurzer ſchneidiger Anſprache.
Von den Arbeitern fanden ſich nicht alle ſofort in die neuen Verhältniſſe.
Der Pole Rogalla räſonnierte laut, allerdings auf polniſch, was niemandem etwas that, weil niemand es verſtand. Be¬ denklicher war, daß er ſich weigerte, in dem gemeinſamen Männerſchlafſaale zu übernachten. Häſchke ſprach die Ver¬ mutung aus, daß dem Pollacken die gewohnte „Bucht mit den Reichskäfern“ fehle. Guſtav redete ein Wörtlein deutſch mit dem Polen. Rogalla ſuchte daraufhin zwar die gemeinſame Bettſtatt auf, in der Nacht aber ſtahl er ſich hinweg. Er mußte irgendwo eine ſeinem Geſchmacke mehr zuſagende Schlaf¬ ſtätte ausfindig gemacht haben.
Auch einige von den Mädchen ſtellten ſich äußerſt ge¬ fährlich an. Vor allem ein Schweſternpaar Helfner. Sie ſtammten aus dem Armenhauſe. Helfners waren eine be¬ rüchtigte Familie in Halbenau. Guſtav hatte ſich daher
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0300"n="286"/>ſeher darauf aufmerkſam, daß man ſich von Seiten der Guts¬<lb/>
verwaltung für jede „Schweinerei“, die hier etwa vorkommen<lb/>
würde, an ihn halten werde.</p><lb/><p>Guſtav fand die Einrichtung, in der ſie fortan hauſen<lb/>ſollten, weit beſſer, als er's erwartet hatte. Die kaſernen¬<lb/>
artige Einteilung des Hauſes heimelte ihn, wie eine Erinnerung<lb/>
an die Soldatenzeit, an. Pauline hätte ſich freilich mehr<lb/>
Traulichkeit gewünſcht in ihrer Stube, die außer Bett, Schrank,<lb/>
Tiſch und Stühlen nichts enthielt. Aber man mußte ſchlie߬<lb/>
lich froh ſein! Hatte man doch ein Dach über ſich, und eine<lb/>
Diele unter den Füßen. —</p><lb/><p>Mit dem Küchenherde konnte ſie auch zufrieden ſein.<lb/>
Gut, daß ihr die neumodiſchen Kochvorrichtungen vom Ritter¬<lb/>
gute daheim einigermaßen bekannt waren. Der Inſpektor hatte<lb/>ſie darauf hingewieſen, daß hier das zukünftige Feld ihrer<lb/>
Thätigkeit ſein werde. Die Kartoffeln werde ſie wöchentlich<lb/>
zugemeſſen erhalten für die „ganze Geſellſchaft“. Was ſie da¬<lb/>
mit anfange, ſei ihre Sache. „Darum können wir uns nicht<lb/>
auch noch ſcheren; da hätten wir viel zu thun!“ hieß es in<lb/>
kurzer ſchneidiger Anſprache.</p><lb/><p>Von den Arbeitern fanden ſich nicht alle ſofort in die<lb/>
neuen Verhältniſſe.</p><lb/><p>Der Pole Rogalla räſonnierte laut, allerdings auf polniſch,<lb/>
was niemandem etwas that, weil niemand es verſtand. Be¬<lb/>
denklicher war, daß er ſich weigerte, in dem gemeinſamen<lb/>
Männerſchlafſaale zu übernachten. Häſchke ſprach die Ver¬<lb/>
mutung aus, daß dem Pollacken die gewohnte „Bucht mit den<lb/>
Reichskäfern“ fehle. Guſtav redete ein Wörtlein deutſch mit<lb/>
dem Polen. Rogalla ſuchte daraufhin zwar die gemeinſame<lb/>
Bettſtatt auf, in der Nacht aber ſtahl er ſich hinweg. Er<lb/>
mußte irgendwo eine ſeinem Geſchmacke mehr zuſagende Schlaf¬<lb/>ſtätte ausfindig gemacht haben.</p><lb/><p>Auch einige von den Mädchen ſtellten ſich äußerſt ge¬<lb/>
fährlich an. Vor allem ein Schweſternpaar Helfner. Sie<lb/>ſtammten aus dem Armenhauſe. Helfners waren eine be¬<lb/>
rüchtigte Familie in Halbenau. Guſtav hatte ſich daher<lb/></p></div></body></text></TEI>
[286/0300]
ſeher darauf aufmerkſam, daß man ſich von Seiten der Guts¬
verwaltung für jede „Schweinerei“, die hier etwa vorkommen
würde, an ihn halten werde.
Guſtav fand die Einrichtung, in der ſie fortan hauſen
ſollten, weit beſſer, als er's erwartet hatte. Die kaſernen¬
artige Einteilung des Hauſes heimelte ihn, wie eine Erinnerung
an die Soldatenzeit, an. Pauline hätte ſich freilich mehr
Traulichkeit gewünſcht in ihrer Stube, die außer Bett, Schrank,
Tiſch und Stühlen nichts enthielt. Aber man mußte ſchlie߬
lich froh ſein! Hatte man doch ein Dach über ſich, und eine
Diele unter den Füßen. —
Mit dem Küchenherde konnte ſie auch zufrieden ſein.
Gut, daß ihr die neumodiſchen Kochvorrichtungen vom Ritter¬
gute daheim einigermaßen bekannt waren. Der Inſpektor hatte
ſie darauf hingewieſen, daß hier das zukünftige Feld ihrer
Thätigkeit ſein werde. Die Kartoffeln werde ſie wöchentlich
zugemeſſen erhalten für die „ganze Geſellſchaft“. Was ſie da¬
mit anfange, ſei ihre Sache. „Darum können wir uns nicht
auch noch ſcheren; da hätten wir viel zu thun!“ hieß es in
kurzer ſchneidiger Anſprache.
Von den Arbeitern fanden ſich nicht alle ſofort in die
neuen Verhältniſſe.
Der Pole Rogalla räſonnierte laut, allerdings auf polniſch,
was niemandem etwas that, weil niemand es verſtand. Be¬
denklicher war, daß er ſich weigerte, in dem gemeinſamen
Männerſchlafſaale zu übernachten. Häſchke ſprach die Ver¬
mutung aus, daß dem Pollacken die gewohnte „Bucht mit den
Reichskäfern“ fehle. Guſtav redete ein Wörtlein deutſch mit
dem Polen. Rogalla ſuchte daraufhin zwar die gemeinſame
Bettſtatt auf, in der Nacht aber ſtahl er ſich hinweg. Er
mußte irgendwo eine ſeinem Geſchmacke mehr zuſagende Schlaf¬
ſtätte ausfindig gemacht haben.
Auch einige von den Mädchen ſtellten ſich äußerſt ge¬
fährlich an. Vor allem ein Schweſternpaar Helfner. Sie
ſtammten aus dem Armenhauſe. Helfners waren eine be¬
rüchtigte Familie in Halbenau. Guſtav hatte ſich daher
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/300>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.