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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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Nach einiger Zeit erblickte er die Gestalt, nach der er
schon lange ausgeschaut hatte: Ernestine, die in zwei Henkel¬
körben das Essen herantrug.

Häschkekarl stieß einen Freudenschrei aus und eilte ihr in
langen Sätzen auf dem Feldwege entgegen.

Sie hatte die Körbe niedergesetzt, sobald sie den bärtigen
Burschen auf sich zukommen sah, erwartete ihn, die Hände auf
die Hüften gestemmt. Erschreckt schien sie nicht. Im Gegen¬
teil! Sie lachte über das ganze Gesichte, zeigte ihre Perlen¬
zähnchen. Er umfaßte sie, hob sie, drehte sie ein paar mal
um und um und raubte ihr einen Kuß, ohne daß sie, wie
es den Anschein hatte, in solchem Verfahren etwas Unge¬
wohntes erblickt hätte.

Sie zupfte sich das rote Kopftuch zurecht, das ihr zurück¬
gerutscht war und meinte dann, er solle ihr die Körbe tragen
sie habe sich nun genug damit geschleppt. Häschkekarl war der
Letzte, um solch eine Bitte zu verweigern; aber eigentlich hätte
er die Hände lieber frei behalten.

Sie setzten sich in Bewegung. Das Mädchen ging mit
leichten Schritten vor ihm her.

Seine Augen verschlangen ihre Gestalt. Was machte es
ihm, daß ihre Füße bestaubt waren, daß ihr einfaches Kleid
die Spuren der Feldarbeit an sich trug. Sein Blick durch¬
drang die Hüllen, erkannte das Weib, das er begehrte, so wie
sie war.

Häschke, der Leichtfertige, hatte seine Meisterin gefunden.

Um Ernestines willen war er in Halbenau geblieben, um
ihretwillen hatte er sich den Sachsengängern angeschlossen; nur
um dieses Mädchens willen hatte er es so lange bei einer Be¬
schäftigung ausgehalten.

Die kleine Ernestine war sich der Macht vollkommen be¬
wußt, die sie über den Mann ausübte. Trotz ihrer siebzehn,
verstand sie es, seine Wünsche im Zügel zu halten. Er hatte
das Ziel seines Verlangens noch nicht erreicht.

Ernestine hatte stets ihren Kopf für sich gehabt. Eine
gewisse Selbstachtung war ihr eigen, die sonst nicht ein her¬

Nach einiger Zeit erblickte er die Geſtalt, nach der er
ſchon lange ausgeſchaut hatte: Erneſtine, die in zwei Henkel¬
körben das Eſſen herantrug.

Häſchkekarl ſtieß einen Freudenſchrei aus und eilte ihr in
langen Sätzen auf dem Feldwege entgegen.

Sie hatte die Körbe niedergeſetzt, ſobald ſie den bärtigen
Burſchen auf ſich zukommen ſah, erwartete ihn, die Hände auf
die Hüften geſtemmt. Erſchreckt ſchien ſie nicht. Im Gegen¬
teil! Sie lachte über das ganze Geſichte, zeigte ihre Perlen¬
zähnchen. Er umfaßte ſie, hob ſie, drehte ſie ein paar mal
um und um und raubte ihr einen Kuß, ohne daß ſie, wie
es den Anſchein hatte, in ſolchem Verfahren etwas Unge¬
wohntes erblickt hätte.

Sie zupfte ſich das rote Kopftuch zurecht, das ihr zurück¬
gerutſcht war und meinte dann, er ſolle ihr die Körbe tragen
ſie habe ſich nun genug damit geſchleppt. Häſchkekarl war der
Letzte, um ſolch eine Bitte zu verweigern; aber eigentlich hätte
er die Hände lieber frei behalten.

Sie ſetzten ſich in Bewegung. Das Mädchen ging mit
leichten Schritten vor ihm her.

Seine Augen verſchlangen ihre Geſtalt. Was machte es
ihm, daß ihre Füße beſtaubt waren, daß ihr einfaches Kleid
die Spuren der Feldarbeit an ſich trug. Sein Blick durch¬
drang die Hüllen, erkannte das Weib, das er begehrte, ſo wie
ſie war.

Häſchke, der Leichtfertige, hatte ſeine Meiſterin gefunden.

Um Erneſtines willen war er in Halbenau geblieben, um
ihretwillen hatte er ſich den Sachſengängern angeſchloſſen; nur
um dieſes Mädchens willen hatte er es ſo lange bei einer Be¬
ſchäftigung ausgehalten.

Die kleine Erneſtine war ſich der Macht vollkommen be¬
wußt, die ſie über den Mann ausübte. Trotz ihrer ſiebzehn,
verſtand ſie es, ſeine Wünſche im Zügel zu halten. Er hatte
das Ziel ſeines Verlangens noch nicht erreicht.

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[312/0326] Nach einiger Zeit erblickte er die Geſtalt, nach der er ſchon lange ausgeſchaut hatte: Erneſtine, die in zwei Henkel¬ körben das Eſſen herantrug. Häſchkekarl ſtieß einen Freudenſchrei aus und eilte ihr in langen Sätzen auf dem Feldwege entgegen. Sie hatte die Körbe niedergeſetzt, ſobald ſie den bärtigen Burſchen auf ſich zukommen ſah, erwartete ihn, die Hände auf die Hüften geſtemmt. Erſchreckt ſchien ſie nicht. Im Gegen¬ teil! Sie lachte über das ganze Geſichte, zeigte ihre Perlen¬ zähnchen. Er umfaßte ſie, hob ſie, drehte ſie ein paar mal um und um und raubte ihr einen Kuß, ohne daß ſie, wie es den Anſchein hatte, in ſolchem Verfahren etwas Unge¬ wohntes erblickt hätte. Sie zupfte ſich das rote Kopftuch zurecht, das ihr zurück¬ gerutſcht war und meinte dann, er ſolle ihr die Körbe tragen ſie habe ſich nun genug damit geſchleppt. Häſchkekarl war der Letzte, um ſolch eine Bitte zu verweigern; aber eigentlich hätte er die Hände lieber frei behalten. Sie ſetzten ſich in Bewegung. Das Mädchen ging mit leichten Schritten vor ihm her. Seine Augen verſchlangen ihre Geſtalt. Was machte es ihm, daß ihre Füße beſtaubt waren, daß ihr einfaches Kleid die Spuren der Feldarbeit an ſich trug. Sein Blick durch¬ drang die Hüllen, erkannte das Weib, das er begehrte, ſo wie ſie war. Häſchke, der Leichtfertige, hatte ſeine Meiſterin gefunden. Um Erneſtines willen war er in Halbenau geblieben, um ihretwillen hatte er ſich den Sachſengängern angeſchloſſen; nur um dieſes Mädchens willen hatte er es ſo lange bei einer Be¬ ſchäftigung ausgehalten. Die kleine Erneſtine war ſich der Macht vollkommen be¬ wußt, die ſie über den Mann ausübte. Trotz ihrer ſiebzehn, verſtand ſie es, ſeine Wünſche im Zügel zu halten. Er hatte das Ziel ſeines Verlangens noch nicht erreicht. Erneſtine hatte ſtets ihren Kopf für ſich gehabt. Eine gewiſſe Selbſtachtung war ihr eigen, die ſonſt nicht ein her¬

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/326>, abgerufen am 21.11.2024.