Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.Nach einiger Zeit erblickte er die Gestalt, nach der er Häschkekarl stieß einen Freudenschrei aus und eilte ihr in Sie hatte die Körbe niedergesetzt, sobald sie den bärtigen Sie zupfte sich das rote Kopftuch zurecht, das ihr zurück¬ Sie setzten sich in Bewegung. Das Mädchen ging mit Seine Augen verschlangen ihre Gestalt. Was machte es Häschke, der Leichtfertige, hatte seine Meisterin gefunden. Um Ernestines willen war er in Halbenau geblieben, um Die kleine Ernestine war sich der Macht vollkommen be¬ Ernestine hatte stets ihren Kopf für sich gehabt. Eine Nach einiger Zeit erblickte er die Geſtalt, nach der er Häſchkekarl ſtieß einen Freudenſchrei aus und eilte ihr in Sie hatte die Körbe niedergeſetzt, ſobald ſie den bärtigen Sie zupfte ſich das rote Kopftuch zurecht, das ihr zurück¬ Sie ſetzten ſich in Bewegung. Das Mädchen ging mit Seine Augen verſchlangen ihre Geſtalt. Was machte es Häſchke, der Leichtfertige, hatte ſeine Meiſterin gefunden. Um Erneſtines willen war er in Halbenau geblieben, um Die kleine Erneſtine war ſich der Macht vollkommen be¬ Erneſtine hatte ſtets ihren Kopf für ſich gehabt. Eine <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0326" n="312"/> <p>Nach einiger Zeit erblickte er die Geſtalt, nach der er<lb/> ſchon lange ausgeſchaut hatte: Erneſtine, die in zwei Henkel¬<lb/> körben das Eſſen herantrug.</p><lb/> <p>Häſchkekarl ſtieß einen Freudenſchrei aus und eilte ihr in<lb/> langen Sätzen auf dem Feldwege entgegen.</p><lb/> <p>Sie hatte die Körbe niedergeſetzt, ſobald ſie den bärtigen<lb/> Burſchen auf ſich zukommen ſah, erwartete ihn, die Hände auf<lb/> die Hüften geſtemmt. Erſchreckt ſchien ſie nicht. Im Gegen¬<lb/> teil! Sie lachte über das ganze Geſichte, zeigte ihre Perlen¬<lb/> zähnchen. Er umfaßte ſie, hob ſie, drehte ſie ein paar mal<lb/> um und um und raubte ihr einen Kuß, ohne daß ſie, wie<lb/> es den Anſchein hatte, in ſolchem Verfahren etwas Unge¬<lb/> wohntes erblickt hätte.</p><lb/> <p>Sie zupfte ſich das rote Kopftuch zurecht, das ihr zurück¬<lb/> gerutſcht war und meinte dann, er ſolle ihr die Körbe tragen<lb/> ſie habe ſich nun genug damit geſchleppt. Häſchkekarl war der<lb/> Letzte, um ſolch eine Bitte zu verweigern; aber eigentlich hätte<lb/> er die Hände lieber frei behalten.</p><lb/> <p>Sie ſetzten ſich in Bewegung. Das Mädchen ging mit<lb/> leichten Schritten vor ihm her.</p><lb/> <p>Seine Augen verſchlangen ihre Geſtalt. Was machte es<lb/> ihm, daß ihre Füße beſtaubt waren, daß ihr einfaches Kleid<lb/> die Spuren der Feldarbeit an ſich trug. Sein Blick durch¬<lb/> drang die Hüllen, erkannte das Weib, das er begehrte, ſo wie<lb/> ſie war.</p><lb/> <p>Häſchke, der Leichtfertige, hatte ſeine Meiſterin gefunden.</p><lb/> <p>Um Erneſtines willen war er in Halbenau geblieben, um<lb/> ihretwillen hatte er ſich den Sachſengängern angeſchloſſen; nur<lb/> um dieſes Mädchens willen hatte er es ſo lange bei einer Be¬<lb/> ſchäftigung ausgehalten.</p><lb/> <p>Die kleine Erneſtine war ſich der Macht vollkommen be¬<lb/> wußt, die ſie über den Mann ausübte. Trotz ihrer ſiebzehn,<lb/> verſtand ſie es, ſeine Wünſche im Zügel zu halten. Er hatte<lb/> das Ziel ſeines Verlangens noch nicht erreicht.</p><lb/> <p>Erneſtine hatte ſtets ihren Kopf für ſich gehabt. Eine<lb/> gewiſſe Selbſtachtung war ihr eigen, die ſonſt nicht ein her¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [312/0326]
Nach einiger Zeit erblickte er die Geſtalt, nach der er
ſchon lange ausgeſchaut hatte: Erneſtine, die in zwei Henkel¬
körben das Eſſen herantrug.
Häſchkekarl ſtieß einen Freudenſchrei aus und eilte ihr in
langen Sätzen auf dem Feldwege entgegen.
Sie hatte die Körbe niedergeſetzt, ſobald ſie den bärtigen
Burſchen auf ſich zukommen ſah, erwartete ihn, die Hände auf
die Hüften geſtemmt. Erſchreckt ſchien ſie nicht. Im Gegen¬
teil! Sie lachte über das ganze Geſichte, zeigte ihre Perlen¬
zähnchen. Er umfaßte ſie, hob ſie, drehte ſie ein paar mal
um und um und raubte ihr einen Kuß, ohne daß ſie, wie
es den Anſchein hatte, in ſolchem Verfahren etwas Unge¬
wohntes erblickt hätte.
Sie zupfte ſich das rote Kopftuch zurecht, das ihr zurück¬
gerutſcht war und meinte dann, er ſolle ihr die Körbe tragen
ſie habe ſich nun genug damit geſchleppt. Häſchkekarl war der
Letzte, um ſolch eine Bitte zu verweigern; aber eigentlich hätte
er die Hände lieber frei behalten.
Sie ſetzten ſich in Bewegung. Das Mädchen ging mit
leichten Schritten vor ihm her.
Seine Augen verſchlangen ihre Geſtalt. Was machte es
ihm, daß ihre Füße beſtaubt waren, daß ihr einfaches Kleid
die Spuren der Feldarbeit an ſich trug. Sein Blick durch¬
drang die Hüllen, erkannte das Weib, das er begehrte, ſo wie
ſie war.
Häſchke, der Leichtfertige, hatte ſeine Meiſterin gefunden.
Um Erneſtines willen war er in Halbenau geblieben, um
ihretwillen hatte er ſich den Sachſengängern angeſchloſſen; nur
um dieſes Mädchens willen hatte er es ſo lange bei einer Be¬
ſchäftigung ausgehalten.
Die kleine Erneſtine war ſich der Macht vollkommen be¬
wußt, die ſie über den Mann ausübte. Trotz ihrer ſiebzehn,
verſtand ſie es, ſeine Wünſche im Zügel zu halten. Er hatte
das Ziel ſeines Verlangens noch nicht erreicht.
Erneſtine hatte ſtets ihren Kopf für ſich gehabt. Eine
gewiſſe Selbſtachtung war ihr eigen, die ſonſt nicht ein her¬
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