hört hatte, daß Gustav bereits abgegessen habe, stand er auf und erklärte, mit ihm hinausgehen zu wollen, auf die Felder.
Der junge Mann war gern bereit dazu. Er wußte so¬ wieso nicht, wie er den langen Sonntagnachmittag verbringen solle.
Karl ging mit Vater und Bruder aus dem Zimmer, schein¬ bar, um mit aufs Feld zu gehen. Aber, er verschwand bald. Er hatte nur die Gelegenheit benutzt, herauszukommen, um auf dem Heuboden, ungestört von seiner Frau, weiter schlafen zu können.
Der Bauernhof bestand aus drei Gebäuden, die ein nach der Südseite zu offenes Viereck bildeten. Das Wohnhaus, ein geräumiger Lehmfachwerkbau, mit eingebauter Holzstube, ehe¬ mals mit Stroh gedeckt, war von dem jetzigen Besitzer mit Ziegeldach versehen worden. Mit dem schwarz gestrichenen Gebälk und den weiß abgeputzten Lehmvierecken zwischen den Balken, den unter erhabenen Bogen, wie menschliche Augen, versteckten Dachfenstern, blickte es sauber, freundlich, altmodisch und gediegen drein. Die Winterverpackung aus Moos, Laub und Waldstreu war noch nicht entfernt worden. Das Haus war wohl versorgt, die Leute, die hier wohnten, das sah man, liebten und schützten ihren Herd.
Unter einem langen und hohen Dache waren Schuppen, Banse und zwei Tennen untergebracht. Ein drittes Gebäude enthielt Pferde-, Kuh- und Schweineställe. Scheune wie Stall wiesen noch die althergebrachte Strohbedachung auf.
Die Gebäude waren alt, aber gut erhalten. Man sah, daß hier Generationen von tüchtigen und fleißigen Wirten ge¬ haust hatten. Jeder Ritz war zugemacht, jedes Loch bei Zeiten verstopft worden.
In der Mitte des Hofes lag die Düngerstätte, mit der Jauchenpumpe daneben. Am Scheunengiebel war ein Tauben¬ haus eingebaut, welches eine Art von Schlößchen darstellte; die Thüren und Fenster des Gebäudes bildeten die Ein- und Aus¬ fluglöcher für die Tauben. Ein Kranz von scharfen, eisernen Stacheln wehrte dem Raubgetier den Zugang. In dem offenen Schuppen sah man Brettwagen, Leiterwagen und andere Fuhr¬
2*
hört hatte, daß Guſtav bereits abgegeſſen habe, ſtand er auf und erklärte, mit ihm hinausgehen zu wollen, auf die Felder.
Der junge Mann war gern bereit dazu. Er wußte ſo¬ wieſo nicht, wie er den langen Sonntagnachmittag verbringen ſolle.
Karl ging mit Vater und Bruder aus dem Zimmer, ſchein¬ bar, um mit aufs Feld zu gehen. Aber, er verſchwand bald. Er hatte nur die Gelegenheit benutzt, herauszukommen, um auf dem Heuboden, ungeſtört von ſeiner Frau, weiter ſchlafen zu können.
Der Bauernhof beſtand aus drei Gebäuden, die ein nach der Südſeite zu offenes Viereck bildeten. Das Wohnhaus, ein geräumiger Lehmfachwerkbau, mit eingebauter Holzſtube, ehe¬ mals mit Stroh gedeckt, war von dem jetzigen Beſitzer mit Ziegeldach verſehen worden. Mit dem ſchwarz geſtrichenen Gebälk und den weiß abgeputzten Lehmvierecken zwiſchen den Balken, den unter erhabenen Bogen, wie menſchliche Augen, verſteckten Dachfenſtern, blickte es ſauber, freundlich, altmodiſch und gediegen drein. Die Winterverpackung aus Moos, Laub und Waldſtreu war noch nicht entfernt worden. Das Haus war wohl verſorgt, die Leute, die hier wohnten, das ſah man, liebten und ſchützten ihren Herd.
Unter einem langen und hohen Dache waren Schuppen, Banſe und zwei Tennen untergebracht. Ein drittes Gebäude enthielt Pferde-, Kuh- und Schweineſtälle. Scheune wie Stall wieſen noch die althergebrachte Strohbedachung auf.
Die Gebäude waren alt, aber gut erhalten. Man ſah, daß hier Generationen von tüchtigen und fleißigen Wirten ge¬ hauſt hatten. Jeder Ritz war zugemacht, jedes Loch bei Zeiten verſtopft worden.
In der Mitte des Hofes lag die Düngerſtätte, mit der Jauchenpumpe daneben. Am Scheunengiebel war ein Tauben¬ haus eingebaut, welches eine Art von Schlößchen darſtellte; die Thüren und Fenſter des Gebäudes bildeten die Ein- und Aus¬ fluglöcher für die Tauben. Ein Kranz von ſcharfen, eiſernen Stacheln wehrte dem Raubgetier den Zugang. In dem offenen Schuppen ſah man Brettwagen, Leiterwagen und andere Fuhr¬
2*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0033"n="19"/>
hört hatte, daß Guſtav bereits abgegeſſen habe, ſtand er auf<lb/>
und erklärte, mit ihm hinausgehen zu wollen, auf die Felder.</p><lb/><p>Der junge Mann war gern bereit dazu. Er wußte ſo¬<lb/>
wieſo nicht, wie er den langen Sonntagnachmittag verbringen<lb/>ſolle.</p><lb/><p>Karl ging mit Vater und Bruder aus dem Zimmer, ſchein¬<lb/>
bar, um mit aufs Feld zu gehen. Aber, er verſchwand bald. Er<lb/>
hatte nur die Gelegenheit benutzt, herauszukommen, um auf dem<lb/>
Heuboden, ungeſtört von ſeiner Frau, weiter ſchlafen zu können.</p><lb/><p>Der Bauernhof beſtand aus drei Gebäuden, die ein nach<lb/>
der Südſeite zu offenes Viereck bildeten. Das Wohnhaus, ein<lb/>
geräumiger Lehmfachwerkbau, mit eingebauter Holzſtube, ehe¬<lb/>
mals mit Stroh gedeckt, war von dem jetzigen Beſitzer mit<lb/>
Ziegeldach verſehen worden. Mit dem ſchwarz geſtrichenen<lb/>
Gebälk und den weiß abgeputzten Lehmvierecken zwiſchen den<lb/>
Balken, den unter erhabenen Bogen, wie menſchliche Augen,<lb/>
verſteckten Dachfenſtern, blickte es ſauber, freundlich, altmodiſch<lb/>
und gediegen drein. Die Winterverpackung aus Moos, Laub<lb/>
und Waldſtreu war noch nicht entfernt worden. Das Haus war<lb/>
wohl verſorgt, die Leute, die hier wohnten, das ſah man, liebten<lb/>
und ſchützten ihren Herd.</p><lb/><p>Unter einem langen und hohen Dache waren Schuppen,<lb/>
Banſe und zwei Tennen untergebracht. Ein drittes Gebäude<lb/>
enthielt Pferde-, Kuh- und Schweineſtälle. Scheune wie Stall<lb/>
wieſen noch die althergebrachte Strohbedachung auf.</p><lb/><p>Die Gebäude waren alt, aber gut erhalten. Man ſah,<lb/>
daß hier Generationen von tüchtigen und fleißigen Wirten ge¬<lb/>
hauſt hatten. Jeder Ritz war zugemacht, jedes Loch bei Zeiten<lb/>
verſtopft worden.</p><lb/><p>In der Mitte des Hofes lag die Düngerſtätte, mit der<lb/>
Jauchenpumpe daneben. Am Scheunengiebel war ein Tauben¬<lb/>
haus eingebaut, welches eine Art von Schlößchen darſtellte; die<lb/>
Thüren und Fenſter des Gebäudes bildeten die Ein- und Aus¬<lb/>
fluglöcher für die Tauben. Ein Kranz von ſcharfen, eiſernen<lb/>
Stacheln wehrte dem Raubgetier den Zugang. In dem offenen<lb/>
Schuppen ſah man Brettwagen, Leiterwagen und andere Fuhr¬<lb/><fwplace="bottom"type="sig">2*<lb/></fw></p></div></div></body></text></TEI>
[19/0033]
hört hatte, daß Guſtav bereits abgegeſſen habe, ſtand er auf
und erklärte, mit ihm hinausgehen zu wollen, auf die Felder.
Der junge Mann war gern bereit dazu. Er wußte ſo¬
wieſo nicht, wie er den langen Sonntagnachmittag verbringen
ſolle.
Karl ging mit Vater und Bruder aus dem Zimmer, ſchein¬
bar, um mit aufs Feld zu gehen. Aber, er verſchwand bald. Er
hatte nur die Gelegenheit benutzt, herauszukommen, um auf dem
Heuboden, ungeſtört von ſeiner Frau, weiter ſchlafen zu können.
Der Bauernhof beſtand aus drei Gebäuden, die ein nach
der Südſeite zu offenes Viereck bildeten. Das Wohnhaus, ein
geräumiger Lehmfachwerkbau, mit eingebauter Holzſtube, ehe¬
mals mit Stroh gedeckt, war von dem jetzigen Beſitzer mit
Ziegeldach verſehen worden. Mit dem ſchwarz geſtrichenen
Gebälk und den weiß abgeputzten Lehmvierecken zwiſchen den
Balken, den unter erhabenen Bogen, wie menſchliche Augen,
verſteckten Dachfenſtern, blickte es ſauber, freundlich, altmodiſch
und gediegen drein. Die Winterverpackung aus Moos, Laub
und Waldſtreu war noch nicht entfernt worden. Das Haus war
wohl verſorgt, die Leute, die hier wohnten, das ſah man, liebten
und ſchützten ihren Herd.
Unter einem langen und hohen Dache waren Schuppen,
Banſe und zwei Tennen untergebracht. Ein drittes Gebäude
enthielt Pferde-, Kuh- und Schweineſtälle. Scheune wie Stall
wieſen noch die althergebrachte Strohbedachung auf.
Die Gebäude waren alt, aber gut erhalten. Man ſah,
daß hier Generationen von tüchtigen und fleißigen Wirten ge¬
hauſt hatten. Jeder Ritz war zugemacht, jedes Loch bei Zeiten
verſtopft worden.
In der Mitte des Hofes lag die Düngerſtätte, mit der
Jauchenpumpe daneben. Am Scheunengiebel war ein Tauben¬
haus eingebaut, welches eine Art von Schlößchen darſtellte; die
Thüren und Fenſter des Gebäudes bildeten die Ein- und Aus¬
fluglöcher für die Tauben. Ein Kranz von ſcharfen, eiſernen
Stacheln wehrte dem Raubgetier den Zugang. In dem offenen
Schuppen ſah man Brettwagen, Leiterwagen und andere Fuhr¬
2*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/33>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.