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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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Es sei ein allgemeines Bedürfnis für die Gegend, hatte
Sam erklärt; weit und breit bekäme man keine vernünftigen
Ziegeln zu kaufen. Er halte es für seine Pflicht, etwas für
die Hebung des Ortes zu thun, durch Einführung der Industrie.
Nun sollten die Halbenauer einmal sehen, was jetzt für Geld
unter die Leute kommen werde! --

Die Grundmauern zum Ringofen schossen schnell aus dem
Boden empor, das Gebälk zum Trockenschuppen wurde ge¬
rüstet, die Schlämmbassins angelegt, und schließlich die ein¬
zelnen Teile der weitläufigen Anlage mittelst schmaler Schie¬
nenstränge verbunden. Über dem Ganzen reckte sich bald die
Ziegeleiesse höher und höher empor; ein ungewohnter An¬
blick, der die Halbenauer staunen machte. Nun bekamen sie
doch auch eine Dampfesse in den Ort.

Täglich gab es jetzt Veränderungen auf dem Grundstücke.
Eines Tages, im Herbst, erschien ein gräflicher Revierförster
mit seinen Leuten auf der zum Büttnerschen Gute gehörigen
Waldparzelle. In wenigen Tagen ward mit den verkrüppelten
Kiefern, Wachholderbüschen und Stockausschlägen aufgeräumt
und Kahlschlag hergestellt.

Die Herrschaft Saland hatte nun doch den Wald des Bauern¬
gutes angekauft für ein Geld, das dem Bauern, hätte er es zur
rechten Zeit gehabt, über alle Nöte hinweggeholfen haben würde.
Gleichzeitig war auch das ,Büschelgewende', dessen Urbar¬
machung dem alten Manne so viel sauren Schweiß gekostet hatte,
an den mächtigen Nachbarn gekommen. Nun war das Loch zu¬
gemacht, das bisher die beiden gräflichen Reviere: Halbenau
und Saland, getrennt hatte. Im Frühjahr sollte die ganze
Fläche zugepflanzt werden.

Traugott Büttner sah alle diese Dinge. Keine Klage
kam über seine Lippen. Es war, als habe er sich selbst Schwei¬
gen auferlegt. Was in seinem Inneren vor sich ging, erfuhr
kein Mensch.

Er glich einer Pflanze, die man schlecht versetzt hat,
und die nun in verwahrlostem Zustande dahinsiecht; sie ve¬
gitiert noch, aber in ihren Säften geht sie zurück. Er glich

W. v. Polenz, Der Büttnerbauer. 22

Es ſei ein allgemeines Bedürfnis für die Gegend, hatte
Sam erklärt; weit und breit bekäme man keine vernünftigen
Ziegeln zu kaufen. Er halte es für ſeine Pflicht, etwas für
die Hebung des Ortes zu thun, durch Einführung der Induſtrie.
Nun ſollten die Halbenauer einmal ſehen, was jetzt für Geld
unter die Leute kommen werde! —

Die Grundmauern zum Ringofen ſchoſſen ſchnell aus dem
Boden empor, das Gebälk zum Trockenſchuppen wurde ge¬
rüſtet, die Schlämmbaſſins angelegt, und ſchließlich die ein¬
zelnen Teile der weitläufigen Anlage mittelſt ſchmaler Schie¬
nenſtränge verbunden. Über dem Ganzen reckte ſich bald die
Ziegeleieſſe höher und höher empor; ein ungewohnter An¬
blick, der die Halbenauer ſtaunen machte. Nun bekamen ſie
doch auch eine Dampfeſſe in den Ort.

Täglich gab es jetzt Veränderungen auf dem Grundſtücke.
Eines Tages, im Herbſt, erſchien ein gräflicher Revierförſter
mit ſeinen Leuten auf der zum Büttnerſchen Gute gehörigen
Waldparzelle. In wenigen Tagen ward mit den verkrüppelten
Kiefern, Wachholderbüſchen und Stockausſchlägen aufgeräumt
und Kahlſchlag hergeſtellt.

Die Herrſchaft Saland hatte nun doch den Wald des Bauern¬
gutes angekauft für ein Geld, das dem Bauern, hätte er es zur
rechten Zeit gehabt, über alle Nöte hinweggeholfen haben würde.
Gleichzeitig war auch das ,Büſchelgewende‛, deſſen Urbar¬
machung dem alten Manne ſo viel ſauren Schweiß gekoſtet hatte,
an den mächtigen Nachbarn gekommen. Nun war das Loch zu¬
gemacht, das bisher die beiden gräflichen Reviere: Halbenau
und Saland, getrennt hatte. Im Frühjahr ſollte die ganze
Fläche zugepflanzt werden.

Traugott Büttner ſah alle dieſe Dinge. Keine Klage
kam über ſeine Lippen. Es war, als habe er ſich ſelbſt Schwei¬
gen auferlegt. Was in ſeinem Inneren vor ſich ging, erfuhr
kein Menſch.

Er glich einer Pflanze, die man ſchlecht verſetzt hat,
und die nun in verwahrloſtem Zuſtande dahinſiecht; ſie ve¬
gitiert noch, aber in ihren Säften geht ſie zurück. Er glich

W. v. Polenz, Der Büttnerbauer. 22
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[337/0351] Es ſei ein allgemeines Bedürfnis für die Gegend, hatte Sam erklärt; weit und breit bekäme man keine vernünftigen Ziegeln zu kaufen. Er halte es für ſeine Pflicht, etwas für die Hebung des Ortes zu thun, durch Einführung der Induſtrie. Nun ſollten die Halbenauer einmal ſehen, was jetzt für Geld unter die Leute kommen werde! — Die Grundmauern zum Ringofen ſchoſſen ſchnell aus dem Boden empor, das Gebälk zum Trockenſchuppen wurde ge¬ rüſtet, die Schlämmbaſſins angelegt, und ſchließlich die ein¬ zelnen Teile der weitläufigen Anlage mittelſt ſchmaler Schie¬ nenſtränge verbunden. Über dem Ganzen reckte ſich bald die Ziegeleieſſe höher und höher empor; ein ungewohnter An¬ blick, der die Halbenauer ſtaunen machte. Nun bekamen ſie doch auch eine Dampfeſſe in den Ort. Täglich gab es jetzt Veränderungen auf dem Grundſtücke. Eines Tages, im Herbſt, erſchien ein gräflicher Revierförſter mit ſeinen Leuten auf der zum Büttnerſchen Gute gehörigen Waldparzelle. In wenigen Tagen ward mit den verkrüppelten Kiefern, Wachholderbüſchen und Stockausſchlägen aufgeräumt und Kahlſchlag hergeſtellt. Die Herrſchaft Saland hatte nun doch den Wald des Bauern¬ gutes angekauft für ein Geld, das dem Bauern, hätte er es zur rechten Zeit gehabt, über alle Nöte hinweggeholfen haben würde. Gleichzeitig war auch das ,Büſchelgewende‛, deſſen Urbar¬ machung dem alten Manne ſo viel ſauren Schweiß gekoſtet hatte, an den mächtigen Nachbarn gekommen. Nun war das Loch zu¬ gemacht, das bisher die beiden gräflichen Reviere: Halbenau und Saland, getrennt hatte. Im Frühjahr ſollte die ganze Fläche zugepflanzt werden. Traugott Büttner ſah alle dieſe Dinge. Keine Klage kam über ſeine Lippen. Es war, als habe er ſich ſelbſt Schwei¬ gen auferlegt. Was in ſeinem Inneren vor ſich ging, erfuhr kein Menſch. Er glich einer Pflanze, die man ſchlecht verſetzt hat, und die nun in verwahrloſtem Zuſtande dahinſiecht; ſie ve¬ gitiert noch, aber in ihren Säften geht ſie zurück. Er glich W. v. Polenz, Der Büttnerbauer. 22

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/351>, abgerufen am 22.11.2024.