Als er näher kam, erkannte er jedoch, daß es erwachsene Männer seien. Er schloß sich einer Gruppe von Dorfleuten an, die, hinter einem Boskett stehend, dem Treiben der Vor¬ nehmen zusahen.
Auf der Parkwiese war eine größere Gesellschaft ver¬ sammelt: Herren und Damen. Man saß und lag umher auf Korbstühlen und Bastmatten. Zwischen den Bäumen waren Hängematten gespannt. Eine Dame, die sich in einer solchen hin und her schaukelte, nahm sich wie ein roter Farbenklecks aus, gegen das Grün des Rasens. Man trank, rauchte, nahm Erfrischungen zu sich, stand in Gruppen bei einander, lachte und schwatzte, in nachlässiger Weise. Ein Konzert fremdartiger Formen und Farben: die Damen in hellen Toiletten, wie exotische Blumen! Ein üppiges, farbenschillern¬ des Bild, von niegesehener Eigenart entrollte sich vor den Augen des Landsvolkes. Karl stand da und riß große unver¬ ständige Augen auf.
Eine Frau, die gelegentlich auf Scheuerarbeit in's Schloß kam, machte die Erklärerin. Sie wußte, welcher der Bräu¬ tigam sei: dort der kleine, mit dem schwarzen Schnurrbärtchen. -- Karl hatte sich einen Prinzen bis dahin auch ganz anders vorgestellt.
Jetzt hörten sie auf zu spielen. Großes Durcheinander herrschte auf dem Platze. "Nu hat eene Parte gewunnen! Desderwegen thun se su brillen," erklärte die Frau, sichtlich stolz, daß sie so gut über die Sitten der Großen unterrichtet sei. "Itze wern de Frauensmenscher och glei losmachen, paßt a mal uff!"
Richtig! es traten zwei Damen mit auf den Plan. "Saht ack, das is se! das is unse Wanda -- das is de Braut!"
Nun sah man auch die Damen voll Eifer auf dem Rasen hüpfen. Es wurde viel gelacht und gejubelt. Das Braut¬ paar spielte auf einer Seite; sie verloren. Wanda tadelte den prinzlichen Partner oft genug und ließ ihn nach den ver¬ lorenen Bällen springen.
Ein kleiner Alter, mit einem Leinewandsack auf den Rücken,
Als er näher kam, erkannte er jedoch, daß es erwachſene Männer ſeien. Er ſchloß ſich einer Gruppe von Dorfleuten an, die, hinter einem Boskett ſtehend, dem Treiben der Vor¬ nehmen zuſahen.
Auf der Parkwieſe war eine größere Geſellſchaft ver¬ ſammelt: Herren und Damen. Man ſaß und lag umher auf Korbſtühlen und Baſtmatten. Zwiſchen den Bäumen waren Hängematten geſpannt. Eine Dame, die ſich in einer ſolchen hin und her ſchaukelte, nahm ſich wie ein roter Farbenklecks aus, gegen das Grün des Raſens. Man trank, rauchte, nahm Erfriſchungen zu ſich, ſtand in Gruppen bei einander, lachte und ſchwatzte, in nachläſſiger Weiſe. Ein Konzert fremdartiger Formen und Farben: die Damen in hellen Toiletten, wie exotiſche Blumen! Ein üppiges, farbenſchillern¬ des Bild, von niegeſehener Eigenart entrollte ſich vor den Augen des Landsvolkes. Karl ſtand da und riß große unver¬ ſtändige Augen auf.
Eine Frau, die gelegentlich auf Scheuerarbeit in's Schloß kam, machte die Erklärerin. Sie wußte, welcher der Bräu¬ tigam ſei: dort der kleine, mit dem ſchwarzen Schnurrbärtchen. — Karl hatte ſich einen Prinzen bis dahin auch ganz anders vorgeſtellt.
Jetzt hörten ſie auf zu ſpielen. Großes Durcheinander herrſchte auf dem Platze. „Nu hat eene Parte gewunnen! Desderwegen thun ſe ſu brillen,“ erklärte die Frau, ſichtlich ſtolz, daß ſie ſo gut über die Sitten der Großen unterrichtet ſei. „Itze wern de Frauensmenſcher och glei losmachen, paßt a mal uff!“
Richtig! es traten zwei Damen mit auf den Plan. „Saht ack, das is ſe! das is unſe Wanda — das is de Braut!“
Nun ſah man auch die Damen voll Eifer auf dem Raſen hüpfen. Es wurde viel gelacht und gejubelt. Das Braut¬ paar ſpielte auf einer Seite; ſie verloren. Wanda tadelte den prinzlichen Partner oft genug und ließ ihn nach den ver¬ lorenen Bällen ſpringen.
Ein kleiner Alter, mit einem Leinewandſack auf den Rücken,
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Als er näher kam, erkannte er jedoch, daß es erwachſene
Männer ſeien. Er ſchloß ſich einer Gruppe von Dorfleuten
an, die, hinter einem Boskett ſtehend, dem Treiben der Vor¬
nehmen zuſahen.
Auf der Parkwieſe war eine größere Geſellſchaft ver¬
ſammelt: Herren und Damen. Man ſaß und lag umher auf
Korbſtühlen und Baſtmatten. Zwiſchen den Bäumen waren
Hängematten geſpannt. Eine Dame, die ſich in einer ſolchen
hin und her ſchaukelte, nahm ſich wie ein roter Farbenklecks
aus, gegen das Grün des Raſens. Man trank, rauchte,
nahm Erfriſchungen zu ſich, ſtand in Gruppen bei einander,
lachte und ſchwatzte, in nachläſſiger Weiſe. Ein Konzert
fremdartiger Formen und Farben: die Damen in hellen
Toiletten, wie exotiſche Blumen! Ein üppiges, farbenſchillern¬
des Bild, von niegeſehener Eigenart entrollte ſich vor den
Augen des Landsvolkes. Karl ſtand da und riß große unver¬
ſtändige Augen auf.
Eine Frau, die gelegentlich auf Scheuerarbeit in's Schloß
kam, machte die Erklärerin. Sie wußte, welcher der Bräu¬
tigam ſei: dort der kleine, mit dem ſchwarzen Schnurrbärtchen.
— Karl hatte ſich einen Prinzen bis dahin auch ganz anders
vorgeſtellt.
Jetzt hörten ſie auf zu ſpielen. Großes Durcheinander
herrſchte auf dem Platze. „Nu hat eene Parte gewunnen!
Desderwegen thun ſe ſu brillen,“ erklärte die Frau, ſichtlich
ſtolz, daß ſie ſo gut über die Sitten der Großen unterrichtet
ſei. „Itze wern de Frauensmenſcher och glei losmachen, paßt
a mal uff!“
Richtig! es traten zwei Damen mit auf den Plan. „Saht
ack, das is ſe! das is unſe Wanda — das is de Braut!“
Nun ſah man auch die Damen voll Eifer auf dem Raſen
hüpfen. Es wurde viel gelacht und gejubelt. Das Braut¬
paar ſpielte auf einer Seite; ſie verloren. Wanda tadelte den
prinzlichen Partner oft genug und ließ ihn nach den ver¬
lorenen Bällen ſpringen.
Ein kleiner Alter, mit einem Leinewandſack auf den Rücken,
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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/355>, abgerufen am 23.11.2024.
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