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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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einfach, für die Verhältnisse des kleinen Mannes berechnet.
Häschke rekognoszierte, ehe man eintrat, das Schild. Es war
noch der alte Name; also würde wohl auch der alte Geist hier
walten.

Man betrat das Lokal. Häschke gab sich als ein alter
Kunde der Wirtschaft zu erkennen. Der Wirt schmunzelte ver¬
ständnisvoll und erklärte, sich seiner noch ganz gut zu ent¬
sinnen.

Während der bestellte Imbiß für die beiden zubereitet
wurde, setzte sich der Wirt zu ihnen an den Tisch. Er schien
ein geistig reger, gut unterrichteter Mann zu sein. Häschke
erfuhr von ihm, im Laufe einer Viertelstunde, alles, was er
wissen wollte.

Die Lage des Arbeitsmarktes war eine gedrückte, zur Zeit.
Für Zugereiste gab es so gut wie gar keine Anstellungsaus¬
sichten. Besonders in der Maschinenbranche, nach der sich
Häschke erkundigt hatte, gingen die Geschäfte ganz flau. Die
Fabriken arbeiteten nur, um nicht schließen zu müssen. Die
großen Unternehmer wollten die Krisis benutzen, sich einer An¬
zahl Arbeiter zu entledigen, und dann die Löhne der übrigen zu
drücken. Dazu gab es eine Menge Arbeitsloser, die sich von
Tag zu Tag durch Zuzug aus den Kohlenrevieren vermehrten,
wo seit einem Monat Strike herrschte. Große Demonstrationen
der Arbeitslosen hatten bereits stattgefunden, fast jeden Abend
gab es Volksversammlungen, die Polizei hatte zu thun.

Kurz, es ging allerhand Interessantes vor! Der Wirt
schmunzelte wiederholt bei seinem Berichte. Ihn erregten
diese Dinge durchaus nicht; er fuhr unter allen Umständen
gut. Je mehr Unzufriedene, desto stärker der Besuch seines
Lokales. --

Alles war hier darauf berechnet, dem Proletarier zu
schmeicheln; kein Bourgeoisblatt war zu erblicken, nur Zei¬
tungen einer bestimmten politischen Richtung. Hier bekam
Gustav zum erstenmale in seinen Leben Blätter in die Hand,
welche er nur aus Verwarnungen der Vorgesetzten dem Namen
nach kannte, die er nie anders als mit Abscheu und Entrüstung hatte

einfach, für die Verhältniſſe des kleinen Mannes berechnet.
Häſchke rekognoszierte, ehe man eintrat, das Schild. Es war
noch der alte Name; alſo würde wohl auch der alte Geiſt hier
walten.

Man betrat das Lokal. Häſchke gab ſich als ein alter
Kunde der Wirtſchaft zu erkennen. Der Wirt ſchmunzelte ver¬
ſtändnisvoll und erklärte, ſich ſeiner noch ganz gut zu ent¬
ſinnen.

Während der beſtellte Imbiß für die beiden zubereitet
wurde, ſetzte ſich der Wirt zu ihnen an den Tiſch. Er ſchien
ein geiſtig reger, gut unterrichteter Mann zu ſein. Häſchke
erfuhr von ihm, im Laufe einer Viertelſtunde, alles, was er
wiſſen wollte.

Die Lage des Arbeitsmarktes war eine gedrückte, zur Zeit.
Für Zugereiſte gab es ſo gut wie gar keine Anſtellungsaus¬
ſichten. Beſonders in der Maſchinenbranche, nach der ſich
Häſchke erkundigt hatte, gingen die Geſchäfte ganz flau. Die
Fabriken arbeiteten nur, um nicht ſchließen zu müſſen. Die
großen Unternehmer wollten die Kriſis benutzen, ſich einer An¬
zahl Arbeiter zu entledigen, und dann die Löhne der übrigen zu
drücken. Dazu gab es eine Menge Arbeitsloſer, die ſich von
Tag zu Tag durch Zuzug aus den Kohlenrevieren vermehrten,
wo ſeit einem Monat Strike herrſchte. Große Demonſtrationen
der Arbeitsloſen hatten bereits ſtattgefunden, faſt jeden Abend
gab es Volksverſammlungen, die Polizei hatte zu thun.

Kurz, es ging allerhand Intereſſantes vor! Der Wirt
ſchmunzelte wiederholt bei ſeinem Berichte. Ihn erregten
dieſe Dinge durchaus nicht; er fuhr unter allen Umſtänden
gut. Je mehr Unzufriedene, deſto ſtärker der Beſuch ſeines
Lokales. —

Alles war hier darauf berechnet, dem Proletarier zu
ſchmeicheln; kein Bourgeoisblatt war zu erblicken, nur Zei¬
tungen einer beſtimmten politiſchen Richtung. Hier bekam
Guſtav zum erſtenmale in ſeinen Leben Blätter in die Hand,
welche er nur aus Verwarnungen der Vorgeſetzten dem Namen
nach kannte, die er nie anders als mit Abſcheu und Entrüſtung hatte

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[366/0380] einfach, für die Verhältniſſe des kleinen Mannes berechnet. Häſchke rekognoszierte, ehe man eintrat, das Schild. Es war noch der alte Name; alſo würde wohl auch der alte Geiſt hier walten. Man betrat das Lokal. Häſchke gab ſich als ein alter Kunde der Wirtſchaft zu erkennen. Der Wirt ſchmunzelte ver¬ ſtändnisvoll und erklärte, ſich ſeiner noch ganz gut zu ent¬ ſinnen. Während der beſtellte Imbiß für die beiden zubereitet wurde, ſetzte ſich der Wirt zu ihnen an den Tiſch. Er ſchien ein geiſtig reger, gut unterrichteter Mann zu ſein. Häſchke erfuhr von ihm, im Laufe einer Viertelſtunde, alles, was er wiſſen wollte. Die Lage des Arbeitsmarktes war eine gedrückte, zur Zeit. Für Zugereiſte gab es ſo gut wie gar keine Anſtellungsaus¬ ſichten. Beſonders in der Maſchinenbranche, nach der ſich Häſchke erkundigt hatte, gingen die Geſchäfte ganz flau. Die Fabriken arbeiteten nur, um nicht ſchließen zu müſſen. Die großen Unternehmer wollten die Kriſis benutzen, ſich einer An¬ zahl Arbeiter zu entledigen, und dann die Löhne der übrigen zu drücken. Dazu gab es eine Menge Arbeitsloſer, die ſich von Tag zu Tag durch Zuzug aus den Kohlenrevieren vermehrten, wo ſeit einem Monat Strike herrſchte. Große Demonſtrationen der Arbeitsloſen hatten bereits ſtattgefunden, faſt jeden Abend gab es Volksverſammlungen, die Polizei hatte zu thun. Kurz, es ging allerhand Intereſſantes vor! Der Wirt ſchmunzelte wiederholt bei ſeinem Berichte. Ihn erregten dieſe Dinge durchaus nicht; er fuhr unter allen Umſtänden gut. Je mehr Unzufriedene, deſto ſtärker der Beſuch ſeines Lokales. — Alles war hier darauf berechnet, dem Proletarier zu ſchmeicheln; kein Bourgeoisblatt war zu erblicken, nur Zei¬ tungen einer beſtimmten politiſchen Richtung. Hier bekam Guſtav zum erſtenmale in ſeinen Leben Blätter in die Hand, welche er nur aus Verwarnungen der Vorgeſetzten dem Namen nach kannte, die er nie anders als mit Abſcheu und Entrüſtung hatte

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/380>, abgerufen am 24.11.2024.