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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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Ihm gegenüber der Fremde hatte einen schwarzen Bart,
in den sich, auf der einen Gesichtsseite, ein dunkelrotes Mutter¬
mal verlief. Karl wurde ganz zerstreut durch dieses Abzeichen;
er mußte unausgesetzt darauf starren.

"Karle, Du bist am Ausspielen!" mahnte der Vetter.

"Gegen solche Karten ist nicht aufzukommen," sagte der
andere Fremde, ein kleiner bartloser Mann, dessen Kopf, wie
mit Mehlstaub bestreut erschien. ,Das ist also ein Müller!'
dachte Karl. Aber als der Mann seinen Kopf in's Licht vor¬
beugte, sah man, daß sein Haar von Natur so grau sei.

"Herr Büttner hat die Partie gewonnen," hieß es.

Richard zeigte eine Magenwurst vor, die hatte Karl ge¬
wonnen. Der lachte vor Vergnügen über das ganze Gesicht.
Er hatte es ja gleich gesagt, daß er die Kerle reinlegen würde.

"Jetzt woll'n mer um de Knöppe spielen!" rief Richard.

Der mit dem Muttermale griff in die Tasche und legte
eine Hand voll Silber auf den Tisch. Ein gleiches that der
Graukopf. "Ich bin auch versehen" erklärte Richard Kaschel
und klopfte protzig auf seine Tasche.

Karl brachte das Ledertäschchen mit dem Stahlbügel her¬
vor. Er lächelte verächtlich. Jetzt sollten die Fremden mal
sehen, was er für ein Kerl war! Mit ungeschickten Fingern
holte er die einzelnen Goldstücke heraus. Es waren noch
fünfzig Mark; das übrige war vergeudet.

"Noch'nen Nordhäuser vorher!" sagte Richard, "den gebe
ich." Er holte aus dem Wandschranke ein Flasche hervor,
schenke die Gläser voll und stellte die Flasche auf den Tisch.

Das Spiel begann von neuem. "Der guckt durch a Ast¬
loch!" sagte jemand. Karl lachte über die Bemerkung, weil
er die anderen lachen sah. Diesmal hatte er verloren.

"Immer glei bezahlen! Da giebt's nich lange Qualen!"
meinte der Gewinner. Fünf Mark hieß es, habe Karl auszu¬
zahlen. Richard wechselte ihm ein Goldstück gegen Silber¬
geld ein.

Nachdem Karl mehrere Male hintereinander verloren
hatte, kam eine Art Besinnung über ihn. Er erhob sich,

Ihm gegenüber der Fremde hatte einen ſchwarzen Bart,
in den ſich, auf der einen Geſichtsſeite, ein dunkelrotes Mutter¬
mal verlief. Karl wurde ganz zerſtreut durch dieſes Abzeichen;
er mußte unausgeſetzt darauf ſtarren.

„Karle, Du biſt am Ausſpielen!“ mahnte der Vetter.

„Gegen ſolche Karten iſt nicht aufzukommen,“ ſagte der
andere Fremde, ein kleiner bartloſer Mann, deſſen Kopf, wie
mit Mehlſtaub beſtreut erſchien. ‚Das iſt alſo ein Müller!‘
dachte Karl. Aber als der Mann ſeinen Kopf in's Licht vor¬
beugte, ſah man, daß ſein Haar von Natur ſo grau ſei.

„Herr Büttner hat die Partie gewonnen,“ hieß es.

Richard zeigte eine Magenwurſt vor, die hatte Karl ge¬
wonnen. Der lachte vor Vergnügen über das ganze Geſicht.
Er hatte es ja gleich geſagt, daß er die Kerle reinlegen würde.

„Jetzt woll'n mer um de Knöppe ſpielen!“ rief Richard.

Der mit dem Muttermale griff in die Taſche und legte
eine Hand voll Silber auf den Tiſch. Ein gleiches that der
Graukopf. „Ich bin auch verſehen“ erklärte Richard Kaſchel
und klopfte protzig auf ſeine Taſche.

Karl brachte das Ledertäſchchen mit dem Stahlbügel her¬
vor. Er lächelte verächtlich. Jetzt ſollten die Fremden mal
ſehen, was er für ein Kerl war! Mit ungeſchickten Fingern
holte er die einzelnen Goldſtücke heraus. Es waren noch
fünfzig Mark; das übrige war vergeudet.

„Noch'nen Nordhäuſer vorher!“ ſagte Richard, „den gebe
ich.“ Er holte aus dem Wandſchranke ein Flaſche hervor,
ſchenke die Gläſer voll und ſtellte die Flaſche auf den Tiſch.

Das Spiel begann von neuem. „Der guckt durch a Aſt¬
loch!“ ſagte jemand. Karl lachte über die Bemerkung, weil
er die anderen lachen ſah. Diesmal hatte er verloren.

„Immer glei bezahlen! Da giebt's nich lange Qualen!“
meinte der Gewinner. Fünf Mark hieß es, habe Karl auszu¬
zahlen. Richard wechſelte ihm ein Goldſtück gegen Silber¬
geld ein.

Nachdem Karl mehrere Male hintereinander verloren
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[391/0405] Ihm gegenüber der Fremde hatte einen ſchwarzen Bart, in den ſich, auf der einen Geſichtsſeite, ein dunkelrotes Mutter¬ mal verlief. Karl wurde ganz zerſtreut durch dieſes Abzeichen; er mußte unausgeſetzt darauf ſtarren. „Karle, Du biſt am Ausſpielen!“ mahnte der Vetter. „Gegen ſolche Karten iſt nicht aufzukommen,“ ſagte der andere Fremde, ein kleiner bartloſer Mann, deſſen Kopf, wie mit Mehlſtaub beſtreut erſchien. ‚Das iſt alſo ein Müller!‘ dachte Karl. Aber als der Mann ſeinen Kopf in's Licht vor¬ beugte, ſah man, daß ſein Haar von Natur ſo grau ſei. „Herr Büttner hat die Partie gewonnen,“ hieß es. Richard zeigte eine Magenwurſt vor, die hatte Karl ge¬ wonnen. Der lachte vor Vergnügen über das ganze Geſicht. Er hatte es ja gleich geſagt, daß er die Kerle reinlegen würde. „Jetzt woll'n mer um de Knöppe ſpielen!“ rief Richard. Der mit dem Muttermale griff in die Taſche und legte eine Hand voll Silber auf den Tiſch. Ein gleiches that der Graukopf. „Ich bin auch verſehen“ erklärte Richard Kaſchel und klopfte protzig auf ſeine Taſche. Karl brachte das Ledertäſchchen mit dem Stahlbügel her¬ vor. Er lächelte verächtlich. Jetzt ſollten die Fremden mal ſehen, was er für ein Kerl war! Mit ungeſchickten Fingern holte er die einzelnen Goldſtücke heraus. Es waren noch fünfzig Mark; das übrige war vergeudet. „Noch'nen Nordhäuſer vorher!“ ſagte Richard, „den gebe ich.“ Er holte aus dem Wandſchranke ein Flaſche hervor, ſchenke die Gläſer voll und ſtellte die Flaſche auf den Tiſch. Das Spiel begann von neuem. „Der guckt durch a Aſt¬ loch!“ ſagte jemand. Karl lachte über die Bemerkung, weil er die anderen lachen ſah. Diesmal hatte er verloren. „Immer glei bezahlen! Da giebt's nich lange Qualen!“ meinte der Gewinner. Fünf Mark hieß es, habe Karl auszu¬ zahlen. Richard wechſelte ihm ein Goldſtück gegen Silber¬ geld ein. Nachdem Karl mehrere Male hintereinander verloren hatte, kam eine Art Beſinnung über ihn. Er erhob ſich,

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/405>, abgerufen am 24.11.2024.