Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite

gab; das erweckte sofort die Lust, mitzuthun. Richard hatte
sich aus Karls gefährlicher Nähe zu retten gewußt und spornte
nun die anderen vom Hintergrunde aus an, zuzugreifen und es
,dem Hunde' mal ordentlich zu geben.

Es wurde gerungen. Der Tisch fiel um, Gläser zer¬
brachen. Plötzlich dröhnte und krachte es. Karl hatte sich
Platz geschafft, drang durch den schmalen Gang in die Haus¬
flur. Dort standen auch schon Leute, die sich ihm entgegen¬
warfen. So von allen Seiten umringt, an Armen und Beinen
von einem Dutzend Fäusten gepackt, ward er endlich wehrlos
gemacht.

Man wußte nicht recht, was mit ihm anfangen! Die
meisten ahnten nicht, was eigentlich der Anlaß zu dem Krakeel
gewesen sei. Jemand riet, ihn vor die Thür zu schaffen. Der
Vorschlag fand Beifall. Karl wurde zur vorderen Thür ge¬
schleppt. Hier gelang es ihm, ein Bein frei zu bekommen, das
er gegen den Thürflügel einstemmte. Man drängte und drückte,
aber der große Körper war nicht freizubekommen.

Richard Kaschel wußte Rat. Der Thürflügel wurde durch
eine eiserne Stange abgehalten, die hob Richard aus; sofort
gab die Thür nach. Karl stürzte mit samt seinen An¬
greifern die Stufen hinab auf die Straße.

In dem allgemeinen Durcheinander, das nun in der
Dunkelheit entstand, wurde ein Schlag und der Fall eines
schweren Körpers so gut wie überhört.

Man lief in's Gastzimmer zurück, erzählte sich gegen¬
seitig, unter Geschrei und Gelächter, die Heldenthat, die
man verübt. Kaschelernst lief umher zetternd und klagend,
über den Schaden, der ihm am Mobiliar angerichtet worden
sei. Um das Schicksal des Hinausgeworfenen kümmerte sich
niemand.

Nach einiger Zeit brannte einer der Gäste seine Laterne
an und machte sich auf den Heimweg. Gleich darauf kam er
mit verstörtem Gesichte wieder in's Zimmer zurück. Draußen
liege einer in einer Pfütze Blut, berichtete der Mann.

Man eilte hinaus. Karl Büttner lag da einige Schritte

gab; das erweckte ſofort die Luſt, mitzuthun. Richard hatte
ſich aus Karls gefährlicher Nähe zu retten gewußt und ſpornte
nun die anderen vom Hintergrunde aus an, zuzugreifen und es
,dem Hunde‘ mal ordentlich zu geben.

Es wurde gerungen. Der Tiſch fiel um, Gläſer zer¬
brachen. Plötzlich dröhnte und krachte es. Karl hatte ſich
Platz geſchafft, drang durch den ſchmalen Gang in die Haus¬
flur. Dort ſtanden auch ſchon Leute, die ſich ihm entgegen¬
warfen. So von allen Seiten umringt, an Armen und Beinen
von einem Dutzend Fäuſten gepackt, ward er endlich wehrlos
gemacht.

Man wußte nicht recht, was mit ihm anfangen! Die
meiſten ahnten nicht, was eigentlich der Anlaß zu dem Krakeel
geweſen ſei. Jemand riet, ihn vor die Thür zu ſchaffen. Der
Vorſchlag fand Beifall. Karl wurde zur vorderen Thür ge¬
ſchleppt. Hier gelang es ihm, ein Bein frei zu bekommen, das
er gegen den Thürflügel einſtemmte. Man drängte und drückte,
aber der große Körper war nicht freizubekommen.

Richard Kaſchel wußte Rat. Der Thürflügel wurde durch
eine eiſerne Stange abgehalten, die hob Richard aus; ſofort
gab die Thür nach. Karl ſtürzte mit ſamt ſeinen An¬
greifern die Stufen hinab auf die Straße.

In dem allgemeinen Durcheinander, das nun in der
Dunkelheit entſtand, wurde ein Schlag und der Fall eines
ſchweren Körpers ſo gut wie überhört.

Man lief in's Gaſtzimmer zurück, erzählte ſich gegen¬
ſeitig, unter Geſchrei und Gelächter, die Heldenthat, die
man verübt. Kaſchelernſt lief umher zetternd und klagend,
über den Schaden, der ihm am Mobiliar angerichtet worden
ſei. Um das Schickſal des Hinausgeworfenen kümmerte ſich
niemand.

Nach einiger Zeit brannte einer der Gäſte ſeine Laterne
an und machte ſich auf den Heimweg. Gleich darauf kam er
mit verſtörtem Geſichte wieder in's Zimmer zurück. Draußen
liege einer in einer Pfütze Blut, berichtete der Mann.

Man eilte hinaus. Karl Büttner lag da einige Schritte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0407" n="393"/>
gab; das erweckte &#x017F;ofort die Lu&#x017F;t, mitzuthun. Richard hatte<lb/>
&#x017F;ich aus Karls gefährlicher Nähe zu retten gewußt und &#x017F;pornte<lb/>
nun die anderen vom Hintergrunde aus an, zuzugreifen und es<lb/>
,dem Hunde&#x2018; mal ordentlich zu geben.</p><lb/>
          <p>Es wurde gerungen. Der Ti&#x017F;ch fiel um, Glä&#x017F;er zer¬<lb/>
brachen. Plötzlich dröhnte und krachte es. Karl hatte &#x017F;ich<lb/>
Platz ge&#x017F;chafft, drang durch den &#x017F;chmalen Gang in die Haus¬<lb/>
flur. Dort &#x017F;tanden auch &#x017F;chon Leute, die &#x017F;ich ihm entgegen¬<lb/>
warfen. So von allen Seiten umringt, an Armen und Beinen<lb/>
von einem Dutzend Fäu&#x017F;ten gepackt, ward er endlich wehrlos<lb/>
gemacht.</p><lb/>
          <p>Man wußte nicht recht, was mit ihm anfangen! Die<lb/>
mei&#x017F;ten ahnten nicht, was eigentlich der Anlaß zu dem Krakeel<lb/>
gewe&#x017F;en &#x017F;ei. Jemand riet, ihn vor die Thür zu &#x017F;chaffen. Der<lb/>
Vor&#x017F;chlag fand Beifall. Karl wurde zur vorderen Thür ge¬<lb/>
&#x017F;chleppt. Hier gelang es ihm, ein Bein frei zu bekommen, das<lb/>
er gegen den Thürflügel ein&#x017F;temmte. Man drängte und drückte,<lb/>
aber der große Körper war nicht freizubekommen.</p><lb/>
          <p>Richard Ka&#x017F;chel wußte Rat. Der Thürflügel wurde durch<lb/>
eine ei&#x017F;erne Stange abgehalten, die hob Richard aus; &#x017F;ofort<lb/>
gab die Thür nach. Karl &#x017F;türzte mit &#x017F;amt &#x017F;einen An¬<lb/>
greifern die Stufen hinab auf die Straße.</p><lb/>
          <p>In dem allgemeinen Durcheinander, das nun in der<lb/>
Dunkelheit ent&#x017F;tand, wurde ein Schlag und der Fall eines<lb/>
&#x017F;chweren Körpers &#x017F;o gut wie überhört.</p><lb/>
          <p>Man lief in's Ga&#x017F;tzimmer zurück, erzählte &#x017F;ich gegen¬<lb/>
&#x017F;eitig, unter Ge&#x017F;chrei und Gelächter, die Heldenthat, die<lb/>
man verübt. Ka&#x017F;chelern&#x017F;t lief umher zetternd und klagend,<lb/>
über den Schaden, der ihm am Mobiliar angerichtet worden<lb/>
&#x017F;ei. Um das Schick&#x017F;al des Hinausgeworfenen kümmerte &#x017F;ich<lb/>
niemand.</p><lb/>
          <p>Nach einiger Zeit brannte einer der Gä&#x017F;te &#x017F;eine Laterne<lb/>
an und machte &#x017F;ich auf den Heimweg. Gleich darauf kam er<lb/>
mit ver&#x017F;törtem Ge&#x017F;ichte wieder in's Zimmer zurück. Draußen<lb/>
liege einer in einer Pfütze Blut, berichtete der Mann.</p><lb/>
          <p>Man eilte hinaus. Karl Büttner lag da einige Schritte<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[393/0407] gab; das erweckte ſofort die Luſt, mitzuthun. Richard hatte ſich aus Karls gefährlicher Nähe zu retten gewußt und ſpornte nun die anderen vom Hintergrunde aus an, zuzugreifen und es ,dem Hunde‘ mal ordentlich zu geben. Es wurde gerungen. Der Tiſch fiel um, Gläſer zer¬ brachen. Plötzlich dröhnte und krachte es. Karl hatte ſich Platz geſchafft, drang durch den ſchmalen Gang in die Haus¬ flur. Dort ſtanden auch ſchon Leute, die ſich ihm entgegen¬ warfen. So von allen Seiten umringt, an Armen und Beinen von einem Dutzend Fäuſten gepackt, ward er endlich wehrlos gemacht. Man wußte nicht recht, was mit ihm anfangen! Die meiſten ahnten nicht, was eigentlich der Anlaß zu dem Krakeel geweſen ſei. Jemand riet, ihn vor die Thür zu ſchaffen. Der Vorſchlag fand Beifall. Karl wurde zur vorderen Thür ge¬ ſchleppt. Hier gelang es ihm, ein Bein frei zu bekommen, das er gegen den Thürflügel einſtemmte. Man drängte und drückte, aber der große Körper war nicht freizubekommen. Richard Kaſchel wußte Rat. Der Thürflügel wurde durch eine eiſerne Stange abgehalten, die hob Richard aus; ſofort gab die Thür nach. Karl ſtürzte mit ſamt ſeinen An¬ greifern die Stufen hinab auf die Straße. In dem allgemeinen Durcheinander, das nun in der Dunkelheit entſtand, wurde ein Schlag und der Fall eines ſchweren Körpers ſo gut wie überhört. Man lief in's Gaſtzimmer zurück, erzählte ſich gegen¬ ſeitig, unter Geſchrei und Gelächter, die Heldenthat, die man verübt. Kaſchelernſt lief umher zetternd und klagend, über den Schaden, der ihm am Mobiliar angerichtet worden ſei. Um das Schickſal des Hinausgeworfenen kümmerte ſich niemand. Nach einiger Zeit brannte einer der Gäſte ſeine Laterne an und machte ſich auf den Heimweg. Gleich darauf kam er mit verſtörtem Geſichte wieder in's Zimmer zurück. Draußen liege einer in einer Pfütze Blut, berichtete der Mann. Man eilte hinaus. Karl Büttner lag da einige Schritte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/407
Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/407>, abgerufen am 24.11.2024.