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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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übrigen suchten, ein trockener Humor. So findet er sich mit seinem
etwas heikeln Thema vortrefflich ab, und die einzelnen Gestalten
der Erzählung sind getreu nach der Wirklichkeit bezeichnet. "Die
Versuchung" kommt über den ehrenwerten Studiosus der Theologie
Weikert in Gestalt einer liebenswürdigen Berliner Konfektioneuse
Emmy, und er hält derselben -- nicht Stand. Köstlich sind nun
die Seelenkämpfe des Armen geschildert. (Inhalt.) . . . . . Auch
die Nebenfiguren der Erzählung, der burschikose Mediziner Kritzel,
der Konsistorialrat Böhme, die Berliner Studentenwirtin, sind sehr
geschickt gezeichnet.

Freie Bühne: Es ist eine der vorläufig äußerst seltenen
und deshalb hochwillkommenen Proben realistischer Behandlung,
die eines wohlwollenden Humors nicht entbehren. Ein trefflich
gezeichneter, kreuzbraver Student der Theologie vom Lande knüpft
im Sündenbabel der Großstadt ein kleines Verhältnis an. Die
Geschichte hätte frivol werden können, die Klippe ist vermieden
durch die feine, lächelnde Satire, die unablässig im höchsten Grade
belustigende und doch feine Seitenhiebe gegen unsere konventionelle
Moralphrase führt. Die eingestreuten kleinen Bilder aus dem
Leben der Großstadt sind ungewöhnlich scharf gefaßt, man fühlt
eine Kraft, die zweifellos bald Bedeutendes leisten wird, die stark
ist und fein, voll Mut und doch besonnen durch die gute Schule
sorgfältiger Selbst- und Weltbeobachtung.

Das Magazin für Litteratur: Wilhelm von Polenz be¬
kundet in der "Versuchung" ein ernst-strebendes Talent, das scharf
zu beobachten und fein zu charakterisieren versteht. Polenz weiß
im Gegensatz zu so manchem seiner Kollegen den Standpunkt und
die Tonart des modern gebildeten Schriftstellers zu wahren.

Breslauer Zeitung: Das Bemerkenswerte an dem Buche
scheint mir zu sein, daß ein dem Naturalismus bisher nur zu
fremdes Kunstmittel nicht als gelegentliche Begleiterscheinung,
sondern als kennzeichnendes Moment in die Erscheinung tritt: der
Humor. Der Humor des Herrn von Polenz ist ein trockener, so¬
zusagen ein sachlicher Humor, der einen spezifisch ostdeutschen
Charakter zu tragen scheint. Bei unserm Künstler hat man von
Anfang an das frohe Gefühl, einen sicheren und überlegenen
Führer vor sich zu haben, der die selbst aufgeworfenen Kontraste
auszugleichen verstehen wird. Er verzerrt nicht, er spöttelt nicht:
er stellt einfach wahrhaft dar. Welch' eine Kluft zwischen dem
reuevoll über seinen Sündenfall brütenden Theologen und dem
unbekümmert weiter flatternden Mädchen! Gestaltet sich dieser
schroffe Kontrast schließlich versöhnend und im Sinne des Humors
aus, so liegt das an dem Verhältnis des Verfassers zu den be¬
rührten Gedanken, die er vermocht hat, innerlich zu überwinden
und zu höheren, freieren Standpunkten in sich zu erheben. Darum
kommt er auch zu einem weiteren Fortschritt in Bezug auf die
Behandlung des Sexuellen. Weil hier weder ein Vergnügen an
diesen Dingen, noch eine Berechnung auf die Lüsternheit des
Lesers vorliegt, so wird endlich wieder das Selbstverständliche und
Natürliche bei aller Ehrlichkeit selbstverständlich und natürlich ge¬
sagt, und man hat wieder das Gefühl des Vornehmen, Freien, des
Beherrschens der Dinge.

übrigen ſuchten, ein trockener Humor. So findet er ſich mit ſeinem
etwas heikeln Thema vortrefflich ab, und die einzelnen Geſtalten
der Erzählung ſind getreu nach der Wirklichkeit bezeichnet. „Die
Verſuchung“ kommt über den ehrenwerten Studioſus der Theologie
Weikert in Geſtalt einer liebenswürdigen Berliner Konfektioneuſe
Emmy, und er hält derſelben — nicht Stand. Köſtlich ſind nun
die Seelenkämpfe des Armen geſchildert. (Inhalt.) . . . . . Auch
die Nebenfiguren der Erzählung, der burſchikoſe Mediziner Kritzel,
der Konſiſtorialrat Böhme, die Berliner Studentenwirtin, ſind ſehr
geſchickt gezeichnet.

Freie Bühne: Es iſt eine der vorläufig äußerſt ſeltenen
und deshalb hochwillkommenen Proben realiſtiſcher Behandlung,
die eines wohlwollenden Humors nicht entbehren. Ein trefflich
gezeichneter, kreuzbraver Student der Theologie vom Lande knüpft
im Sündenbabel der Großſtadt ein kleines Verhältnis an. Die
Geſchichte hätte frivol werden können, die Klippe iſt vermieden
durch die feine, lächelnde Satire, die unabläſſig im höchſten Grade
beluſtigende und doch feine Seitenhiebe gegen unſere konventionelle
Moralphraſe führt. Die eingeſtreuten kleinen Bilder aus dem
Leben der Großſtadt ſind ungewöhnlich ſcharf gefaßt, man fühlt
eine Kraft, die zweifellos bald Bedeutendes leiſten wird, die ſtark
iſt und fein, voll Mut und doch beſonnen durch die gute Schule
ſorgfältiger Selbſt- und Weltbeobachtung.

Das Magazin für Litteratur: Wilhelm von Polenz be¬
kundet in der „Verſuchung“ ein ernſt-ſtrebendes Talent, das ſcharf
zu beobachten und fein zu charakteriſieren verſteht. Polenz weiß
im Gegenſatz zu ſo manchem ſeiner Kollegen den Standpunkt und
die Tonart des modern gebildeten Schriftſtellers zu wahren.

Breslauer Zeitung: Das Bemerkenswerte an dem Buche
ſcheint mir zu ſein, daß ein dem Naturalismus bisher nur zu
fremdes Kunſtmittel nicht als gelegentliche Begleiterſcheinung,
ſondern als kennzeichnendes Moment in die Erſcheinung tritt: der
Humor. Der Humor des Herrn von Polenz iſt ein trockener, ſo¬
zuſagen ein ſachlicher Humor, der einen ſpezifiſch oſtdeutſchen
Charakter zu tragen ſcheint. Bei unſerm Künſtler hat man von
Anfang an das frohe Gefühl, einen ſicheren und überlegenen
Führer vor ſich zu haben, der die ſelbſt aufgeworfenen Kontraſte
auszugleichen verſtehen wird. Er verzerrt nicht, er ſpöttelt nicht:
er ſtellt einfach wahrhaft dar. Welch' eine Kluft zwiſchen dem
reuevoll über ſeinen Sündenfall brütenden Theologen und dem
unbekümmert weiter flatternden Mädchen! Geſtaltet ſich dieſer
ſchroffe Kontraſt ſchließlich verſöhnend und im Sinne des Humors
aus, ſo liegt das an dem Verhältnis des Verfaſſers zu den be¬
rührten Gedanken, die er vermocht hat, innerlich zu überwinden
und zu höheren, freieren Standpunkten in ſich zu erheben. Darum
kommt er auch zu einem weiteren Fortſchritt in Bezug auf die
Behandlung des Sexuellen. Weil hier weder ein Vergnügen an
dieſen Dingen, noch eine Berechnung auf die Lüſternheit des
Leſers vorliegt, ſo wird endlich wieder das Selbſtverſtändliche und
Natürliche bei aller Ehrlichkeit ſelbſtverſtändlich und natürlich ge¬
ſagt, und man hat wieder das Gefühl des Vornehmen, Freien, des
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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/444>, abgerufen am 24.11.2024.