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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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was zu verkaufen habe, antwortete er vorsichtig und zurück¬
haltend. Dann ging er von dieser Gruppe weg zu einer
anderen. Er wollte sich die Sache scheinbar nur mit ansehen.
Die Hände auf dem Rücken hörte er überall ein wenig zu. Die
Kauflust war groß, besonders Hafer wurde stark gefragt.
Es ward auch manches Geschäft abgeschlossen, nach den Hand¬
schlägen zu schließen, die zur Besiegelung jedesmal gegeben
wurden.

Nachdem sich der Büttnerbauer eine Weile hier aufgehalten,
verließ er den Marktplatz wieder. Es waren ihm allerhand
Bedenken gekommen. Bei dieser Art zu handeln, wie sie hier
in so lauter und nachlässiger Weise von den Händlern betrieben
wurde, schien es ihm auf ein Betrügen des Landmannes
herauszukommen.

Heute lag ihm daran, einen möglichst hohen Preis zu
erzielen aus seinem Hafer; denn er hatte vor, mit dem Erlös
eine Kuh anzukaufen zum Ersatz für eine, die er im Laufe
des Winters hatte stechen lassen müssen.

Nun entsann er sich, daß er vorm Jahre in einem Ge¬
treidegeschäfte der inneren Stadt für Roggen einen guten
Preis bezahlt erhalten hatte. Das Geschäft schickte ihm seitdem
vierteljährlich seinen Katalog zu. Erst vor ein Paar Tagen
noch war ihm ein solcher Prospekt in die Hände gefallen. Die
Zahlung der "höchstmöglichen Preise" und die "koulantesten
Bedingungen" wurden darin versprochen.

Der Bauer meinte, er könne es mit Samuel Harrassowitz
wieder einmal versuchen. War dort nichts zu machen, dann
konnte man den Hafer ja immer noch auf dem Markte los¬
schlagen.

Das Geschäft von Harrassowitz lag in einer ziemlich
engen Gasse, zu ebener Erde. Man trat zunächst in eine
tonnenartige Einfahrt, die in einen gepflasterten Hof aus¬
mündete. Eine Seitenthür führte von der Einfahrt aus in
das Comptoir.

Der Büttnerbauer trat, seinen Hut schon vor der Thür
abnehmend, nachdem er angeklopft hatte, ein. Es war

was zu verkaufen habe, antwortete er vorſichtig und zurück¬
haltend. Dann ging er von dieſer Gruppe weg zu einer
anderen. Er wollte ſich die Sache ſcheinbar nur mit anſehen.
Die Hände auf dem Rücken hörte er überall ein wenig zu. Die
Kaufluſt war groß, beſonders Hafer wurde ſtark gefragt.
Es ward auch manches Geſchäft abgeſchloſſen, nach den Hand¬
ſchlägen zu ſchließen, die zur Beſiegelung jedesmal gegeben
wurden.

Nachdem ſich der Büttnerbauer eine Weile hier aufgehalten,
verließ er den Marktplatz wieder. Es waren ihm allerhand
Bedenken gekommen. Bei dieſer Art zu handeln, wie ſie hier
in ſo lauter und nachläſſiger Weiſe von den Händlern betrieben
wurde, ſchien es ihm auf ein Betrügen des Landmannes
herauszukommen.

Heute lag ihm daran, einen möglichſt hohen Preis zu
erzielen aus ſeinem Hafer; denn er hatte vor, mit dem Erlös
eine Kuh anzukaufen zum Erſatz für eine, die er im Laufe
des Winters hatte ſtechen laſſen müſſen.

Nun entſann er ſich, daß er vorm Jahre in einem Ge¬
treidegeſchäfte der inneren Stadt für Roggen einen guten
Preis bezahlt erhalten hatte. Das Geſchäft ſchickte ihm ſeitdem
vierteljährlich ſeinen Katalog zu. Erſt vor ein Paar Tagen
noch war ihm ein ſolcher Proſpekt in die Hände gefallen. Die
Zahlung der „höchſtmöglichen Preiſe“ und die „koulanteſten
Bedingungen“ wurden darin verſprochen.

Der Bauer meinte, er könne es mit Samuel Harraſſowitz
wieder einmal verſuchen. War dort nichts zu machen, dann
konnte man den Hafer ja immer noch auf dem Markte los¬
ſchlagen.

Das Geſchäft von Harraſſowitz lag in einer ziemlich
engen Gaſſe, zu ebener Erde. Man trat zunächſt in eine
tonnenartige Einfahrt, die in einen gepflaſterten Hof aus¬
mündete. Eine Seitenthür führte von der Einfahrt aus in
das Comptoir.

Der Büttnerbauer trat, ſeinen Hut ſchon vor der Thür
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[43/0057] was zu verkaufen habe, antwortete er vorſichtig und zurück¬ haltend. Dann ging er von dieſer Gruppe weg zu einer anderen. Er wollte ſich die Sache ſcheinbar nur mit anſehen. Die Hände auf dem Rücken hörte er überall ein wenig zu. Die Kaufluſt war groß, beſonders Hafer wurde ſtark gefragt. Es ward auch manches Geſchäft abgeſchloſſen, nach den Hand¬ ſchlägen zu ſchließen, die zur Beſiegelung jedesmal gegeben wurden. Nachdem ſich der Büttnerbauer eine Weile hier aufgehalten, verließ er den Marktplatz wieder. Es waren ihm allerhand Bedenken gekommen. Bei dieſer Art zu handeln, wie ſie hier in ſo lauter und nachläſſiger Weiſe von den Händlern betrieben wurde, ſchien es ihm auf ein Betrügen des Landmannes herauszukommen. Heute lag ihm daran, einen möglichſt hohen Preis zu erzielen aus ſeinem Hafer; denn er hatte vor, mit dem Erlös eine Kuh anzukaufen zum Erſatz für eine, die er im Laufe des Winters hatte ſtechen laſſen müſſen. Nun entſann er ſich, daß er vorm Jahre in einem Ge¬ treidegeſchäfte der inneren Stadt für Roggen einen guten Preis bezahlt erhalten hatte. Das Geſchäft ſchickte ihm ſeitdem vierteljährlich ſeinen Katalog zu. Erſt vor ein Paar Tagen noch war ihm ein ſolcher Proſpekt in die Hände gefallen. Die Zahlung der „höchſtmöglichen Preiſe“ und die „koulanteſten Bedingungen“ wurden darin verſprochen. Der Bauer meinte, er könne es mit Samuel Harraſſowitz wieder einmal verſuchen. War dort nichts zu machen, dann konnte man den Hafer ja immer noch auf dem Markte los¬ ſchlagen. Das Geſchäft von Harraſſowitz lag in einer ziemlich engen Gaſſe, zu ebener Erde. Man trat zunächſt in eine tonnenartige Einfahrt, die in einen gepflaſterten Hof aus¬ mündete. Eine Seitenthür führte von der Einfahrt aus in das Comptoir. Der Büttnerbauer trat, ſeinen Hut ſchon vor der Thür abnehmend, nachdem er angeklopft hatte, ein. Es war

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/57>, abgerufen am 23.11.2024.