sinn, so vielleicht aus Egoismus. Die sind doch schließlich auch daran interessiert, daß das Gut in Ihren Händen bleibt. Denn können Sie sich nicht darauf halten, dann sind auch die Hypotheken gefährdet. Auf überschuldetem Besitz arbeitet der Eigentümer thatsächlich nur für die Gläubiger. Sie schinden und plagen sich, damit Ihre Verwandten den Zinsgenuß un¬ gestört haben. So liegt die Sache doch in Wahrheit, mein Bester! Habe ich Recht?"
"Recht han Se! Aber soin Se mal suwos zu an Glei¬ biger. Die gahn mer de Einwilligung ne, ich glob's ne!"
"Ich will Ihnen mal was sagen, Büttner!" rief der Hauptmann, rückte dem Alten ganz nahe, und legte ihm eine Hand aufs Knie. "Überlassen Sie die ganze Sache mir! Ich will mit den Leuten verhandeln. Erfahrung habe ich mir ja gekauft in dieser Art Sachen. Ich glaube, ich werde die Ge¬ sellschaft soweit bringen, daß sie Konsens erteilen. Es ist ja thatsächlich nur eine Formensache. Nennen Sie mir mal Namen und Adresse der sämtlichen Hypothekengläubiger."
Der Alte kraute sich den Kopf; er wollte sichtlich nicht mit der Sprache heraus. Schließlich gab er aber doch dem Drängen des Hauptmanns nach.
Als der Bauer den Namen "Schönberger" nannte, stutzte der Hauptmann. "Mann! Wie kommen Sie zu so einem?"
Der Büttnerbauer berichtete in umständlicher Weise die ganze Angelegenheit. Die Kündigung der Hypothek von Seiten des Bruders, wie er sich dann umsonst nach Geld umgethan, bis er schließlich in der Stadt das notwendige erhalten habe.
Hauptmann Schroff nahm eine bedenkliche Miene an und schüttelte unwillig den Kopf. "Die Sache will mir nicht ge¬ fallen, mein guter Büttner! -- Schönberger! -- Was mag das für ein Menschenfreund sein?"
Der Büttnerbauer meinte, es habe ihm ja kein anderer Mensch das Geld borgen wollen. Herr Schönberger sei gleich bereit dazu gewesen, und allzu hohe Zinsen habe er auch nicht gefordert. --
ſinn, ſo vielleicht aus Egoismus. Die ſind doch ſchließlich auch daran intereſſiert, daß das Gut in Ihren Händen bleibt. Denn können Sie ſich nicht darauf halten, dann ſind auch die Hypotheken gefährdet. Auf überſchuldetem Beſitz arbeitet der Eigentümer thatſächlich nur für die Gläubiger. Sie ſchinden und plagen ſich, damit Ihre Verwandten den Zinsgenuß un¬ geſtört haben. So liegt die Sache doch in Wahrheit, mein Beſter! Habe ich Recht?“
„Recht han Se! Aber ſoin Se mal ſuwos zu an Glei¬ biger. Die gahn mer de Einwilligung ne, ich glob's ne!“
„Ich will Ihnen mal was ſagen, Büttner!“ rief der Hauptmann, rückte dem Alten ganz nahe, und legte ihm eine Hand aufs Knie. „Überlaſſen Sie die ganze Sache mir! Ich will mit den Leuten verhandeln. Erfahrung habe ich mir ja gekauft in dieſer Art Sachen. Ich glaube, ich werde die Ge¬ ſellſchaft ſoweit bringen, daß ſie Konſens erteilen. Es iſt ja thatſächlich nur eine Formenſache. Nennen Sie mir mal Namen und Adreſſe der ſämtlichen Hypothekengläubiger.“
Der Alte kraute ſich den Kopf; er wollte ſichtlich nicht mit der Sprache heraus. Schließlich gab er aber doch dem Drängen des Hauptmanns nach.
Als der Bauer den Namen „Schönberger“ nannte, ſtutzte der Hauptmann. „Mann! Wie kommen Sie zu ſo einem?“
Der Büttnerbauer berichtete in umſtändlicher Weiſe die ganze Angelegenheit. Die Kündigung der Hypothek von Seiten des Bruders, wie er ſich dann umſonſt nach Geld umgethan, bis er ſchließlich in der Stadt das notwendige erhalten habe.
Hauptmann Schroff nahm eine bedenkliche Miene an und ſchüttelte unwillig den Kopf. „Die Sache will mir nicht ge¬ fallen, mein guter Büttner! — Schönberger! — Was mag das für ein Menſchenfreund ſein?“
Der Büttnerbauer meinte, es habe ihm ja kein anderer Menſch das Geld borgen wollen. Herr Schönberger ſei gleich bereit dazu geweſen, und allzu hohe Zinſen habe er auch nicht gefordert. —
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0082"n="68"/>ſinn, ſo vielleicht aus Egoismus. Die ſind doch ſchließlich auch<lb/>
daran intereſſiert, daß das Gut in Ihren Händen bleibt. Denn<lb/>
können Sie ſich nicht darauf halten, dann ſind auch die<lb/>
Hypotheken gefährdet. Auf überſchuldetem Beſitz arbeitet der<lb/>
Eigentümer thatſächlich nur für die Gläubiger. Sie ſchinden<lb/>
und plagen ſich, damit Ihre Verwandten den Zinsgenuß un¬<lb/>
geſtört haben. So liegt die Sache doch in Wahrheit, mein<lb/>
Beſter! Habe ich Recht?“</p><lb/><p>„Recht han Se! Aber ſoin Se mal ſuwos zu an Glei¬<lb/>
biger. Die gahn mer de Einwilligung ne, ich glob's ne!“</p><lb/><p>„Ich will Ihnen mal was ſagen, Büttner!“ rief der<lb/>
Hauptmann, rückte dem Alten ganz nahe, und legte ihm eine<lb/>
Hand aufs Knie. „Überlaſſen Sie die ganze Sache mir! Ich<lb/>
will mit den Leuten verhandeln. Erfahrung habe ich mir ja<lb/>
gekauft in dieſer Art Sachen. Ich glaube, ich werde die Ge¬<lb/>ſellſchaft ſoweit bringen, daß ſie Konſens erteilen. Es iſt<lb/>
ja thatſächlich nur eine Formenſache. Nennen Sie mir mal<lb/>
Namen und Adreſſe der ſämtlichen Hypothekengläubiger.“</p><lb/><p>Der Alte kraute ſich den Kopf; er wollte ſichtlich nicht<lb/>
mit der Sprache heraus. Schließlich gab er aber doch dem<lb/>
Drängen des Hauptmanns nach.</p><lb/><p>Als der Bauer den Namen „Schönberger“ nannte,<lb/>ſtutzte der Hauptmann. „Mann! Wie kommen Sie zu ſo<lb/>
einem?“</p><lb/><p>Der Büttnerbauer berichtete in umſtändlicher Weiſe die<lb/>
ganze Angelegenheit. Die Kündigung der Hypothek von Seiten<lb/>
des Bruders, wie er ſich dann umſonſt nach Geld umgethan,<lb/>
bis er ſchließlich in der Stadt das notwendige erhalten habe.</p><lb/><p>Hauptmann Schroff nahm eine bedenkliche Miene an und<lb/>ſchüttelte unwillig den Kopf. „Die Sache will mir nicht ge¬<lb/>
fallen, mein guter Büttner! — Schönberger! — Was mag<lb/>
das für ein Menſchenfreund ſein?“</p><lb/><p>Der Büttnerbauer meinte, es habe ihm ja kein anderer<lb/>
Menſch das Geld borgen wollen. Herr Schönberger ſei gleich<lb/>
bereit dazu geweſen, und allzu hohe Zinſen habe er auch nicht<lb/>
gefordert. —</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[68/0082]
ſinn, ſo vielleicht aus Egoismus. Die ſind doch ſchließlich auch
daran intereſſiert, daß das Gut in Ihren Händen bleibt. Denn
können Sie ſich nicht darauf halten, dann ſind auch die
Hypotheken gefährdet. Auf überſchuldetem Beſitz arbeitet der
Eigentümer thatſächlich nur für die Gläubiger. Sie ſchinden
und plagen ſich, damit Ihre Verwandten den Zinsgenuß un¬
geſtört haben. So liegt die Sache doch in Wahrheit, mein
Beſter! Habe ich Recht?“
„Recht han Se! Aber ſoin Se mal ſuwos zu an Glei¬
biger. Die gahn mer de Einwilligung ne, ich glob's ne!“
„Ich will Ihnen mal was ſagen, Büttner!“ rief der
Hauptmann, rückte dem Alten ganz nahe, und legte ihm eine
Hand aufs Knie. „Überlaſſen Sie die ganze Sache mir! Ich
will mit den Leuten verhandeln. Erfahrung habe ich mir ja
gekauft in dieſer Art Sachen. Ich glaube, ich werde die Ge¬
ſellſchaft ſoweit bringen, daß ſie Konſens erteilen. Es iſt
ja thatſächlich nur eine Formenſache. Nennen Sie mir mal
Namen und Adreſſe der ſämtlichen Hypothekengläubiger.“
Der Alte kraute ſich den Kopf; er wollte ſichtlich nicht
mit der Sprache heraus. Schließlich gab er aber doch dem
Drängen des Hauptmanns nach.
Als der Bauer den Namen „Schönberger“ nannte,
ſtutzte der Hauptmann. „Mann! Wie kommen Sie zu ſo
einem?“
Der Büttnerbauer berichtete in umſtändlicher Weiſe die
ganze Angelegenheit. Die Kündigung der Hypothek von Seiten
des Bruders, wie er ſich dann umſonſt nach Geld umgethan,
bis er ſchließlich in der Stadt das notwendige erhalten habe.
Hauptmann Schroff nahm eine bedenkliche Miene an und
ſchüttelte unwillig den Kopf. „Die Sache will mir nicht ge¬
fallen, mein guter Büttner! — Schönberger! — Was mag
das für ein Menſchenfreund ſein?“
Der Büttnerbauer meinte, es habe ihm ja kein anderer
Menſch das Geld borgen wollen. Herr Schönberger ſei gleich
bereit dazu geweſen, und allzu hohe Zinſen habe er auch nicht
gefordert. —
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/82>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.