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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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seine Gläubiger aufzubringen sich mühte. Der Mann wußte,
wie es zuging, wahrhaftig, der durfte mitreden.

Der Hauptmann riß sich aus seinem Nachdenken. "Nun
wollen wir aber mal von unserer Sache reden, Büttner! Ich
weiß, wie's mit Ihnen steht. Ich gebe Ihnen den wohl¬
gemeinten Rat: verkaufen Sie Ihren Wald! Das ist das
einzige Mittel, das Sie noch retten kann. Zahlen Sie von
dem Erlös einen Teil der Grundschulden ab, sonst bricht Ihnen
eines Tages die Geschichte über dem Kopfe zusammen. Es geht
Ihnen dann wie mir, Sie kommen um alles. Das Angebot,
welches Ihnen der Graf machen läßt, ist kein schlechtes.
Nehmen Sie's an! Ich spreche nicht etwa nur im Interesse
meines Brotherrn, ich spreche zu Ihnen geradezu als ein
Leidensgefährte."

Der Bauer schwieg eine Weile. In seinem Gesichte
arbeitete es, als bewegten ihn die widersprechendsten Gefühle.
Aber die Feindseligkeit war aus seiner Miene gewichen.
Schließlich erklärte er mit gedämpfter Stimme, wenn er auch
wolle, die Hypothekengläubiger würden es gar nicht zulassen,
daß er das Gut verkleinere.

Auf diesen Einwand war der Hauptmann gefaßt. "Natür¬
lich würden die Gläubiger Einspruch erheben, wenn Sie das
Pfandobjekt vermindern wollten, ohne ihre Genehmigung. Mit
den Leuten muß selbstverständlich verhandelt werden. Ich
denke, wenn man ihnen eine entsprechende Abzahlung zusichert,
werden sie sich bereit finden, die Einwilligung zur Dismem¬
bration zu erteilen. Es sind ja wohl lauter nahe Verwandte
von Ihnen, die Gläubiger? Die werden doch so viel Interesse
für die Erhaltung des Gutes beweisen, daß sie sich in diese
notwendigen Maßregeln finden." --

Der Bauer schüttelte mit bitterem Lachen den Kopf.
"Han Se ne das Sprichwurt gehert: Blutsverwandte tut
mer heeßen, die Dich am erschten werden beeßen."

"Steht es so bei Ihnen? Ich kenne das Wort! es liegt
was Wahres darin. Aber in Ihrem Falle, dächte ich, müßten
die Verwandten ein Einsehen haben, wenn nicht aus Familien¬

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ſeine Gläubiger aufzubringen ſich mühte. Der Mann wußte,
wie es zuging, wahrhaftig, der durfte mitreden.

Der Hauptmann riß ſich aus ſeinem Nachdenken. „Nun
wollen wir aber mal von unſerer Sache reden, Büttner! Ich
weiß, wie's mit Ihnen ſteht. Ich gebe Ihnen den wohl¬
gemeinten Rat: verkaufen Sie Ihren Wald! Das iſt das
einzige Mittel, das Sie noch retten kann. Zahlen Sie von
dem Erlös einen Teil der Grundſchulden ab, ſonſt bricht Ihnen
eines Tages die Geſchichte über dem Kopfe zuſammen. Es geht
Ihnen dann wie mir, Sie kommen um alles. Das Angebot,
welches Ihnen der Graf machen läßt, iſt kein ſchlechtes.
Nehmen Sie's an! Ich ſpreche nicht etwa nur im Intereſſe
meines Brotherrn, ich ſpreche zu Ihnen geradezu als ein
Leidensgefährte.“

Der Bauer ſchwieg eine Weile. In ſeinem Geſichte
arbeitete es, als bewegten ihn die widerſprechendſten Gefühle.
Aber die Feindſeligkeit war aus ſeiner Miene gewichen.
Schließlich erklärte er mit gedämpfter Stimme, wenn er auch
wolle, die Hypothekengläubiger würden es gar nicht zulaſſen,
daß er das Gut verkleinere.

Auf dieſen Einwand war der Hauptmann gefaßt. „Natür¬
lich würden die Gläubiger Einſpruch erheben, wenn Sie das
Pfandobjekt vermindern wollten, ohne ihre Genehmigung. Mit
den Leuten muß ſelbſtverſtändlich verhandelt werden. Ich
denke, wenn man ihnen eine entſprechende Abzahlung zuſichert,
werden ſie ſich bereit finden, die Einwilligung zur Dismem¬
bration zu erteilen. Es ſind ja wohl lauter nahe Verwandte
von Ihnen, die Gläubiger? Die werden doch ſo viel Intereſſe
für die Erhaltung des Gutes beweiſen, daß ſie ſich in dieſe
notwendigen Maßregeln finden.“ —

Der Bauer ſchüttelte mit bitterem Lachen den Kopf.
„Han Se ne das Sprichwurt gehert: Blutsverwandte tut
mer heeßen, die Dich am erſchten werden beeßen.“

„Steht es ſo bei Ihnen? Ich kenne das Wort! es liegt
was Wahres darin. Aber in Ihrem Falle, dächte ich, müßten
die Verwandten ein Einſehen haben, wenn nicht aus Familien¬

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[67/0081] ſeine Gläubiger aufzubringen ſich mühte. Der Mann wußte, wie es zuging, wahrhaftig, der durfte mitreden. Der Hauptmann riß ſich aus ſeinem Nachdenken. „Nun wollen wir aber mal von unſerer Sache reden, Büttner! Ich weiß, wie's mit Ihnen ſteht. Ich gebe Ihnen den wohl¬ gemeinten Rat: verkaufen Sie Ihren Wald! Das iſt das einzige Mittel, das Sie noch retten kann. Zahlen Sie von dem Erlös einen Teil der Grundſchulden ab, ſonſt bricht Ihnen eines Tages die Geſchichte über dem Kopfe zuſammen. Es geht Ihnen dann wie mir, Sie kommen um alles. Das Angebot, welches Ihnen der Graf machen läßt, iſt kein ſchlechtes. Nehmen Sie's an! Ich ſpreche nicht etwa nur im Intereſſe meines Brotherrn, ich ſpreche zu Ihnen geradezu als ein Leidensgefährte.“ Der Bauer ſchwieg eine Weile. In ſeinem Geſichte arbeitete es, als bewegten ihn die widerſprechendſten Gefühle. Aber die Feindſeligkeit war aus ſeiner Miene gewichen. Schließlich erklärte er mit gedämpfter Stimme, wenn er auch wolle, die Hypothekengläubiger würden es gar nicht zulaſſen, daß er das Gut verkleinere. Auf dieſen Einwand war der Hauptmann gefaßt. „Natür¬ lich würden die Gläubiger Einſpruch erheben, wenn Sie das Pfandobjekt vermindern wollten, ohne ihre Genehmigung. Mit den Leuten muß ſelbſtverſtändlich verhandelt werden. Ich denke, wenn man ihnen eine entſprechende Abzahlung zuſichert, werden ſie ſich bereit finden, die Einwilligung zur Dismem¬ bration zu erteilen. Es ſind ja wohl lauter nahe Verwandte von Ihnen, die Gläubiger? Die werden doch ſo viel Intereſſe für die Erhaltung des Gutes beweiſen, daß ſie ſich in dieſe notwendigen Maßregeln finden.“ — Der Bauer ſchüttelte mit bitterem Lachen den Kopf. „Han Se ne das Sprichwurt gehert: Blutsverwandte tut mer heeßen, die Dich am erſchten werden beeßen.“ „Steht es ſo bei Ihnen? Ich kenne das Wort! es liegt was Wahres darin. Aber in Ihrem Falle, dächte ich, müßten die Verwandten ein Einſehen haben, wenn nicht aus Familien¬ 5*

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/81>, abgerufen am 25.11.2024.