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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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"Wir wollten sie mal besuchen, Bertha!" rief Komtesse
Wanda, welche eben darüber war, mit Hülfe des Grooms den
Pony auszusträngen. "Ist übrigens ein eklig schlechter Weg
hierherauf. Bei einem Haare hätten wir umgeschmissen. --
Kann der Pony hier grasen, Bertha?"

Frau Katschner beteuerte unter fortgesetztem Knixen, daß
hier alles den gnädigen Komtessen gehöre, und daß es ihr eine
Ehre sei, wenn der Pony in ihrem Garten Futter annehme.
Nun trat sie an die jungen Damen heran und versuchte, ihnen
die Hand zu küssen, was jene aber zu verhindern wußten.

"Ist Pauline zu Haus?" fragte die ältere Komtesse.

"Jawohl, Kontesse Ida! Wenn die Damen so gnädig sein
wollen und eintreten . . . es sieht freilich ein wenig unordent¬
lich aus bei uns."

"Kennen wir schon, Bertha! Faule Ausreden!" rief die
Jüngere. "Sie behaupten immer, daß es unordentlich aus¬
sieht bei Ihnen; dabei ist es das reine Schmuckkästchen. Ich
wünschte blos, bei uns wäre es immer so ordentlich -- was
Ida?" --

"Ach, Du großer Gott, Kontesse Wanda! Die gnädigen
Damen müssen nur verzeihen, wenn man eben arm ist! --
Ordnung und Reinlichkeit, das kostet kein Geld, sage ich immer.
Auf dem Schlosse, bei der gnädigen Herrschaft, da hatte ich's
freilich besser, als jetzt. Das war ein ander Ding -- dazumal!"

"Ja, sehen Sie, Bertha! Das kommt alles nur vom
Heiraten!" meinte Wanda, die unter ihresgleichen berüchtigt
war für ihre kräftigen Bemerkungen, und die sich etwas zu
gute that darauf, daß sie alles heraus sagte, was ihr gerade
in den Sinn kam.

"Ja, ja! die gnädige Kontesse können schon Recht haben,
mit dem Heiraten is es manchmal nich immer was Gescheits.
Obgleich ich mich nicht beklagen kann. Mein Mann is eben
tot, Gott hab ihn selig! Aber man hat viel Sorge davon und
Ärger noch obendrein. Ne, ne! Wer gescheit is, gnädige Kon¬
tesse, da haben Se sehr Recht, der heirat' sich keenen Mann!"

Unter solchen Reden war man ins Haus getreten. Hier

„Wir wollten ſie mal beſuchen, Bertha!“ rief Komteſſe
Wanda, welche eben darüber war, mit Hülfe des Grooms den
Pony auszuſträngen. „Iſt übrigens ein eklig ſchlechter Weg
hierherauf. Bei einem Haare hätten wir umgeſchmiſſen. —
Kann der Pony hier graſen, Bertha?“

Frau Katſchner beteuerte unter fortgeſetztem Knixen, daß
hier alles den gnädigen Komteſſen gehöre, und daß es ihr eine
Ehre ſei, wenn der Pony in ihrem Garten Futter annehme.
Nun trat ſie an die jungen Damen heran und verſuchte, ihnen
die Hand zu küſſen, was jene aber zu verhindern wußten.

„Iſt Pauline zu Haus?“ fragte die ältere Komteſſe.

„Jawohl, Konteſſe Ida! Wenn die Damen ſo gnädig ſein
wollen und eintreten . . . es ſieht freilich ein wenig unordent¬
lich aus bei uns.“

„Kennen wir ſchon, Bertha! Faule Ausreden!“ rief die
Jüngere. „Sie behaupten immer, daß es unordentlich aus¬
ſieht bei Ihnen; dabei iſt es das reine Schmuckkäſtchen. Ich
wünſchte blos, bei uns wäre es immer ſo ordentlich — was
Ida?“ —

„Ach, Du großer Gott, Konteſſe Wanda! Die gnädigen
Damen müſſen nur verzeihen, wenn man eben arm iſt! —
Ordnung und Reinlichkeit, das koſtet kein Geld, ſage ich immer.
Auf dem Schloſſe, bei der gnädigen Herrſchaft, da hatte ich's
freilich beſſer, als jetzt. Das war ein ander Ding — dazumal!“

„Ja, ſehen Sie, Bertha! Das kommt alles nur vom
Heiraten!“ meinte Wanda, die unter ihresgleichen berüchtigt
war für ihre kräftigen Bemerkungen, und die ſich etwas zu
gute that darauf, daß ſie alles heraus ſagte, was ihr gerade
in den Sinn kam.

„Ja, ja! die gnädige Konteſſe können ſchon Recht haben,
mit dem Heiraten is es manchmal nich immer was Geſcheits.
Obgleich ich mich nicht beklagen kann. Mein Mann is eben
tot, Gott hab ihn ſelig! Aber man hat viel Sorge davon und
Ärger noch obendrein. Ne, ne! Wer geſcheit is, gnädige Kon¬
teſſe, da haben Se ſehr Recht, der heirat' ſich keenen Mann!“

Unter ſolchen Reden war man ins Haus getreten. Hier

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[75/0089] „Wir wollten ſie mal beſuchen, Bertha!“ rief Komteſſe Wanda, welche eben darüber war, mit Hülfe des Grooms den Pony auszuſträngen. „Iſt übrigens ein eklig ſchlechter Weg hierherauf. Bei einem Haare hätten wir umgeſchmiſſen. — Kann der Pony hier graſen, Bertha?“ Frau Katſchner beteuerte unter fortgeſetztem Knixen, daß hier alles den gnädigen Komteſſen gehöre, und daß es ihr eine Ehre ſei, wenn der Pony in ihrem Garten Futter annehme. Nun trat ſie an die jungen Damen heran und verſuchte, ihnen die Hand zu küſſen, was jene aber zu verhindern wußten. „Iſt Pauline zu Haus?“ fragte die ältere Komteſſe. „Jawohl, Konteſſe Ida! Wenn die Damen ſo gnädig ſein wollen und eintreten . . . es ſieht freilich ein wenig unordent¬ lich aus bei uns.“ „Kennen wir ſchon, Bertha! Faule Ausreden!“ rief die Jüngere. „Sie behaupten immer, daß es unordentlich aus¬ ſieht bei Ihnen; dabei iſt es das reine Schmuckkäſtchen. Ich wünſchte blos, bei uns wäre es immer ſo ordentlich — was Ida?“ — „Ach, Du großer Gott, Konteſſe Wanda! Die gnädigen Damen müſſen nur verzeihen, wenn man eben arm iſt! — Ordnung und Reinlichkeit, das koſtet kein Geld, ſage ich immer. Auf dem Schloſſe, bei der gnädigen Herrſchaft, da hatte ich's freilich beſſer, als jetzt. Das war ein ander Ding — dazumal!“ „Ja, ſehen Sie, Bertha! Das kommt alles nur vom Heiraten!“ meinte Wanda, die unter ihresgleichen berüchtigt war für ihre kräftigen Bemerkungen, und die ſich etwas zu gute that darauf, daß ſie alles heraus ſagte, was ihr gerade in den Sinn kam. „Ja, ja! die gnädige Konteſſe können ſchon Recht haben, mit dem Heiraten is es manchmal nich immer was Geſcheits. Obgleich ich mich nicht beklagen kann. Mein Mann is eben tot, Gott hab ihn ſelig! Aber man hat viel Sorge davon und Ärger noch obendrein. Ne, ne! Wer geſcheit is, gnädige Kon¬ teſſe, da haben Se ſehr Recht, der heirat' ſich keenen Mann!“ Unter ſolchen Reden war man ins Haus getreten. Hier

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/89>, abgerufen am 24.11.2024.