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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

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Hauptbeschreibung zweyter Theil.
Das sechste Capitel.
Vom Biber.
[Spaltenumbruch] Siehe Fig. 336.

DEr Biber auf Frantzösisch Castor
und Bievre, Lateinisch, Castor und
Fiber genannt, ist ein vierfüßig Thier,
welches unter die Amphibia, unter die-
jenigen Thiere gerechnet wird, welche
beydes im Wasser und auf dem Lande
leben. Auf dem Lande nährt er sich von
allerhand Früchten, Blättern und Rin-
den dieser oder jener Bäume, sonderlich
der Weiden, in Flüssen aber lebt er von
Fischen und Krebsen, die er ertappen
kan. Und diese so unterschiedliche Nah-
rung ist auch Ursache, daß sein hinte-
rer Theil, bis an die Rippen zu, einen
Fischgeschmack hat, und deswegen an
Fasttagen dafür pfleget gegessen zu wer-
den; das übrige schmeckt wie Fleisch,
welches man nicht brauchen darff, ohne
wenn es erlaubt ist Fleisch zu essen.

Der Biber hat schier einen Kopf,
als wie ein Murmelthier, doch ist er
grösser, und nach der Grösse seines Lei-
bes wohl proportioniret. Der Leib ist
dicke, und fast so gros als ein halojäh-
rig Schwein. Er ist mit vesten und
ziemlich grossen Zähnen gewaffnet, un-
ter denen die vordersten hauend sind.
Der Hals ist des halben Fusses lang,
der Leib anderthalb oder zwey Füsse, der
Bauch ziemlich groß, die Füsse kurtz, in-
sonderheit die vördersten. Die vördern
Pfoten sehen wie Dachsfüsse, die hin-
tern wie Schwanepfoten. Sein Fell
ist über und über mit sehr zarten Haa-
ren bedecket, darunter die einen viel län-
ger sind, denn die andern: diese sehen
oben als wie Fischotterhaare, untenher
aber graulicht, und kommen zum Vor-
schein, wenn man die längsten ausgezo-
gen hat, und nur das feine weiche ste-
hen lassen, das zu den Castorhüten ge-
nommen wird.

Alle Biber haben platte, und zu-
nechst an der Wurtzel hol ausgeschweiff-
te Schwäntze, vier Finger breit, einen
Zoll dicke, und eine halbe Elle lang:
er hat die Gestalt und die Farbe der
Schollen, und wird durch starcke Ge-
lencke, welche bis in die Spitze mit ein-
ander verbunden sind, unterhalten.

Dieweil der Biber wegen seiner star-
cken Zähne gar fürchterlich ist, so schei-
[Spaltenumbruch] net es, daß ihm die Natur deswegen sei-
nen Schwantz dergestalt ausgeschweif-
fet hat, damit man ihn dabey fahen und
binden möge, sich also seiner versichern,
und ihn, wohin man wolle, führen kön-
ne. Der Schwantz der Frantzösischen
Biber ist gantz und gar ohne Haar; al-
lein, ich habe ein Fell von einem Dan-
tziger Biber
in meinen Händen, zu-
samt dem gantzen Schwantze, den mir
ein guter Freund verkaufft hat, dessen
Haar bedeckt den Schwantz beym An-
fange wohl vier bis fünff Zoll weit, das
übrige ist ohne Haar.

Jch bin zwar keines weges gesonnen
mich mit den Herren der Königlichen
Academie der Wissenschaften, welche
vor einigen Jahren in einem Biber/
den sie zerleget, zwischen den Hüften
und Schenckeln die kleinen Geburts-
geilen, mit denen zur Erzielung nöthi-
gen Gefässen begleitet, entdecket; wegen
dererselben Existentz, und ob sie auch in
Wahrheit allda zu befinden, mich in ei-
nen Streit einzulassen: iedennoch aber,
weil ich niemahls gesehen, daß diese
kleinen Geburtsgeilen unter die Ma-
terialien wären gerechnet worden, ich
auch niemahlen etwas anders für das
Bibergeil verkauffet habe, als denje-
nigen Theil dieses Thiers, welchen die
Vorfahren Fibri testes, die Geilen des
Bibers zu nennen pflegten, unbeküm-
mert, ob es wahrhafte Geburtsgeilen
wären oder nicht, indem mir nichts dar-
an gelegen; darum will ich allhier eine
recht und genaue Beschreibung dessel-
ben mittheilen, welche mir auch um so
viel nöthiger zu seyn beduncket, alldie-
weil mir kein einiger Theil von einem
Thiere bekannt ist, der so sehr verfälschet
würde, als wie dieser.

Man heisset demnach Castoreum, dasCastoreum.
Siehe Fig. 337.

Bibergeil/ das fleischichte Wesen wel-
ches zu unterst in zweyen nicht gar zu
grossen, einander gieichenden und un-
terschiedenen Säcklein aufbehalten
wird; welche Säcklein eines dem an-
dern zur Seite liegt, und von einem
ihnen beyden gemeinen, etwas grössern
Säcklein bedecket werden. Dieses
Säcklein, so dem Thiere unter dem Ge-

sässe
H h 3
Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
Das ſechſte Capitel.
Vom Biber.
[Spaltenumbruch] Siehe Fig. 336.

DEr Biber auf Frantzoͤſiſch Caſtor
und Biévre, Lateiniſch, Caſtor und
Fiber genannt, iſt ein vierfuͤßig Thier,
welches unter die Amphibia, unter die-
jenigen Thiere gerechnet wird, welche
beydes im Waſſer und auf dem Lande
leben. Auf dem Lande naͤhrt er ſich von
allerhand Fruͤchten, Blaͤttern und Rin-
den dieſer oder jener Baͤume, ſonderlich
der Weiden, in Fluͤſſen aber lebt er von
Fiſchen und Krebſen, die er ertappen
kan. Und dieſe ſo unterſchiedliche Nah-
rung iſt auch Urſache, daß ſein hinte-
rer Theil, bis an die Rippen zu, einen
Fiſchgeſchmack hat, und deswegen an
Faſttagen dafuͤr pfleget gegeſſen zu wer-
den; das uͤbrige ſchmeckt wie Fleiſch,
welches man nicht brauchen darff, ohne
wenn es erlaubt iſt Fleiſch zu eſſen.

Der Biber hat ſchier einen Kopf,
als wie ein Murmelthier, doch iſt er
groͤſſer, und nach der Groͤſſe ſeines Lei-
bes wohl proportioniret. Der Leib iſt
dicke, und faſt ſo gros als ein halojaͤh-
rig Schwein. Er iſt mit veſten und
ziemlich groſſen Zaͤhnen gewaffnet, un-
ter denen die vorderſten hauend ſind.
Der Hals iſt des halben Fuſſes lang,
der Leib anderthalb oder zwey Fuͤſſe, der
Bauch ziemlich groß, die Fuͤſſe kurtz, in-
ſonderheit die voͤrderſten. Die voͤrdern
Pfoten ſehen wie Dachsfuͤſſe, die hin-
tern wie Schwanepfoten. Sein Fell
iſt uͤber und uͤber mit ſehr zarten Haa-
ren bedecket, darunter die einen viel laͤn-
ger ſind, denn die andern: dieſe ſehen
oben als wie Fiſchotterhaare, untenher
aber graulicht, und kommen zum Vor-
ſchein, wenn man die laͤngſten ausgezo-
gen hat, und nur das feine weiche ſte-
hen laſſen, das zu den Caſtorhuͤten ge-
nommen wird.

Alle Biber haben platte, und zu-
nechſt an der Wurtzel hol ausgeſchweiff-
te Schwaͤntze, vier Finger breit, einen
Zoll dicke, und eine halbe Elle lang:
er hat die Geſtalt und die Farbe der
Schollen, und wird durch ſtarcke Ge-
lencke, welche bis in die Spitze mit ein-
ander verbunden ſind, unterhalten.

Dieweil der Biber wegen ſeiner ſtar-
cken Zaͤhne gar fuͤrchterlich iſt, ſo ſchei-
[Spaltenumbruch] net es, daß ihm die Natur deswegen ſei-
nen Schwantz dergeſtalt ausgeſchweif-
fet hat, damit man ihn dabey fahen und
binden moͤge, ſich alſo ſeiner verſichern,
und ihn, wohin man wolle, fuͤhren koͤn-
ne. Der Schwantz der Frantzoͤſiſchen
Biber iſt gantz und gar ohne Haar; al-
lein, ich habe ein Fell von einem Dan-
tziger Biber
in meinen Haͤnden, zu-
ſamt dem gantzen Schwantze, den mir
ein guter Freund verkaufft hat, deſſen
Haar bedeckt den Schwantz beym An-
fange wohl vier bis fuͤnff Zoll weit, das
uͤbrige iſt ohne Haar.

Jch bin zwar keines weges geſonnen
mich mit den Herren der Koͤniglichen
Academie der Wiſſenſchaften, welche
vor einigen Jahren in einem Biber/
den ſie zerleget, zwiſchen den Huͤften
und Schenckeln die kleinen Geburts-
geilen, mit denen zur Erzielung noͤthi-
gen Gefaͤſſen begleitet, entdecket; wegen
dererſelben Exiſtentz, und ob ſie auch in
Wahrheit allda zu befinden, mich in ei-
nen Streit einzulaſſen: iedennoch aber,
weil ich niemahls geſehen, daß dieſe
kleinen Geburtsgeilen unter die Ma-
terialien waͤren gerechnet worden, ich
auch niemahlen etwas anders fuͤr das
Bibergeil verkauffet habe, als denje-
nigen Theil dieſes Thiers, welchen die
Vorfahren Fibri teſtes, die Geilen des
Bibers zu nennen pflegten, unbekuͤm-
mert, ob es wahrhafte Geburtsgeilen
waͤren oder nicht, indem mir nichts dar-
an gelegen; darum will ich allhier eine
recht und genaue Beſchreibung deſſel-
ben mittheilen, welche mir auch um ſo
viel noͤthiger zu ſeyn beduncket, alldie-
weil mir kein einiger Theil von einem
Thiere bekannt iſt, der ſo ſehr verfaͤlſchet
wuͤrde, als wie dieſer.

Man heiſſet demnach Caſtoreum, dasCaſtoreum.
Siehe Fig. 337.

Bibergeil/ das fleiſchichte Weſen wel-
ches zu unterſt in zweyen nicht gar zu
groſſen, einander gieichenden und un-
terſchiedenen Saͤcklein aufbehalten
wird; welche Saͤcklein eines dem an-
dern zur Seite liegt, und von einem
ihnen beyden gemeinen, etwas groͤſſern
Saͤcklein bedecket werden. Dieſes
Saͤcklein, ſo dem Thiere unter dem Ge-

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[0377] Hauptbeſchreibung zweyter Theil. Das ſechſte Capitel. Vom Biber. DEr Biber auf Frantzoͤſiſch Caſtor und Biévre, Lateiniſch, Caſtor und Fiber genannt, iſt ein vierfuͤßig Thier, welches unter die Amphibia, unter die- jenigen Thiere gerechnet wird, welche beydes im Waſſer und auf dem Lande leben. Auf dem Lande naͤhrt er ſich von allerhand Fruͤchten, Blaͤttern und Rin- den dieſer oder jener Baͤume, ſonderlich der Weiden, in Fluͤſſen aber lebt er von Fiſchen und Krebſen, die er ertappen kan. Und dieſe ſo unterſchiedliche Nah- rung iſt auch Urſache, daß ſein hinte- rer Theil, bis an die Rippen zu, einen Fiſchgeſchmack hat, und deswegen an Faſttagen dafuͤr pfleget gegeſſen zu wer- den; das uͤbrige ſchmeckt wie Fleiſch, welches man nicht brauchen darff, ohne wenn es erlaubt iſt Fleiſch zu eſſen. Der Biber hat ſchier einen Kopf, als wie ein Murmelthier, doch iſt er groͤſſer, und nach der Groͤſſe ſeines Lei- bes wohl proportioniret. Der Leib iſt dicke, und faſt ſo gros als ein halojaͤh- rig Schwein. Er iſt mit veſten und ziemlich groſſen Zaͤhnen gewaffnet, un- ter denen die vorderſten hauend ſind. Der Hals iſt des halben Fuſſes lang, der Leib anderthalb oder zwey Fuͤſſe, der Bauch ziemlich groß, die Fuͤſſe kurtz, in- ſonderheit die voͤrderſten. Die voͤrdern Pfoten ſehen wie Dachsfuͤſſe, die hin- tern wie Schwanepfoten. Sein Fell iſt uͤber und uͤber mit ſehr zarten Haa- ren bedecket, darunter die einen viel laͤn- ger ſind, denn die andern: dieſe ſehen oben als wie Fiſchotterhaare, untenher aber graulicht, und kommen zum Vor- ſchein, wenn man die laͤngſten ausgezo- gen hat, und nur das feine weiche ſte- hen laſſen, das zu den Caſtorhuͤten ge- nommen wird. Alle Biber haben platte, und zu- nechſt an der Wurtzel hol ausgeſchweiff- te Schwaͤntze, vier Finger breit, einen Zoll dicke, und eine halbe Elle lang: er hat die Geſtalt und die Farbe der Schollen, und wird durch ſtarcke Ge- lencke, welche bis in die Spitze mit ein- ander verbunden ſind, unterhalten. Dieweil der Biber wegen ſeiner ſtar- cken Zaͤhne gar fuͤrchterlich iſt, ſo ſchei- net es, daß ihm die Natur deswegen ſei- nen Schwantz dergeſtalt ausgeſchweif- fet hat, damit man ihn dabey fahen und binden moͤge, ſich alſo ſeiner verſichern, und ihn, wohin man wolle, fuͤhren koͤn- ne. Der Schwantz der Frantzoͤſiſchen Biber iſt gantz und gar ohne Haar; al- lein, ich habe ein Fell von einem Dan- tziger Biber in meinen Haͤnden, zu- ſamt dem gantzen Schwantze, den mir ein guter Freund verkaufft hat, deſſen Haar bedeckt den Schwantz beym An- fange wohl vier bis fuͤnff Zoll weit, das uͤbrige iſt ohne Haar. Jch bin zwar keines weges geſonnen mich mit den Herren der Koͤniglichen Academie der Wiſſenſchaften, welche vor einigen Jahren in einem Biber/ den ſie zerleget, zwiſchen den Huͤften und Schenckeln die kleinen Geburts- geilen, mit denen zur Erzielung noͤthi- gen Gefaͤſſen begleitet, entdecket; wegen dererſelben Exiſtentz, und ob ſie auch in Wahrheit allda zu befinden, mich in ei- nen Streit einzulaſſen: iedennoch aber, weil ich niemahls geſehen, daß dieſe kleinen Geburtsgeilen unter die Ma- terialien waͤren gerechnet worden, ich auch niemahlen etwas anders fuͤr das Bibergeil verkauffet habe, als denje- nigen Theil dieſes Thiers, welchen die Vorfahren Fibri teſtes, die Geilen des Bibers zu nennen pflegten, unbekuͤm- mert, ob es wahrhafte Geburtsgeilen waͤren oder nicht, indem mir nichts dar- an gelegen; darum will ich allhier eine recht und genaue Beſchreibung deſſel- ben mittheilen, welche mir auch um ſo viel noͤthiger zu ſeyn beduncket, alldie- weil mir kein einiger Theil von einem Thiere bekannt iſt, der ſo ſehr verfaͤlſchet wuͤrde, als wie dieſer. Man heiſſet demnach Caſtoreum, das Bibergeil/ das fleiſchichte Weſen wel- ches zu unterſt in zweyen nicht gar zu groſſen, einander gieichenden und un- terſchiedenen Saͤcklein aufbehalten wird; welche Saͤcklein eines dem an- dern zur Seite liegt, und von einem ihnen beyden gemeinen, etwas groͤſſern Saͤcklein bedecket werden. Dieſes Saͤcklein, ſo dem Thiere unter dem Ge- ſaͤſſe Caſtoreum. Siehe Fig. 337. H h 3

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Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/377>, abgerufen am 22.11.2024.