Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Spezereyen und Materialien
[Spaltenumbruch] Pferd, zertheilt die Wellen, wie der Ad-
ler die Luft, und macht die See überall,
wo es durchstreicht, weiß und schau-
mend. Es gedenckt sich von seinem
Feinde zu entfernen, den es doch allent-
halben mit sich schleppet, so daß man den
Harponirer für den Neptunus anse-
hen möchte, der gleichsam im Triumph
von diesen Thieren gezogen wird. End-
lich aber, und nachdem es sein Unglück
überall hinter sich her geschleppet, an-
bey einen guten Theil seines Blutes
verlohren, entgehen ihm die Kräfte, der
Athem mangelt ihm, und es muß ohn-
mächtig und gezwungen, auf einmahl
anhalten, um ein wenig auszuruhen.
Allein es hält nicht so balde stille, so zie-
het der Harponirer seine Leine zu sich,
nähert ihm abermahls, und schießt es
mit der andern Harpon viel hefftiger,
denn vorhin. Nach diesem andern
Schuß oder Stoß spannet zwar das
Thier seine noch übrige wenige Kräfte
an; allein, es ist bald darauf mit ihm
[Spaltenumbruch] aus, und die Fischer ziehen es gemäch-
lich an das Gestade der ersten Jnsel, oder
nehmen es in ihre Schuyte, wo sie an-
ders groß genug dazu ist.

Das Weiblein bringt zwey Junge,
welche ihm überalle folgen. Unter dem
Bauche hat es zwey Zitzen, mit denen
es die Jungen in der See säuget, als
wie auf dem Lande eine Kuh ihr Kalb.
Fängt man die Mutter, so hat man die
Jungen auch gewiß, denn sie riechen
ihre Mutter, und schwimmen so lange
um den Kahn herum, bis man sie auch
ihres Unglücks theilhaftig macht.

Die Einwohner dieses Landes ernäh-
ren sich meistentheils mit dem Fleische
dieses Thieres; auch werden jährlich
gantze Schiffe voll vom vesten Lande
und den umliegenden Jnseln nach
Guadalupa, S. Christoffel/ Mar-
tinigo
und andere angelegene Jnseln
gebracht und das Pfund um anderthalb
Pfund Tabac verkaufft.

[Ende Spaltensatz]
Das sechs und dreyßigste Capitel.
Von dreyerley Geschlecht der Schildkröten, la Franche,
le Caret,
und la Caoüanne genannt.
[Beginn Spaltensatz] Siehe Fig. 377.

DJe Figur der Schildkröte/ sagt
der P. Tertre, die ich allhier mit-
theile, ist so nett und eigen gemacht,
daß ich nur die Zeit verderben würde,
wenn ich mich mit der Beschreibung ih-
rer Gestalt lang aufhalten wolte. Dan-
nenhero will ich nur berichten, was ei-
gentlich die Schildkröten in den Jn-
seln an sich haben, dadurch sie von den
Europäischen unterschieden werden.

Von allen diesen drey Gattungen
oder Arten der Schildkröten kan man
gantz füglich sagen, daß es rechte dumme
Thiere sind, schwer, taub und ohne Ge-
hirn, denn in dem gantzen Kopfe, der
doch so dicke ist als ein Kalbskopf, findet
sich das Hirn nicht grösser als eine klei-
ne Bohne: Dagegen haben sie ein treff-
liches Gesichte, und eine ungemeine
Grösse; wie dann das unterste Schild
oftmahls allein fünff Schuhe lang und
viere breit ist. Jhr Fleisch, bevoraus
derselbigen, welche la Franche genen-
net wird, sieht dem Rindfleische der-
massen ähnlich, daß einer ein Stücke
Fleisch von einer Schildkröte, bey ein
Stücke Rindfleisch geleget, kaum an-
[Spaltenumbruch] ders wird davon unterscheiden können,
als durch das Fett, welches gelbgrün
siehet. Unter diesen Schildkröten, ver-
stehe die Franches/ befinden sich welche,
die eine gantze Tonne Fleisch geben,
wenn alle Gebeine heraus genommen
worden sind, den Kopf, Hals, Pfoten,
Schwantz, Gedärme und Eyer unge-
rechnet, als von denen wol dreyßig Per-
sonen auch noch eine gute Mahlzeit hal-
ten können. Uberdiß bekommt man
so viel und überflüßiges Fett davon, daß
man gar gerne 15. oder zwantzig Kan-
nen Oel machen kan, welches so gelb
wie Gold siehet, und vortrefflich gut ist,
Gebackens und allerhand Tuncken da-
mit zu machen; doch muß es frisch seyn:
denn wenn es zu alt worden, dient es
allein zum brennen in die Lampen. Das
Fleisch der Schildkröten ist mit so viel
Lebensgeistern erfüllet, daß es sich des
Morgens annoch rühret, wenn sie
gleich Abends vorher zerhauen wor-
den.

Jch bin eine geraume Zeit der Mei-
nung gewesen, als ob die Schildkröten
in diesen Quartiren drey Hertzen hät-

ten,

Der Spezereyen und Materialien
[Spaltenumbruch] Pferd, zertheilt die Wellen, wie der Ad-
ler die Luft, und macht die See uͤberall,
wo es durchſtreicht, weiß und ſchau-
mend. Es gedenckt ſich von ſeinem
Feinde zu entfernen, den es doch allent-
halben mit ſich ſchleppet, ſo daß man den
Harponirer fuͤr den Neptunus anſe-
hen moͤchte, der gleichſam im Triumph
von dieſen Thieren gezogen wird. End-
lich aber, und nachdem es ſein Ungluͤck
uͤberall hinter ſich her geſchleppet, an-
bey einen guten Theil ſeines Blutes
verlohren, entgehen ihm die Kraͤfte, der
Athem mangelt ihm, und es muß ohn-
maͤchtig und gezwungen, auf einmahl
anhalten, um ein wenig auszuruhen.
Allein es haͤlt nicht ſo balde ſtille, ſo zie-
het der Harponirer ſeine Leine zu ſich,
naͤhert ihm abermahls, und ſchießt es
mit der andern Harpon viel hefftiger,
denn vorhin. Nach dieſem andern
Schuß oder Stoß ſpannet zwar das
Thier ſeine noch uͤbrige wenige Kraͤfte
an; allein, es iſt bald darauf mit ihm
[Spaltenumbruch] aus, und die Fiſcher ziehen es gemaͤch-
lich an das Geſtade der erſten Jnſel, oder
nehmen es in ihre Schuyte, wo ſie an-
ders groß genug dazu iſt.

Das Weiblein bringt zwey Junge,
welche ihm uͤberalle folgen. Unter dem
Bauche hat es zwey Zitzen, mit denen
es die Jungen in der See ſaͤuget, als
wie auf dem Lande eine Kuh ihr Kalb.
Faͤngt man die Mutter, ſo hat man die
Jungen auch gewiß, denn ſie riechen
ihre Mutter, und ſchwimmen ſo lange
um den Kahn herum, bis man ſie auch
ihres Ungluͤcks theilhaftig macht.

Die Einwohner dieſes Landes ernaͤh-
ren ſich meiſtentheils mit dem Fleiſche
dieſes Thieres; auch werden jaͤhrlich
gantze Schiffe voll vom veſten Lande
und den umliegenden Jnſeln nach
Guadalupa, S. Chriſtoffel/ Mar-
tinigo
und andere angelegene Jnſeln
gebracht und das Pfund um anderthalb
Pfund Tabac verkaufft.

[Ende Spaltensatz]
Das ſechs und dreyßigſte Capitel.
Von dreyerley Geſchlecht der Schildkroͤten, la Franche,
le Caret,
und la Caoüanne genannt.
[Beginn Spaltensatz] Siehe Fig. 377.

DJe Figur der Schildkroͤte/ ſagt
der P. Tertre, die ich allhier mit-
theile, iſt ſo nett und eigen gemacht,
daß ich nur die Zeit verderben wuͤrde,
wenn ich mich mit der Beſchreibung ih-
rer Geſtalt lang aufhalten wolte. Dan-
nenhero will ich nur berichten, was ei-
gentlich die Schildkroͤten in den Jn-
ſeln an ſich haben, dadurch ſie von den
Europaͤiſchen unterſchieden werden.

Von allen dieſen drey Gattungen
oder Arten der Schildkroͤten kan man
gantz fuͤglich ſagen, daß es rechte dumme
Thiere ſind, ſchwer, taub und ohne Ge-
hirn, denn in dem gantzen Kopfe, der
doch ſo dicke iſt als ein Kalbskopf, findet
ſich das Hirn nicht groͤſſer als eine klei-
ne Bohne: Dagegen haben ſie ein treff-
liches Geſichte, und eine ungemeine
Groͤſſe; wie dann das unterſte Schild
oftmahls allein fuͤnff Schuhe lang und
viere breit iſt. Jhr Fleiſch, bevoraus
derſelbigen, welche la Franche genen-
net wird, ſieht dem Rindfleiſche der-
maſſen aͤhnlich, daß einer ein Stuͤcke
Fleiſch von einer Schildkroͤte, bey ein
Stuͤcke Rindfleiſch geleget, kaum an-
[Spaltenumbruch] ders wird davon unterſcheiden koͤnnen,
als durch das Fett, welches gelbgruͤn
ſiehet. Unter dieſen Schildkroͤten, ver-
ſtehe die Franches/ befinden ſich welche,
die eine gantze Tonne Fleiſch geben,
wenn alle Gebeine heraus genommen
worden ſind, den Kopf, Hals, Pfoten,
Schwantz, Gedaͤrme und Eyer unge-
rechnet, als von denen wol dreyßig Per-
ſonen auch noch eine gute Mahlzeit hal-
ten koͤnnen. Uberdiß bekommt man
ſo viel und uͤberfluͤßiges Fett davon, daß
man gar gerne 15. oder zwantzig Kan-
nen Oel machen kan, welches ſo gelb
wie Gold ſiehet, und vortrefflich gut iſt,
Gebackens und allerhand Tuncken da-
mit zu machen; doch muß es friſch ſeyn:
denn wenn es zu alt worden, dient es
allein zum brennen in die Lampen. Das
Fleiſch der Schildkroͤten iſt mit ſo viel
Lebensgeiſtern erfuͤllet, daß es ſich des
Morgens annoch ruͤhret, wenn ſie
gleich Abends vorher zerhauen wor-
den.

Jch bin eine geraume Zeit der Mei-
nung geweſen, als ob die Schildkroͤten
in dieſen Quartiren drey Hertzen haͤt-

ten,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <p><pb facs="#f0442"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Spezereyen und Materialien</hi></fw><lb/><cb n="595"/>
Pferd, zertheilt die Wellen, wie der Ad-<lb/>
ler die Luft, und macht die See u&#x0364;berall,<lb/>
wo es durch&#x017F;treicht, weiß und &#x017F;chau-<lb/>
mend. Es gedenckt &#x017F;ich von &#x017F;einem<lb/>
Feinde zu entfernen, den es doch allent-<lb/>
halben mit &#x017F;ich &#x017F;chleppet, &#x017F;o daß man den<lb/>
Harponirer fu&#x0364;r den Neptunus an&#x017F;e-<lb/>
hen mo&#x0364;chte, der gleich&#x017F;am im Triumph<lb/>
von die&#x017F;en Thieren gezogen wird. End-<lb/>
lich aber, und nachdem es &#x017F;ein Unglu&#x0364;ck<lb/>
u&#x0364;berall hinter &#x017F;ich her ge&#x017F;chleppet, an-<lb/>
bey einen guten Theil &#x017F;eines Blutes<lb/>
verlohren, entgehen ihm die Kra&#x0364;fte, der<lb/>
Athem mangelt ihm, und es muß ohn-<lb/>
ma&#x0364;chtig und gezwungen, auf einmahl<lb/>
anhalten, um ein wenig auszuruhen.<lb/>
Allein es ha&#x0364;lt nicht &#x017F;o balde &#x017F;tille, &#x017F;o zie-<lb/>
het der Harponirer &#x017F;eine Leine zu &#x017F;ich,<lb/>
na&#x0364;hert ihm abermahls, und &#x017F;chießt es<lb/>
mit der andern Harpon viel hefftiger,<lb/>
denn vorhin. Nach die&#x017F;em andern<lb/>
Schuß oder Stoß &#x017F;pannet zwar das<lb/>
Thier &#x017F;eine noch u&#x0364;brige wenige Kra&#x0364;fte<lb/>
an; allein, es i&#x017F;t bald darauf mit ihm<lb/><cb n="596"/>
aus, und die Fi&#x017F;cher ziehen es gema&#x0364;ch-<lb/>
lich an das Ge&#x017F;tade der er&#x017F;ten Jn&#x017F;el, oder<lb/>
nehmen es in ihre Schuyte, wo &#x017F;ie an-<lb/>
ders groß genug dazu i&#x017F;t.</p><lb/>
              <p>Das Weiblein bringt zwey Junge,<lb/>
welche ihm u&#x0364;beralle folgen. Unter dem<lb/>
Bauche hat es zwey Zitzen, mit denen<lb/>
es die Jungen in der See &#x017F;a&#x0364;uget, als<lb/>
wie auf dem Lande eine Kuh ihr Kalb.<lb/>
Fa&#x0364;ngt man die Mutter, &#x017F;o hat man die<lb/>
Jungen auch gewiß, denn &#x017F;ie riechen<lb/>
ihre Mutter, und &#x017F;chwimmen &#x017F;o lange<lb/>
um den Kahn herum, bis man &#x017F;ie auch<lb/>
ihres Unglu&#x0364;cks theilhaftig macht.</p><lb/>
              <p>Die Einwohner die&#x017F;es Landes erna&#x0364;h-<lb/>
ren &#x017F;ich mei&#x017F;tentheils mit dem Flei&#x017F;che<lb/>
die&#x017F;es Thieres; auch werden ja&#x0364;hrlich<lb/>
gantze Schiffe voll vom ve&#x017F;ten Lande<lb/>
und den umliegenden Jn&#x017F;eln nach<lb/><hi rendition="#fr">Guadalupa, S. Chri&#x017F;toffel/ Mar-<lb/>
tinigo</hi> und andere angelegene Jn&#x017F;eln<lb/>
gebracht und das Pfund um anderthalb<lb/>
Pfund Tabac verkaufft.</p>
              <cb type="end"/>
            </div><lb/>
            <div n="3">
              <head> <hi rendition="#b">Das &#x017F;echs und dreyßig&#x017F;te Capitel.<lb/>
Von dreyerley Ge&#x017F;chlecht der Schildkro&#x0364;ten, <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">la Franche,<lb/>
le Caret,</hi></hi> und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">la Caoüanne</hi></hi> genannt.</hi> </head><lb/>
              <cb type="start"/>
              <note place="left">Siehe <hi rendition="#aq">Fig.</hi> 377.</note>
              <p><hi rendition="#in">D</hi>Je Figur der <hi rendition="#fr">Schildkro&#x0364;te/</hi> &#x017F;agt<lb/>
der <hi rendition="#fr">P. Tertre,</hi> die ich allhier mit-<lb/>
theile, i&#x017F;t &#x017F;o nett und eigen gemacht,<lb/>
daß ich nur die Zeit verderben wu&#x0364;rde,<lb/>
wenn ich mich mit der Be&#x017F;chreibung ih-<lb/>
rer Ge&#x017F;talt lang aufhalten wolte. Dan-<lb/>
nenhero will ich nur berichten, was ei-<lb/>
gentlich die Schildkro&#x0364;ten in den Jn-<lb/>
&#x017F;eln an &#x017F;ich haben, dadurch &#x017F;ie von den<lb/>
Europa&#x0364;i&#x017F;chen unter&#x017F;chieden werden.</p><lb/>
              <p>Von allen die&#x017F;en drey Gattungen<lb/>
oder Arten der Schildkro&#x0364;ten kan man<lb/>
gantz fu&#x0364;glich &#x017F;agen, daß es rechte dumme<lb/>
Thiere &#x017F;ind, &#x017F;chwer, taub und ohne Ge-<lb/>
hirn, denn in dem gantzen Kopfe, der<lb/>
doch &#x017F;o dicke i&#x017F;t als ein Kalbskopf, findet<lb/>
&#x017F;ich das Hirn nicht gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er als eine klei-<lb/>
ne Bohne: Dagegen haben &#x017F;ie ein treff-<lb/>
liches Ge&#x017F;ichte, und eine ungemeine<lb/>
Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e; wie dann das unter&#x017F;te Schild<lb/>
oftmahls allein fu&#x0364;nff Schuhe lang und<lb/>
viere breit i&#x017F;t. Jhr Flei&#x017F;ch, bevoraus<lb/>
der&#x017F;elbigen, welche <hi rendition="#fr">la Franche</hi> genen-<lb/>
net wird, &#x017F;ieht dem Rindflei&#x017F;che der-<lb/>
ma&#x017F;&#x017F;en a&#x0364;hnlich, daß einer ein Stu&#x0364;cke<lb/>
Flei&#x017F;ch von einer Schildkro&#x0364;te, bey ein<lb/>
Stu&#x0364;cke Rindflei&#x017F;ch geleget, kaum an-<lb/><cb/>
ders wird davon unter&#x017F;cheiden ko&#x0364;nnen,<lb/>
als durch das Fett, welches gelbgru&#x0364;n<lb/>
&#x017F;iehet. Unter die&#x017F;en Schildkro&#x0364;ten, ver-<lb/>
&#x017F;tehe die <hi rendition="#fr">Franches/</hi> befinden &#x017F;ich welche,<lb/>
die eine gantze Tonne Flei&#x017F;ch geben,<lb/>
wenn alle Gebeine heraus genommen<lb/>
worden &#x017F;ind, den Kopf, Hals, Pfoten,<lb/>
Schwantz, Geda&#x0364;rme und Eyer unge-<lb/>
rechnet, als von denen wol dreyßig Per-<lb/>
&#x017F;onen auch noch eine gute Mahlzeit hal-<lb/>
ten ko&#x0364;nnen. Uberdiß bekommt man<lb/>
&#x017F;o viel und u&#x0364;berflu&#x0364;ßiges Fett davon, daß<lb/>
man gar gerne 15. oder zwantzig Kan-<lb/>
nen Oel machen kan, welches &#x017F;o gelb<lb/>
wie Gold &#x017F;iehet, und vortrefflich gut i&#x017F;t,<lb/>
Gebackens und allerhand Tuncken da-<lb/>
mit zu machen; doch muß es fri&#x017F;ch &#x017F;eyn:<lb/>
denn wenn es zu alt worden, dient es<lb/>
allein zum brennen in die Lampen. Das<lb/>
Flei&#x017F;ch der Schildkro&#x0364;ten i&#x017F;t mit &#x017F;o viel<lb/>
Lebensgei&#x017F;tern erfu&#x0364;llet, daß es &#x017F;ich des<lb/>
Morgens annoch ru&#x0364;hret, wenn &#x017F;ie<lb/>
gleich Abends vorher zerhauen wor-<lb/>
den.</p><lb/>
              <p>Jch bin eine geraume Zeit der Mei-<lb/>
nung gewe&#x017F;en, als ob die Schildkro&#x0364;ten<lb/>
in die&#x017F;en Quartiren drey Hertzen ha&#x0364;t-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ten,</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0442] Der Spezereyen und Materialien Pferd, zertheilt die Wellen, wie der Ad- ler die Luft, und macht die See uͤberall, wo es durchſtreicht, weiß und ſchau- mend. Es gedenckt ſich von ſeinem Feinde zu entfernen, den es doch allent- halben mit ſich ſchleppet, ſo daß man den Harponirer fuͤr den Neptunus anſe- hen moͤchte, der gleichſam im Triumph von dieſen Thieren gezogen wird. End- lich aber, und nachdem es ſein Ungluͤck uͤberall hinter ſich her geſchleppet, an- bey einen guten Theil ſeines Blutes verlohren, entgehen ihm die Kraͤfte, der Athem mangelt ihm, und es muß ohn- maͤchtig und gezwungen, auf einmahl anhalten, um ein wenig auszuruhen. Allein es haͤlt nicht ſo balde ſtille, ſo zie- het der Harponirer ſeine Leine zu ſich, naͤhert ihm abermahls, und ſchießt es mit der andern Harpon viel hefftiger, denn vorhin. Nach dieſem andern Schuß oder Stoß ſpannet zwar das Thier ſeine noch uͤbrige wenige Kraͤfte an; allein, es iſt bald darauf mit ihm aus, und die Fiſcher ziehen es gemaͤch- lich an das Geſtade der erſten Jnſel, oder nehmen es in ihre Schuyte, wo ſie an- ders groß genug dazu iſt. Das Weiblein bringt zwey Junge, welche ihm uͤberalle folgen. Unter dem Bauche hat es zwey Zitzen, mit denen es die Jungen in der See ſaͤuget, als wie auf dem Lande eine Kuh ihr Kalb. Faͤngt man die Mutter, ſo hat man die Jungen auch gewiß, denn ſie riechen ihre Mutter, und ſchwimmen ſo lange um den Kahn herum, bis man ſie auch ihres Ungluͤcks theilhaftig macht. Die Einwohner dieſes Landes ernaͤh- ren ſich meiſtentheils mit dem Fleiſche dieſes Thieres; auch werden jaͤhrlich gantze Schiffe voll vom veſten Lande und den umliegenden Jnſeln nach Guadalupa, S. Chriſtoffel/ Mar- tinigo und andere angelegene Jnſeln gebracht und das Pfund um anderthalb Pfund Tabac verkaufft. Das ſechs und dreyßigſte Capitel. Von dreyerley Geſchlecht der Schildkroͤten, la Franche, le Caret, und la Caoüanne genannt. DJe Figur der Schildkroͤte/ ſagt der P. Tertre, die ich allhier mit- theile, iſt ſo nett und eigen gemacht, daß ich nur die Zeit verderben wuͤrde, wenn ich mich mit der Beſchreibung ih- rer Geſtalt lang aufhalten wolte. Dan- nenhero will ich nur berichten, was ei- gentlich die Schildkroͤten in den Jn- ſeln an ſich haben, dadurch ſie von den Europaͤiſchen unterſchieden werden. Von allen dieſen drey Gattungen oder Arten der Schildkroͤten kan man gantz fuͤglich ſagen, daß es rechte dumme Thiere ſind, ſchwer, taub und ohne Ge- hirn, denn in dem gantzen Kopfe, der doch ſo dicke iſt als ein Kalbskopf, findet ſich das Hirn nicht groͤſſer als eine klei- ne Bohne: Dagegen haben ſie ein treff- liches Geſichte, und eine ungemeine Groͤſſe; wie dann das unterſte Schild oftmahls allein fuͤnff Schuhe lang und viere breit iſt. Jhr Fleiſch, bevoraus derſelbigen, welche la Franche genen- net wird, ſieht dem Rindfleiſche der- maſſen aͤhnlich, daß einer ein Stuͤcke Fleiſch von einer Schildkroͤte, bey ein Stuͤcke Rindfleiſch geleget, kaum an- ders wird davon unterſcheiden koͤnnen, als durch das Fett, welches gelbgruͤn ſiehet. Unter dieſen Schildkroͤten, ver- ſtehe die Franches/ befinden ſich welche, die eine gantze Tonne Fleiſch geben, wenn alle Gebeine heraus genommen worden ſind, den Kopf, Hals, Pfoten, Schwantz, Gedaͤrme und Eyer unge- rechnet, als von denen wol dreyßig Per- ſonen auch noch eine gute Mahlzeit hal- ten koͤnnen. Uberdiß bekommt man ſo viel und uͤberfluͤßiges Fett davon, daß man gar gerne 15. oder zwantzig Kan- nen Oel machen kan, welches ſo gelb wie Gold ſiehet, und vortrefflich gut iſt, Gebackens und allerhand Tuncken da- mit zu machen; doch muß es friſch ſeyn: denn wenn es zu alt worden, dient es allein zum brennen in die Lampen. Das Fleiſch der Schildkroͤten iſt mit ſo viel Lebensgeiſtern erfuͤllet, daß es ſich des Morgens annoch ruͤhret, wenn ſie gleich Abends vorher zerhauen wor- den. Jch bin eine geraume Zeit der Mei- nung geweſen, als ob die Schildkroͤten in dieſen Quartiren drey Hertzen haͤt- ten,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/442
Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/442>, abgerufen am 22.11.2024.