Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

Bild:
<< vorherige Seite
über ein und andere Gewächse, Thiere etc.
[Spaltenumbruch] [Ende Spaltensatz]
Von dem so kostbaren wilden
Schweinsteine aus Westin-
dien.
Siehe Fig. 2.

Pierre de Porc, der Schweinestein, den
die Holländer Pedro de Porco zu nennen
pflegen, und die Portugiesen, welche
dergleichen Steine zu erst in Europa ge-
bracht, Pedro de Vassar, oder Piedra de
Puerco,
ist eine Art Bezoar, so in der Gal-
le der ostindischen wilden Schweine an-
zutreffen. Der Schweinstein, oder
Schweinbezoar, ist insgemein so dick als
eine Haselnuß, oder, wie die Spitze an
dem Finger, unterschiedener Gestalt
und Farbe. Doch seine gemeinste Far-
be sieht wie die Toulonische Seiffe, das
ist weiß und etwas grünlicht, dabey ist er
gar linde anzufühlen.

Wiewohl nun diese Steine trefflich
seltsam sind, dannoch habe ich deren
zwey Stück, die ich in meinem Cabinet
verwahrlich aufbehalte, um sie denen-
jenigen zu zeigen, die sie gerne möchten
kennen lernen.

Wie rar aber dieser Stein, solte man
sich nicht einbilden können, und dennoch
ist nichts nicht gewissers, als daß auch bey
dem stärckesten Verkauff der Jndiani-
schen Waaren zu Amsterdam und Lissa-
bon sich niemahls über drey oder vier
solcher Steine nicht befinden. Wie
dann im Jahr 1694. bey so schwerer und
kostbarer Ladung unterschiedener Schif-
fe, die in dem Februar. von Batavia ab-
gegangen, und welche über zwey Mil-
lionen betrugen, mehr nicht, als zwey
Sausteine sind mit überbracht worden,
inmassen solches ihre Cargaison oder ge-
druckte Waaren-Liste bezeuget.

Die Jndianer nennen diese Steine,
auf ihre Sprache, Mestica de soho, und
halten ungemein viel drauf, wegen ihrer
Kraft wider den Gift: ja die Leute im
Königreich Malacca, woselbst sie insge-
mein zu finden, wollen sie gar dem ori-
entalischen Bezoar vorziehen, unerach-
tet derselbige in den übrigen Theilen
Jndiens für das allerherrlichste Mittel
wider den Gift gehalten wird, derglei-
chen nur in der Welt zu haben.

Der Schweinstein findet sich gar sel-
ten bey den Holländischen Materiali-
sten, und bey uns ist er noch viel seltsa-
mer, entweder, weil er in Jndien selbst
so rar, oder aber, weil ihn die Jndianer
[Spaltenumbruch] lieber für sich behalten, nicht allein, als
ein dermassen kräftiges Verwahrungs-
mittel wider den Gift, sondern auch als
eine allgemeine und unfehlbare Artz-
ney wider diejenige Kranckheit, welche
sie Mordoxi heissen, so von verderbter
Galle kommt, und ihnen eben so gefähr-
lich ist, als wie bey uns in Europa die
Pest.

Wann die Schweinsteine nach Hol-
land überkommen, werden sie gemei-
niglich um hundert, bis hundert und
dreyßig Thaler, auch wohl noch höher
verkaufft. Allein die reichen Kauffleu-
te, denen alle ihre Kraft und Wirckung
wohl bekannt, verwahren sie als einen
kostbaren Schatz, und machen entweder
ein Present davon an grosse Herren,
oder bedienen sich ihrer selbst auf den
Nothfall. Sie schliessen sie in ein run-
des goldnes durchlöchertes Büchslein
ein, welches an einer goldnen Kette han-
get, damit man es brauchen könne,
wenn man will.

Unterschiedene ansehnliche Leute und
Familien in Amsterdam, im Hag und
an andern Orten in Holland, verwah-
ren diesen Stein, schon viele Jahre, von
Kind zu Kindeskind, und ihre guten
Freunde und Bekannten nehmen als-
dann im Nothfall ihre Zuflucht zu ih-
nen, absonderlich, wann ihre Kinder
die Pocken haben.

Sonst werden ihm auch noch viel an-
dre Kraft und Tugenden mehr beyge-
legt, wider Fieber und bey nahe alle Be-
schwerungen der Weiber: und die Jn-
dianischen haben ein solches Vertrauen
darauf, daß sie glauben, sie erhielten al-
sofort eine sonderliche Linderung ihrer
Schmertzen, sobald sie ihn nur können
anrühren: allein die schwangern ge-
trauen sich nicht ihn zu gebrauchen, aus
Beysorge, es möchte ihnen unrichtig ge-
hen.

Wann man diesen Stein gebrauchen
will, wird er einige Augenblicke in ein
Glas mit Wasser oder Wein gehangen:
so theilet er demselben seine Kraft und
Tugend mit, und machet es ein wenig
bitter, doch nicht unangenehm. Die-
ses trincket man früh nüchtern, und em-
pfindet alle oben angerührte Hülffe.

Man kan ihn auch zu aller Stund

und
H h h 2
uͤber ein und andere Gewaͤchſe, Thiere ꝛc.
[Spaltenumbruch] [Ende Spaltensatz]
Von dem ſo koſtbaren wilden
Schweinſteine aus Weſtin-
dien.
Siehe Fig. 2.

Pierre de Porc, der Schweineſtein, den
die Hollaͤnder Pedro de Porco zu nennen
pflegen, und die Portugieſen, welche
dergleichen Steine zu erſt in Europa ge-
bracht, Pedro de Vaſſar, oder Piedra de
Puerco,
iſt eine Art Bezoar, ſo in der Gal-
le der oſtindiſchen wilden Schweine an-
zutreffen. Der Schweinſtein, oder
Schweinbezoar, iſt insgemein ſo dick als
eine Haſelnuß, oder, wie die Spitze an
dem Finger, unterſchiedener Geſtalt
und Farbe. Doch ſeine gemeinſte Far-
be ſieht wie die Touloniſche Seiffe, das
iſt weiß und etwas gruͤnlicht, dabey iſt er
gar linde anzufuͤhlen.

Wiewohl nun dieſe Steine trefflich
ſeltſam ſind, dannoch habe ich deren
zwey Stuͤck, die ich in meinem Cabinet
verwahrlich aufbehalte, um ſie denen-
jenigen zu zeigen, die ſie gerne moͤchten
kennen lernen.

Wie rar aber dieſer Stein, ſolte man
ſich nicht einbilden koͤnnen, und dennoch
iſt nichts nicht gewiſſeꝛs, als daß auch bey
dem ſtaͤrckeſten Verkauff der Jndiani-
ſchen Waaren zu Amſterdam und Liſſa-
bon ſich niemahls uͤber drey oder vier
ſolcher Steine nicht befinden. Wie
dann im Jahr 1694. bey ſo ſchwerer und
koſtbarer Ladung unterſchiedener Schif-
fe, die in dem Februar. von Batavia ab-
gegangen, und welche uͤber zwey Mil-
lionen betrugen, mehr nicht, als zwey
Sauſteine ſind mit uͤberbracht worden,
inmaſſen ſolches ihre Cargaiſon oder ge-
druckte Waaren-Liſte bezeuget.

Die Jndianer nennen dieſe Steine,
auf ihre Sprache, Meſtica de ſoho, und
halten ungemein viel drauf, wegen ihrer
Kraft wider den Gift: ja die Leute im
Koͤnigreich Malacca, woſelbſt ſie insge-
mein zu finden, wollen ſie gar dem ori-
entaliſchen Bezoar vorziehen, unerach-
tet derſelbige in den uͤbrigen Theilen
Jndiens fuͤr das allerherrlichſte Mittel
wider den Gift gehalten wird, derglei-
chen nur in der Welt zu haben.

Der Schweinſtein findet ſich gar ſel-
ten bey den Hollaͤndiſchen Materiali-
ſten, und bey uns iſt er noch viel ſeltſa-
mer, entweder, weil er in Jndien ſelbſt
ſo rar, oder aber, weil ihn die Jndianer
[Spaltenumbruch] lieber fuͤr ſich behalten, nicht allein, als
ein dermaſſen kraͤftiges Verwahrungs-
mittel wider den Gift, ſondern auch als
eine allgemeine und unfehlbare Artz-
ney wider diejenige Kranckheit, welche
ſie Mordoxi heiſſen, ſo von verderbter
Galle kommt, und ihnen eben ſo gefaͤhr-
lich iſt, als wie bey uns in Europa die
Peſt.

Wann die Schweinſteine nach Hol-
land uͤberkommen, werden ſie gemei-
niglich um hundert, bis hundert und
dreyßig Thaler, auch wohl noch hoͤher
verkaufft. Allein die reichen Kauffleu-
te, denen alle ihre Kraft und Wirckung
wohl bekannt, verwahren ſie als einen
koſtbaren Schatz, und machen entweder
ein Preſent davon an groſſe Herren,
oder bedienen ſich ihrer ſelbſt auf den
Nothfall. Sie ſchlieſſen ſie in ein run-
des goldnes durchloͤchertes Buͤchslein
ein, welches an einer goldnen Kette han-
get, damit man es brauchen koͤnne,
wenn man will.

Unterſchiedene anſehnliche Leute und
Familien in Amſterdam, im Hag und
an andern Orten in Holland, verwah-
ren dieſen Stein, ſchon viele Jahre, von
Kind zu Kindeskind, und ihre guten
Freunde und Bekannten nehmen als-
dann im Nothfall ihre Zuflucht zu ih-
nen, abſonderlich, wann ihre Kinder
die Pocken haben.

Sonſt werden ihm auch noch viel an-
dre Kraft und Tugenden mehr beyge-
legt, wider Fieber und bey nahe alle Be-
ſchwerungen der Weiber: und die Jn-
dianiſchen haben ein ſolches Vertrauen
darauf, daß ſie glauben, ſie erhielten al-
ſofort eine ſonderliche Linderung ihrer
Schmertzen, ſobald ſie ihn nur koͤnnen
anruͤhren: allein die ſchwangern ge-
trauen ſich nicht ihn zu gebrauchen, aus
Beyſorge, es moͤchte ihnen unrichtig ge-
hen.

Wann man dieſen Stein gebrauchen
will, wird er einige Augenblicke in ein
Glas mit Waſſer oder Wein gehangen:
ſo theilet er demſelben ſeine Kraft und
Tugend mit, und machet es ein wenig
bitter, doch nicht unangenehm. Die-
ſes trincket man fruͤh nuͤchtern, und em-
pfindet alle oben angeruͤhrte Huͤlffe.

Man kan ihn auch zu aller Stund

und
H h h 2
<TEI>
  <text>
    <back>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0579"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">u&#x0364;ber ein und andere Gewa&#x0364;ch&#x017F;e, Thiere &#xA75B;c.</hi> </fw><lb/>
          <cb n="851"/>
          <cb type="end"/>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Von dem &#x017F;o ko&#x017F;tbaren wilden<lb/>
Schwein&#x017F;teine aus We&#x017F;tin-<lb/>
dien.</hi> </head><lb/>
          <note place="left">Siehe <hi rendition="#aq">Fig.</hi> 2.</note>
          <p><hi rendition="#aq">Pierre de Porc,</hi> der Schweine&#x017F;tein, den<lb/>
die Holla&#x0364;nder <hi rendition="#aq">Pedro de Porco</hi> zu nennen<lb/>
pflegen, und die Portugie&#x017F;en, welche<lb/>
dergleichen Steine zu er&#x017F;t in Europa ge-<lb/>
bracht, <hi rendition="#aq">Pedro de Va&#x017F;&#x017F;ar,</hi> oder <hi rendition="#aq">Piedra de<lb/>
Puerco,</hi> i&#x017F;t eine Art Bezoar, &#x017F;o in der Gal-<lb/>
le der o&#x017F;tindi&#x017F;chen wilden Schweine an-<lb/>
zutreffen. Der Schwein&#x017F;tein, oder<lb/>
Schweinbezoar, i&#x017F;t insgemein &#x017F;o dick als<lb/>
eine Ha&#x017F;elnuß, oder, wie die Spitze an<lb/>
dem Finger, unter&#x017F;chiedener Ge&#x017F;talt<lb/>
und Farbe. Doch &#x017F;eine gemein&#x017F;te Far-<lb/>
be &#x017F;ieht wie die Touloni&#x017F;che Seiffe, das<lb/>
i&#x017F;t weiß und etwas gru&#x0364;nlicht, dabey i&#x017F;t er<lb/>
gar linde anzufu&#x0364;hlen.</p><lb/>
          <p>Wiewohl nun die&#x017F;e Steine trefflich<lb/>
&#x017F;elt&#x017F;am &#x017F;ind, dannoch habe ich deren<lb/>
zwey Stu&#x0364;ck, die ich in meinem Cabinet<lb/>
verwahrlich aufbehalte, um &#x017F;ie denen-<lb/>
jenigen zu zeigen, die &#x017F;ie gerne mo&#x0364;chten<lb/>
kennen lernen.</p><lb/>
          <p>Wie rar aber die&#x017F;er Stein, &#x017F;olte man<lb/>
&#x017F;ich nicht einbilden ko&#x0364;nnen, und dennoch<lb/>
i&#x017F;t nichts nicht gewi&#x017F;&#x017F;e&#xA75B;s, als daß auch bey<lb/>
dem &#x017F;ta&#x0364;rcke&#x017F;ten Verkauff der Jndiani-<lb/>
&#x017F;chen Waaren zu Am&#x017F;terdam und Li&#x017F;&#x017F;a-<lb/>
bon &#x017F;ich niemahls u&#x0364;ber drey oder vier<lb/>
&#x017F;olcher Steine nicht befinden. Wie<lb/>
dann im Jahr 1694. bey &#x017F;o &#x017F;chwerer und<lb/>
ko&#x017F;tbarer Ladung unter&#x017F;chiedener Schif-<lb/>
fe, die in dem Februar. von Batavia ab-<lb/>
gegangen, und welche u&#x0364;ber zwey Mil-<lb/>
lionen betrugen, mehr nicht, als zwey<lb/>
Sau&#x017F;teine &#x017F;ind mit u&#x0364;berbracht worden,<lb/>
inma&#x017F;&#x017F;en &#x017F;olches ihre <hi rendition="#aq">Cargai&#x017F;on</hi> oder ge-<lb/>
druckte Waaren-Li&#x017F;te bezeuget.</p><lb/>
          <p>Die Jndianer nennen die&#x017F;e Steine,<lb/>
auf ihre Sprache, <hi rendition="#aq">Me&#x017F;tica de &#x017F;oho,</hi> und<lb/>
halten ungemein viel drauf, wegen ihrer<lb/>
Kraft wider den Gift: ja die Leute im<lb/>
Ko&#x0364;nigreich Malacca, wo&#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ie insge-<lb/>
mein zu finden, wollen &#x017F;ie gar dem ori-<lb/>
entali&#x017F;chen Bezoar vorziehen, unerach-<lb/>
tet der&#x017F;elbige in den u&#x0364;brigen Theilen<lb/>
Jndiens fu&#x0364;r das allerherrlich&#x017F;te Mittel<lb/>
wider den Gift gehalten wird, derglei-<lb/>
chen nur in der Welt zu haben.</p><lb/>
          <p>Der Schwein&#x017F;tein findet &#x017F;ich gar &#x017F;el-<lb/>
ten bey den Holla&#x0364;ndi&#x017F;chen Materiali-<lb/>
&#x017F;ten, und bey uns i&#x017F;t er noch viel &#x017F;elt&#x017F;a-<lb/>
mer, entweder, weil er in Jndien &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
&#x017F;o rar, oder aber, weil ihn die Jndianer<lb/><cb n="852"/>
lieber fu&#x0364;r &#x017F;ich behalten, nicht allein, als<lb/>
ein derma&#x017F;&#x017F;en kra&#x0364;ftiges Verwahrungs-<lb/>
mittel wider den Gift, &#x017F;ondern auch als<lb/>
eine allgemeine und unfehlbare Artz-<lb/>
ney wider diejenige Kranckheit, welche<lb/>
&#x017F;ie <hi rendition="#aq">Mordoxi</hi> hei&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o von verderbter<lb/>
Galle kommt, und ihnen eben &#x017F;o gefa&#x0364;hr-<lb/>
lich i&#x017F;t, als wie bey uns in Europa die<lb/>
Pe&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Wann die Schwein&#x017F;teine nach Hol-<lb/>
land u&#x0364;berkommen, werden &#x017F;ie gemei-<lb/>
niglich um hundert, bis hundert und<lb/>
dreyßig Thaler, auch wohl noch ho&#x0364;her<lb/>
verkaufft. Allein die reichen Kauffleu-<lb/>
te, denen alle ihre Kraft und Wirckung<lb/>
wohl bekannt, verwahren &#x017F;ie als einen<lb/>
ko&#x017F;tbaren Schatz, und machen entweder<lb/>
ein Pre&#x017F;ent davon an gro&#x017F;&#x017F;e Herren,<lb/>
oder bedienen &#x017F;ich ihrer &#x017F;elb&#x017F;t auf den<lb/>
Nothfall. Sie &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie in ein run-<lb/>
des goldnes durchlo&#x0364;chertes Bu&#x0364;chslein<lb/>
ein, welches an einer goldnen Kette han-<lb/>
get, damit man es brauchen ko&#x0364;nne,<lb/>
wenn man will.</p><lb/>
          <p>Unter&#x017F;chiedene an&#x017F;ehnliche Leute und<lb/>
Familien in Am&#x017F;terdam, im Hag und<lb/>
an andern Orten in Holland, verwah-<lb/>
ren die&#x017F;en Stein, &#x017F;chon viele Jahre, von<lb/>
Kind zu Kindeskind, und ihre guten<lb/>
Freunde und Bekannten nehmen als-<lb/>
dann im Nothfall ihre Zuflucht zu ih-<lb/>
nen, ab&#x017F;onderlich, wann ihre Kinder<lb/>
die Pocken haben.</p><lb/>
          <p>Son&#x017F;t werden ihm auch noch viel an-<lb/>
dre Kraft und Tugenden mehr beyge-<lb/>
legt, wider Fieber und bey nahe alle Be-<lb/>
&#x017F;chwerungen der Weiber: und die Jn-<lb/>
diani&#x017F;chen haben ein &#x017F;olches Vertrauen<lb/>
darauf, daß &#x017F;ie glauben, &#x017F;ie erhielten al-<lb/>
&#x017F;ofort eine &#x017F;onderliche Linderung ihrer<lb/>
Schmertzen, &#x017F;obald &#x017F;ie ihn nur ko&#x0364;nnen<lb/>
anru&#x0364;hren: allein die &#x017F;chwangern ge-<lb/>
trauen &#x017F;ich nicht ihn zu gebrauchen, aus<lb/>
Bey&#x017F;orge, es mo&#x0364;chte ihnen unrichtig ge-<lb/>
hen.</p><lb/>
          <p>Wann man die&#x017F;en Stein gebrauchen<lb/>
will, wird er einige Augenblicke in ein<lb/>
Glas mit Wa&#x017F;&#x017F;er oder Wein gehangen:<lb/>
&#x017F;o theilet er dem&#x017F;elben &#x017F;eine Kraft und<lb/>
Tugend mit, und machet es ein wenig<lb/>
bitter, doch nicht unangenehm. Die-<lb/>
&#x017F;es trincket man fru&#x0364;h nu&#x0364;chtern, und em-<lb/>
pfindet alle oben angeru&#x0364;hrte Hu&#x0364;lffe.</p><lb/>
          <p>Man kan ihn auch zu aller Stund<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H h h 2</fw><fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </back>
  </text>
</TEI>
[0579] uͤber ein und andere Gewaͤchſe, Thiere ꝛc. Von dem ſo koſtbaren wilden Schweinſteine aus Weſtin- dien. Pierre de Porc, der Schweineſtein, den die Hollaͤnder Pedro de Porco zu nennen pflegen, und die Portugieſen, welche dergleichen Steine zu erſt in Europa ge- bracht, Pedro de Vaſſar, oder Piedra de Puerco, iſt eine Art Bezoar, ſo in der Gal- le der oſtindiſchen wilden Schweine an- zutreffen. Der Schweinſtein, oder Schweinbezoar, iſt insgemein ſo dick als eine Haſelnuß, oder, wie die Spitze an dem Finger, unterſchiedener Geſtalt und Farbe. Doch ſeine gemeinſte Far- be ſieht wie die Touloniſche Seiffe, das iſt weiß und etwas gruͤnlicht, dabey iſt er gar linde anzufuͤhlen. Wiewohl nun dieſe Steine trefflich ſeltſam ſind, dannoch habe ich deren zwey Stuͤck, die ich in meinem Cabinet verwahrlich aufbehalte, um ſie denen- jenigen zu zeigen, die ſie gerne moͤchten kennen lernen. Wie rar aber dieſer Stein, ſolte man ſich nicht einbilden koͤnnen, und dennoch iſt nichts nicht gewiſſeꝛs, als daß auch bey dem ſtaͤrckeſten Verkauff der Jndiani- ſchen Waaren zu Amſterdam und Liſſa- bon ſich niemahls uͤber drey oder vier ſolcher Steine nicht befinden. Wie dann im Jahr 1694. bey ſo ſchwerer und koſtbarer Ladung unterſchiedener Schif- fe, die in dem Februar. von Batavia ab- gegangen, und welche uͤber zwey Mil- lionen betrugen, mehr nicht, als zwey Sauſteine ſind mit uͤberbracht worden, inmaſſen ſolches ihre Cargaiſon oder ge- druckte Waaren-Liſte bezeuget. Die Jndianer nennen dieſe Steine, auf ihre Sprache, Meſtica de ſoho, und halten ungemein viel drauf, wegen ihrer Kraft wider den Gift: ja die Leute im Koͤnigreich Malacca, woſelbſt ſie insge- mein zu finden, wollen ſie gar dem ori- entaliſchen Bezoar vorziehen, unerach- tet derſelbige in den uͤbrigen Theilen Jndiens fuͤr das allerherrlichſte Mittel wider den Gift gehalten wird, derglei- chen nur in der Welt zu haben. Der Schweinſtein findet ſich gar ſel- ten bey den Hollaͤndiſchen Materiali- ſten, und bey uns iſt er noch viel ſeltſa- mer, entweder, weil er in Jndien ſelbſt ſo rar, oder aber, weil ihn die Jndianer lieber fuͤr ſich behalten, nicht allein, als ein dermaſſen kraͤftiges Verwahrungs- mittel wider den Gift, ſondern auch als eine allgemeine und unfehlbare Artz- ney wider diejenige Kranckheit, welche ſie Mordoxi heiſſen, ſo von verderbter Galle kommt, und ihnen eben ſo gefaͤhr- lich iſt, als wie bey uns in Europa die Peſt. Wann die Schweinſteine nach Hol- land uͤberkommen, werden ſie gemei- niglich um hundert, bis hundert und dreyßig Thaler, auch wohl noch hoͤher verkaufft. Allein die reichen Kauffleu- te, denen alle ihre Kraft und Wirckung wohl bekannt, verwahren ſie als einen koſtbaren Schatz, und machen entweder ein Preſent davon an groſſe Herren, oder bedienen ſich ihrer ſelbſt auf den Nothfall. Sie ſchlieſſen ſie in ein run- des goldnes durchloͤchertes Buͤchslein ein, welches an einer goldnen Kette han- get, damit man es brauchen koͤnne, wenn man will. Unterſchiedene anſehnliche Leute und Familien in Amſterdam, im Hag und an andern Orten in Holland, verwah- ren dieſen Stein, ſchon viele Jahre, von Kind zu Kindeskind, und ihre guten Freunde und Bekannten nehmen als- dann im Nothfall ihre Zuflucht zu ih- nen, abſonderlich, wann ihre Kinder die Pocken haben. Sonſt werden ihm auch noch viel an- dre Kraft und Tugenden mehr beyge- legt, wider Fieber und bey nahe alle Be- ſchwerungen der Weiber: und die Jn- dianiſchen haben ein ſolches Vertrauen darauf, daß ſie glauben, ſie erhielten al- ſofort eine ſonderliche Linderung ihrer Schmertzen, ſobald ſie ihn nur koͤnnen anruͤhren: allein die ſchwangern ge- trauen ſich nicht ihn zu gebrauchen, aus Beyſorge, es moͤchte ihnen unrichtig ge- hen. Wann man dieſen Stein gebrauchen will, wird er einige Augenblicke in ein Glas mit Waſſer oder Wein gehangen: ſo theilet er demſelben ſeine Kraft und Tugend mit, und machet es ein wenig bitter, doch nicht unangenehm. Die- ſes trincket man fruͤh nuͤchtern, und em- pfindet alle oben angeruͤhrte Huͤlffe. Man kan ihn auch zu aller Stund und H h h 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/579
Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/579>, abgerufen am 22.11.2024.