fünf bis sechs Fuß tief, bis sie festen Boden antreffen. Alsdann wird der Graben mit ge- wöhnlichen Ziegelsteinen angefüllt, und in der Erde ordentlich gemauert. Bey einer solchen Mauerey vergeht viel Zeit, denn sie gehen nicht so damit um, wie bey uns, sondern wenn sie eine Reihe Ziegelsteine gelegt haben; so halten sie mit der Arbeit so lange ein, bis die gelegte Reihe Steine und Kalk völlig trocken ist. Je weiter sie nun mit der Mauer kommen, je schmäler pflegen sie sie immer zu machen. -- Ueberhaupt versichert Chardin, daß die Mauern in Persien ungemein hoch gemacht werden, und an den Pallästen an Höhe und Größe die Mauern unserer wohlverwahrtesten Klöster überträfen.
Das Dach eines Gebäudes ist gemeiniglich gewölbt. Hierinn sollen die persischen Baumei- ster ungemein geschickt seyn, und man versichert, daß man in keinem Lande kühlere und zugleich zierlichere Gewölbe antreffe. Ein Beweis von ihrer Geschicklicklichkeit in dieser Art der Bau- kunst ist, daß sie sich nämlich keiner Gerüste be- dienen, wenn sie kleine Gewölbe machen wollen. Ihre gewölbten Dächer sind platt und niedrig, und das äußerste Obertheil besteht aus einer Ebene, die vorher ungleich, itzt aber gleich ge- macht ist. Diese Terrassen, auf welchen man freye Luft zu schöpfen pflegt, und sich zuweilen schlafen legt, sind gemeiniglich mit Ziegelsteinen
gepfla-
fuͤnf bis ſechs Fuß tief, bis ſie feſten Boden antreffen. Alsdann wird der Graben mit ge- woͤhnlichen Ziegelſteinen angefuͤllt, und in der Erde ordentlich gemauert. Bey einer ſolchen Mauerey vergeht viel Zeit, denn ſie gehen nicht ſo damit um, wie bey uns, ſondern wenn ſie eine Reihe Ziegelſteine gelegt haben; ſo halten ſie mit der Arbeit ſo lange ein, bis die gelegte Reihe Steine und Kalk voͤllig trocken iſt. Je weiter ſie nun mit der Mauer kommen, je ſchmaͤler pflegen ſie ſie immer zu machen. — Ueberhaupt verſichert Chardin, daß die Mauern in Perſien ungemein hoch gemacht werden, und an den Pallaͤſten an Hoͤhe und Groͤße die Mauern unſerer wohlverwahrteſten Kloͤſter uͤbertraͤfen.
Das Dach eines Gebaͤudes iſt gemeiniglich gewoͤlbt. Hierinn ſollen die perſiſchen Baumei- ſter ungemein geſchickt ſeyn, und man verſichert, daß man in keinem Lande kuͤhlere und zugleich zierlichere Gewoͤlbe antreffe. Ein Beweis von ihrer Geſchicklicklichkeit in dieſer Art der Bau- kunſt iſt, daß ſie ſich naͤmlich keiner Geruͤſte be- dienen, wenn ſie kleine Gewoͤlbe machen wollen. Ihre gewoͤlbten Daͤcher ſind platt und niedrig, und das aͤußerſte Obertheil beſteht aus einer Ebene, die vorher ungleich, itzt aber gleich ge- macht iſt. Dieſe Terraſſen, auf welchen man freye Luft zu ſchoͤpfen pflegt, und ſich zuweilen ſchlafen legt, ſind gemeiniglich mit Ziegelſteinen
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fuͤnf bis ſechs Fuß tief, bis ſie feſten Boden
antreffen. Alsdann wird der Graben mit ge-
woͤhnlichen Ziegelſteinen angefuͤllt, und in der
Erde ordentlich gemauert. Bey einer ſolchen
Mauerey vergeht viel Zeit, denn ſie gehen nicht
ſo damit um, wie bey uns, ſondern wenn ſie
eine Reihe Ziegelſteine gelegt haben; ſo halten
ſie mit der Arbeit ſo lange ein, bis die gelegte
Reihe Steine und Kalk voͤllig trocken iſt. Je
weiter ſie nun mit der Mauer kommen, je
ſchmaͤler pflegen ſie ſie immer zu machen. —
Ueberhaupt verſichert Chardin, daß die
Mauern in Perſien ungemein hoch gemacht
werden, und an den Pallaͤſten an Hoͤhe und
Groͤße die Mauern unſerer wohlverwahrteſten
Kloͤſter uͤbertraͤfen.
Das Dach eines Gebaͤudes iſt gemeiniglich
gewoͤlbt. Hierinn ſollen die perſiſchen Baumei-
ſter ungemein geſchickt ſeyn, und man verſichert,
daß man in keinem Lande kuͤhlere und zugleich
zierlichere Gewoͤlbe antreffe. Ein Beweis von
ihrer Geſchicklicklichkeit in dieſer Art der Bau-
kunſt iſt, daß ſie ſich naͤmlich keiner Geruͤſte be-
dienen, wenn ſie kleine Gewoͤlbe machen wollen.
Ihre gewoͤlbten Daͤcher ſind platt und niedrig,
und das aͤußerſte Obertheil beſteht aus einer
Ebene, die vorher ungleich, itzt aber gleich ge-
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freye Luft zu ſchoͤpfen pflegt, und ſich zuweilen
ſchlafen legt, ſind gemeiniglich mit Ziegelſteinen
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/138>, abgerufen am 24.11.2024.
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