Die Art, wie sich dieß Volk mit einander ehlich zu verbinden pflegt, hat zu viel sonder- bares und characteristisches, als daß ich hier nicht etwas davon erzählen sollte. -- Wenn sich ein junger Mensch unter ihnen verheyrathen will, und sich ein Mägdchen ausgesucht hat; so pflegt der Priester und die Eltern des jungen Menschen zu dem Mägdchen zu gehen, und sie zu fragen; ob sie noch eine Jungfrau sey? Wenn diese es nun mit einem Ja bekräftiget; so muß sie ihre Aussage beschwören. Die Ein- willigung der Eltern von Seiten der Braut, hält nie schwer zu erhalten: selten machen die- se auch nur die geringste Einwendung. -- Hierauf nun führet der Priester die Braut zum Fluß, und tauft sie, führt sie auch selbst wie- der zurück in das Haus des Bräutigams. Als- dann hält der Priester diesem Paare eine lange Rede, und stellt ihnen alle die Pflichten vor, die sie gegenseitig gegen einander zu beobachten haben. Ist dieses geschehen; so nimmt er ein Buch, welches sie Faal*) nennen, und sucht die glückliche Stunde auf, wann die völlige Verbindung kann vorgenommen werden. Wenn dieses geschehen ist; so gehen sie zu ihrem ober- sten Priester, der sie, nachdem der Bräuti- gam nochmals versichert hat, daß seine Braut noch eine reine Jungfrau sey, völlig mit ein- ander ehlich verbindet. -- -- Findet sich
aber
*) d. i. Schicksaal, Hazard.
Die Art, wie ſich dieß Volk mit einander ehlich zu verbinden pflegt, hat zu viel ſonder- bares und characteriſtiſches, als daß ich hier nicht etwas davon erzaͤhlen ſollte. — Wenn ſich ein junger Menſch unter ihnen verheyrathen will, und ſich ein Maͤgdchen ausgeſucht hat; ſo pflegt der Prieſter und die Eltern des jungen Menſchen zu dem Maͤgdchen zu gehen, und ſie zu fragen; ob ſie noch eine Jungfrau ſey? Wenn dieſe es nun mit einem Ja bekraͤftiget; ſo muß ſie ihre Ausſage beſchwoͤren. Die Ein- willigung der Eltern von Seiten der Braut, haͤlt nie ſchwer zu erhalten: ſelten machen die- ſe auch nur die geringſte Einwendung. — Hierauf nun fuͤhret der Prieſter die Braut zum Fluß, und tauft ſie, fuͤhrt ſie auch ſelbſt wie- der zuruͤck in das Haus des Braͤutigams. Als- dann haͤlt der Prieſter dieſem Paare eine lange Rede, und ſtellt ihnen alle die Pflichten vor, die ſie gegenſeitig gegen einander zu beobachten haben. Iſt dieſes geſchehen; ſo nimmt er ein Buch, welches ſie Faal*) nennen, und ſucht die gluͤckliche Stunde auf, wann die voͤllige Verbindung kann vorgenommen werden. Wenn dieſes geſchehen iſt; ſo gehen ſie zu ihrem ober- ſten Prieſter, der ſie, nachdem der Braͤuti- gam nochmals verſichert hat, daß ſeine Braut noch eine reine Jungfrau ſey, voͤllig mit ein- ander ehlich verbindet. — — Findet ſich
aber
*) d. i. Schickſaal, Hazard.
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Die Art, wie ſich dieß Volk mit einander
ehlich zu verbinden pflegt, hat zu viel ſonder-
bares und characteriſtiſches, als daß ich hier
nicht etwas davon erzaͤhlen ſollte. — Wenn
ſich ein junger Menſch unter ihnen verheyrathen
will, und ſich ein Maͤgdchen ausgeſucht hat;
ſo pflegt der Prieſter und die Eltern des jungen
Menſchen zu dem Maͤgdchen zu gehen, und ſie
zu fragen; ob ſie noch eine Jungfrau ſey?
Wenn dieſe es nun mit einem Ja bekraͤftiget;
ſo muß ſie ihre Ausſage beſchwoͤren. Die Ein-
willigung der Eltern von Seiten der Braut,
haͤlt nie ſchwer zu erhalten: ſelten machen die-
ſe auch nur die geringſte Einwendung. —
Hierauf nun fuͤhret der Prieſter die Braut zum
Fluß, und tauft ſie, fuͤhrt ſie auch ſelbſt wie-
der zuruͤck in das Haus des Braͤutigams. Als-
dann haͤlt der Prieſter dieſem Paare eine lange
Rede, und ſtellt ihnen alle die Pflichten vor,
die ſie gegenſeitig gegen einander zu beobachten
haben. Iſt dieſes geſchehen; ſo nimmt er ein
Buch, welches ſie Faal *) nennen, und ſucht
die gluͤckliche Stunde auf, wann die voͤllige
Verbindung kann vorgenommen werden. Wenn
dieſes geſchehen iſt; ſo gehen ſie zu ihrem ober-
ſten Prieſter, der ſie, nachdem der Braͤuti-
gam nochmals verſichert hat, daß ſeine Braut
noch eine reine Jungfrau ſey, voͤllig mit ein-
ander ehlich verbindet. — — Findet ſich
aber
*) d. i. Schickſaal, Hazard.
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/190>, abgerufen am 21.11.2024.
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