daner den größesten Theil ihrer Religion von den Juden entlehnt haben. Ich will hier den wirklichen Beweis davon nicht führen, weil die Sache evident genug, und längst von verstän- digen Männern bewiesen ist. -- Die Mohamme- daner nehmen, wie andere Völker, einen einzi- gen wahren Gott an: sie sind aber in ihren Meynungen von der Einheit Gottes, und son- derlich von seinen Eigenschaften, verschiedener Meynungen. Sie lehren in ihren theologischen Schriften: "daß Gott einig, und kein Wesen ihm gleich sey: er sey vom Anfang der Erste, und Niemand vor ihm gewesen: so alt, daß er keinen Anfang habe: daß er ewig daure und nie aufhöre, und viele dergleichen Sätze mehr, die alle mit dem jüdischen Religionssysteme übereinkommen. -- In Ansehung der göttli- chen Eigenschaften lehren sie, daß er mächtig und stark, und mit keinem andern Wesen hier- in zu vergleichen sey: daß er alles wisse, was an allen Orten vorgenommen werde, alle Inse- cten kenne, die unter und auf der Erde sind, alle Geheimnisse und verborgensten Dinge wis- se: daß Gott alles wolle, was geschieht und bey allen Dingen concurrire. u. f.
Was die Schöpfung der Welt betrifft; so muß man gestehen, daß sie in diesem Stücke mit dem, was sie würklich glauben, viele Fabeln vermischen, die sie meistentheils den Rabbinen zu verdanken haben. Sie glauben unter andern Dingen, daß Gott die Welt aus Nichts ge-
schaffen
daner den groͤßeſten Theil ihrer Religion von den Juden entlehnt haben. Ich will hier den wirklichen Beweis davon nicht fuͤhren, weil die Sache evident genug, und laͤngſt von verſtaͤn- digen Maͤnnern bewieſen iſt. — Die Mohamme- daner nehmen, wie andere Voͤlker, einen einzi- gen wahren Gott an: ſie ſind aber in ihren Meynungen von der Einheit Gottes, und ſon- derlich von ſeinen Eigenſchaften, verſchiedener Meynungen. Sie lehren in ihren theologiſchen Schriften: „daß Gott einig, und kein Weſen ihm gleich ſey: er ſey vom Anfang der Erſte, und Niemand vor ihm geweſen: ſo alt, daß er keinen Anfang habe: daß er ewig daure und nie aufhoͤre, und viele dergleichen Saͤtze mehr, die alle mit dem juͤdiſchen Religionsſyſteme uͤbereinkommen. — In Anſehung der goͤttli- chen Eigenſchaften lehren ſie, daß er maͤchtig und ſtark, und mit keinem andern Weſen hier- in zu vergleichen ſey: daß er alles wiſſe, was an allen Orten vorgenommen werde, alle Inſe- cten kenne, die unter und auf der Erde ſind, alle Geheimniſſe und verborgenſten Dinge wiſ- ſe: daß Gott alles wolle, was geſchieht und bey allen Dingen concurrire. u. f.
Was die Schoͤpfung der Welt betrifft; ſo muß man geſtehen, daß ſie in dieſem Stuͤcke mit dem, was ſie wuͤrklich glauben, viele Fabeln vermiſchen, die ſie meiſtentheils den Rabbinen zu verdanken haben. Sie glauben unter andern Dingen, daß Gott die Welt aus Nichts ge-
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daner den groͤßeſten Theil ihrer Religion von
den Juden entlehnt haben. Ich will hier den
wirklichen Beweis davon nicht fuͤhren, weil die
Sache evident genug, und laͤngſt von verſtaͤn-
digen Maͤnnern bewieſen iſt. — Die Mohamme-
daner nehmen, wie andere Voͤlker, einen einzi-
gen wahren Gott an: ſie ſind aber in ihren
Meynungen von der Einheit Gottes, und ſon-
derlich von ſeinen Eigenſchaften, verſchiedener
Meynungen. Sie lehren in ihren theologiſchen
Schriften: „daß Gott einig, und kein Weſen
ihm gleich ſey: er ſey vom Anfang der Erſte,
und Niemand vor ihm geweſen: ſo alt, daß er
keinen Anfang habe: daß er ewig daure und
nie aufhoͤre, und viele dergleichen Saͤtze mehr,
die alle mit dem juͤdiſchen Religionsſyſteme
uͤbereinkommen. — In Anſehung der goͤttli-
chen Eigenſchaften lehren ſie, daß er maͤchtig
und ſtark, und mit keinem andern Weſen hier-
in zu vergleichen ſey: daß er alles wiſſe, was
an allen Orten vorgenommen werde, alle Inſe-
cten kenne, die unter und auf der Erde ſind,
alle Geheimniſſe und verborgenſten Dinge wiſ-
ſe: daß Gott alles wolle, was geſchieht und
bey allen Dingen concurrire. u. f.
Was die Schoͤpfung der Welt betrifft; ſo
muß man geſtehen, daß ſie in dieſem Stuͤcke
mit dem, was ſie wuͤrklich glauben, viele Fabeln
vermiſchen, die ſie meiſtentheils den Rabbinen zu
verdanken haben. Sie glauben unter andern
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/198>, abgerufen am 21.11.2024.
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