schaffen habe: daß er zuerst die Himmel, ver- mittelst geistiger Wesen vom ersten Range, und nachher die Erde durch Bewerkstelligung der Engel geschaffen habe, das heißt nach ihrer Er- klärung, Gott habe die Himmel und die Erde nicht plötzlich und auf einmal gemacht, sondern er habe zuerst ein Wesen erschaffen, vermittelst dessen der erste Himmel geworden sey. Hernach habe er ein dergleichen zweytes Wesen erschaf- fen, durch welches der zweyte Himmel entstan- den sey; und auf eben die Weise sey es auch mit Erschaffung der übrigen Himmel zugegan- gen. -- Dasjenige, was sie in Ansehung der Erschaffung der Erde, durch die Engel, glau- ben, haben sie vielleicht von alten christlichen Ketzern entlehnt. Die Perser behaupten, daß die Erde in der Mitte der Gewässer erschaffen, und das Wasser der Abgrund oder das Chaos sey, woraus Gott die Erde hervorgebracht habe. Gott habe endlich das Wasser ablaufen lassen; und so sey die bewunderungswürdige Gestalt der Erde entstanden, die wir itzt sehen.
Die Perser sind auch mit andern Völkern, in Absicht der Zeit und des Monaths, wenn die Schöpfung eingefallen sey, nicht einstimmig; denn sie wollen, daß sie in den sechs letzten Ta- gen des Mondmonaths, geschehen, d. h. daß die Schöpfung den fünf und zwanzigsten Tag des Mondes angefangen, und den letzten Tag dessel- ben Monds geendigt habe. Und in dieser Rück- sicht feiern sie den Schöpfungstag der Welt
am
M 2
ſchaffen habe: daß er zuerſt die Himmel, ver- mittelſt geiſtiger Weſen vom erſten Range, und nachher die Erde durch Bewerkſtelligung der Engel geſchaffen habe, das heißt nach ihrer Er- klaͤrung, Gott habe die Himmel und die Erde nicht ploͤtzlich und auf einmal gemacht, ſondern er habe zuerſt ein Weſen erſchaffen, vermittelſt deſſen der erſte Himmel geworden ſey. Hernach habe er ein dergleichen zweytes Weſen erſchaf- fen, durch welches der zweyte Himmel entſtan- den ſey; und auf eben die Weiſe ſey es auch mit Erſchaffung der uͤbrigen Himmel zugegan- gen. — Dasjenige, was ſie in Anſehung der Erſchaffung der Erde, durch die Engel, glau- ben, haben ſie vielleicht von alten chriſtlichen Ketzern entlehnt. Die Perſer behaupten, daß die Erde in der Mitte der Gewaͤſſer erſchaffen, und das Waſſer der Abgrund oder das Chaos ſey, woraus Gott die Erde hervorgebracht habe. Gott habe endlich das Waſſer ablaufen laſſen; und ſo ſey die bewunderungswuͤrdige Geſtalt der Erde entſtanden, die wir itzt ſehen.
Die Perſer ſind auch mit andern Voͤlkern, in Abſicht der Zeit und des Monaths, wenn die Schoͤpfung eingefallen ſey, nicht einſtimmig; denn ſie wollen, daß ſie in den ſechs letzten Ta- gen des Mondmonaths, geſchehen, d. h. daß die Schoͤpfung den fuͤnf und zwanzigſten Tag des Mondes angefangen, und den letzten Tag deſſel- ben Monds geendigt habe. Und in dieſer Ruͤck- ſicht feiern ſie den Schoͤpfungstag der Welt
am
M 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0199"n="179"/>ſchaffen habe: daß er zuerſt die Himmel, ver-<lb/>
mittelſt geiſtiger Weſen vom erſten Range, und<lb/>
nachher die Erde durch Bewerkſtelligung der<lb/>
Engel geſchaffen habe, das heißt nach ihrer Er-<lb/>
klaͤrung, Gott habe die Himmel und die Erde<lb/>
nicht ploͤtzlich und auf einmal gemacht, ſondern<lb/>
er habe zuerſt ein Weſen erſchaffen, vermittelſt<lb/>
deſſen der erſte Himmel geworden ſey. Hernach<lb/>
habe er ein dergleichen zweytes Weſen erſchaf-<lb/>
fen, durch welches der zweyte Himmel entſtan-<lb/>
den ſey; und auf eben die Weiſe ſey es auch<lb/>
mit Erſchaffung der uͤbrigen Himmel zugegan-<lb/>
gen. — Dasjenige, was ſie in Anſehung der<lb/>
Erſchaffung der Erde, durch die Engel, glau-<lb/>
ben, haben ſie vielleicht von alten chriſtlichen<lb/>
Ketzern entlehnt. Die Perſer behaupten, daß<lb/>
die Erde in der Mitte der Gewaͤſſer erſchaffen,<lb/>
und das Waſſer der Abgrund oder das Chaos<lb/>ſey, woraus Gott die Erde hervorgebracht habe.<lb/>
Gott habe endlich das Waſſer ablaufen laſſen;<lb/>
und ſo ſey die bewunderungswuͤrdige Geſtalt<lb/>
der Erde entſtanden, die wir itzt ſehen.</p><lb/><p>Die Perſer ſind auch mit andern Voͤlkern,<lb/>
in Abſicht der Zeit und des Monaths, wenn die<lb/>
Schoͤpfung eingefallen ſey, nicht einſtimmig;<lb/>
denn ſie wollen, daß ſie in den ſechs letzten Ta-<lb/>
gen des <hirendition="#fr">Mondmonaths</hi>, geſchehen, d. h. daß die<lb/>
Schoͤpfung den fuͤnf und zwanzigſten Tag des<lb/><hirendition="#fr">Mondes</hi> angefangen, und den letzten Tag deſſel-<lb/>
ben Monds geendigt habe. Und in dieſer Ruͤck-<lb/>ſicht feiern ſie den Schoͤpfungstag der Welt<lb/><fwplace="bottom"type="sig">M 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">am</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[179/0199]
ſchaffen habe: daß er zuerſt die Himmel, ver-
mittelſt geiſtiger Weſen vom erſten Range, und
nachher die Erde durch Bewerkſtelligung der
Engel geſchaffen habe, das heißt nach ihrer Er-
klaͤrung, Gott habe die Himmel und die Erde
nicht ploͤtzlich und auf einmal gemacht, ſondern
er habe zuerſt ein Weſen erſchaffen, vermittelſt
deſſen der erſte Himmel geworden ſey. Hernach
habe er ein dergleichen zweytes Weſen erſchaf-
fen, durch welches der zweyte Himmel entſtan-
den ſey; und auf eben die Weiſe ſey es auch
mit Erſchaffung der uͤbrigen Himmel zugegan-
gen. — Dasjenige, was ſie in Anſehung der
Erſchaffung der Erde, durch die Engel, glau-
ben, haben ſie vielleicht von alten chriſtlichen
Ketzern entlehnt. Die Perſer behaupten, daß
die Erde in der Mitte der Gewaͤſſer erſchaffen,
und das Waſſer der Abgrund oder das Chaos
ſey, woraus Gott die Erde hervorgebracht habe.
Gott habe endlich das Waſſer ablaufen laſſen;
und ſo ſey die bewunderungswuͤrdige Geſtalt
der Erde entſtanden, die wir itzt ſehen.
Die Perſer ſind auch mit andern Voͤlkern,
in Abſicht der Zeit und des Monaths, wenn die
Schoͤpfung eingefallen ſey, nicht einſtimmig;
denn ſie wollen, daß ſie in den ſechs letzten Ta-
gen des Mondmonaths, geſchehen, d. h. daß die
Schoͤpfung den fuͤnf und zwanzigſten Tag des
Mondes angefangen, und den letzten Tag deſſel-
ben Monds geendigt habe. Und in dieſer Ruͤck-
ſicht feiern ſie den Schoͤpfungstag der Welt
am
M 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/199>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.