und machen ihrem Streite, vor dem Manda- rin, ein Ende Dieser sitzt mit einer vielbe- deutenden pedantischen Mine auf seinem Sessel, hört mit Gleichgültigkeit beyde Partheyen an, und läßt den Schuldigen, auch, wenn es ihm einfällt, beyde, nach chinesischem Fuße, statt- lich abprügeln.
Es giebt auch in China, so wie überall, ein gewisses Volk, welches man Huren nennt. Da diese gemeiniglich in den Gegenden, wo sie wohnen, großen Lärm zu machen pflegen; so ist es ihnen nicht erlaubt, sich in der Stadt aufzuhalten, sondern sie werden in einen Win- kel der Vorstädte verwiesen Die Gouverneurs der Stadt pflegen ein Dutzend der Huren in ein einziges Haus einzuquartiren, und ihnen einen Aufseher zu geben, der von ihrer Auf- führung Rechenschaft geben muß. Ihr Hand- werk wird für infam erklärt, daher auch eini- ge Gouverneurs so scharf sind, daß sie dieß liederliche Gesindel, wie billig, gar nicht dulden.
Zu der in den Städten herrschenden Ruhe und Ordnung, trägt die Art, wie die Chineser ihre Kinder erziehen, sehr vieles bey. Diese werden von der zartesten Kindheit an in den Wissenschaften und freien Künsten unterrichtet, und so daran gewöhnt, daß sie nicht an Aus- schweifung und dergleichen denken.
Für die Bequemlichkeit, Sicherheit und Zierde der Straßen, ist in China auch gesorgt. Man thut alles mögliche um die ungangbaren
Wege
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und machen ihrem Streite, vor dem Manda- rin, ein Ende Dieſer ſitzt mit einer vielbe- deutenden pedantiſchen Mine auf ſeinem Seſſel, hoͤrt mit Gleichguͤltigkeit beyde Partheyen an, und laͤßt den Schuldigen, auch, wenn es ihm einfaͤllt, beyde, nach chineſiſchem Fuße, ſtatt- lich abpruͤgeln.
Es giebt auch in China, ſo wie uͤberall, ein gewiſſes Volk, welches man Huren nennt. Da dieſe gemeiniglich in den Gegenden, wo ſie wohnen, großen Laͤrm zu machen pflegen; ſo iſt es ihnen nicht erlaubt, ſich in der Stadt aufzuhalten, ſondern ſie werden in einen Win- kel der Vorſtaͤdte verwieſen Die Gouverneurs der Stadt pflegen ein Dutzend der Huren in ein einziges Haus einzuquartiren, und ihnen einen Aufſeher zu geben, der von ihrer Auf- fuͤhrung Rechenſchaft geben muß. Ihr Hand- werk wird fuͤr infam erklaͤrt, daher auch eini- ge Gouverneurs ſo ſcharf ſind, daß ſie dieß liederliche Geſindel, wie billig, gar nicht dulden.
Zu der in den Staͤdten herrſchenden Ruhe und Ordnung, traͤgt die Art, wie die Chineſer ihre Kinder erziehen, ſehr vieles bey. Dieſe werden von der zarteſten Kindheit an in den Wiſſenſchaften und freien Kuͤnſten unterrichtet, und ſo daran gewoͤhnt, daß ſie nicht an Aus- ſchweifung und dergleichen denken.
Fuͤr die Bequemlichkeit, Sicherheit und Zierde der Straßen, iſt in China auch geſorgt. Man thut alles moͤgliche um die ungangbaren
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und machen ihrem Streite, vor dem Manda-
rin, ein Ende Dieſer ſitzt mit einer vielbe-
deutenden pedantiſchen Mine auf ſeinem Seſſel,
hoͤrt mit Gleichguͤltigkeit beyde Partheyen an,
und laͤßt den Schuldigen, auch, wenn es ihm
einfaͤllt, beyde, nach chineſiſchem Fuße, ſtatt-
lich abpruͤgeln.
Es giebt auch in China, ſo wie uͤberall,
ein gewiſſes Volk, welches man Huren nennt.
Da dieſe gemeiniglich in den Gegenden, wo ſie
wohnen, großen Laͤrm zu machen pflegen; ſo
iſt es ihnen nicht erlaubt, ſich in der Stadt
aufzuhalten, ſondern ſie werden in einen Win-
kel der Vorſtaͤdte verwieſen Die Gouverneurs
der Stadt pflegen ein Dutzend der Huren in
ein einziges Haus einzuquartiren, und ihnen
einen Aufſeher zu geben, der von ihrer Auf-
fuͤhrung Rechenſchaft geben muß. Ihr Hand-
werk wird fuͤr infam erklaͤrt, daher auch eini-
ge Gouverneurs ſo ſcharf ſind, daß ſie dieß
liederliche Geſindel, wie billig, gar nicht dulden.
Zu der in den Staͤdten herrſchenden Ruhe
und Ordnung, traͤgt die Art, wie die Chineſer
ihre Kinder erziehen, ſehr vieles bey. Dieſe
werden von der zarteſten Kindheit an in den
Wiſſenſchaften und freien Kuͤnſten unterrichtet,
und ſo daran gewoͤhnt, daß ſie nicht an Aus-
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Fuͤr die Bequemlichkeit, Sicherheit und
Zierde der Straßen, iſt in China auch geſorgt.
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/277>, abgerufen am 15.06.2024.
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