Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

dazu gehalten werden, die verschiedenerley Ar-
ten von Einkünften dem Kayser in seine Haupt-
stadt zu bringen. -- Die Unterthanen des
Reichs besitzen ihre Aecker als ein Eigenthum,
daher es denn auch kommt, daß die Pächter
gemeiniglich sehr arm sind. -- Ein anderer
Theil der Einkünfte bestehet aus dem Kopfgelde,
welches eine jede Mannsperson, von zwanzig
bis sechzig Jahre gerechnet, bezahlen muß. Man
kann leicht denken was dieß Kopfgeld für ei-
ne ungeheure Summe einbringen mag. Eine
dritte Gattung von Einkünften entstehen aus den
Man facturen. Ueberdem steht es dem Kay-
ser noch frey, neue Auflagen, seinen Untertha-
nen, nach Belieben, aufzulegen, wenn es die
dringendsten Noth erfordert, wiewohl er sich die-
ser Macht selten bedient, weil die regulirten
Einkünfte gemeiniglich hinlänglich genug sind,
den Aufwand davon zu bestreiten.

Die Polygamie ist in China eben so wenig
wie in andern asiatischen Ländern verboten,
und aus diesen Ursachen hält sich auch der Kay-
ser eine nicht geringe Schaar Weiber zu
seinem wollüstigen Gebrauch.
Eine aber
ist die rechtmäßige und auserwählte Gemahlinn
des Kaysers, die auch nur allein das Vorrecht
hat, mit ihrem Gemahl an der Tafel zu sitzen.
Die Weiber (die alle den Namen Gemahlinn
führen) werden in verschiedene Rangordnun-

gen
R 3

dazu gehalten werden, die verſchiedenerley Ar-
ten von Einkuͤnften dem Kayſer in ſeine Haupt-
ſtadt zu bringen. — Die Unterthanen des
Reichs beſitzen ihre Aecker als ein Eigenthum,
daher es denn auch kommt, daß die Paͤchter
gemeiniglich ſehr arm ſind. — Ein anderer
Theil der Einkuͤnfte beſtehet aus dem Kopfgelde,
welches eine jede Mannsperſon, von zwanzig
bis ſechzig Jahre gerechnet, bezahlen muß. Man
kann leicht denken was dieß Kopfgeld fuͤr ei-
ne ungeheure Summe einbringen mag. Eine
dritte Gattung von Einkuͤnften entſtehen aus den
Man facturen. Ueberdem ſteht es dem Kay-
ſer noch frey, neue Auflagen, ſeinen Untertha-
nen, nach Belieben, aufzulegen, wenn es die
dringendſten Noth erfordert, wiewohl er ſich die-
ſer Macht ſelten bedient, weil die regulirten
Einkuͤnfte gemeiniglich hinlaͤnglich genug ſind,
den Aufwand davon zu beſtreiten.

Die Polygamie iſt in China eben ſo wenig
wie in andern aſiatiſchen Laͤndern verboten,
und aus dieſen Urſachen haͤlt ſich auch der Kay-
ſer eine nicht geringe Schaar Weiber zu
ſeinem wolluͤſtigen Gebrauch.
Eine aber
iſt die rechtmaͤßige und auserwaͤhlte Gemahlinn
des Kayſers, die auch nur allein das Vorrecht
hat, mit ihrem Gemahl an der Tafel zu ſitzen.
Die Weiber (die alle den Namen Gemahlinn
fuͤhren) werden in verſchiedene Rangordnun-

gen
R 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0281" n="261"/>
dazu gehalten werden, die ver&#x017F;chiedenerley Ar-<lb/>
ten von Einku&#x0364;nften dem Kay&#x017F;er in &#x017F;eine Haupt-<lb/>
&#x017F;tadt zu bringen. &#x2014; Die Unterthanen des<lb/>
Reichs be&#x017F;itzen ihre Aecker als ein Eigenthum,<lb/>
daher es denn auch kommt, daß die Pa&#x0364;chter<lb/>
gemeiniglich &#x017F;ehr arm &#x017F;ind. &#x2014; Ein anderer<lb/>
Theil der Einku&#x0364;nfte be&#x017F;tehet aus dem Kopfgelde,<lb/>
welches eine jede Mannsper&#x017F;on, von zwanzig<lb/>
bis &#x017F;echzig Jahre gerechnet, bezahlen muß. Man<lb/>
kann leicht denken was dieß Kopfgeld fu&#x0364;r ei-<lb/>
ne ungeheure Summe einbringen mag. Eine<lb/>
dritte Gattung von Einku&#x0364;nften ent&#x017F;tehen aus den<lb/>
Man facturen. Ueberdem &#x017F;teht es dem Kay-<lb/>
&#x017F;er noch frey, neue Auflagen, &#x017F;einen Untertha-<lb/>
nen, nach Belieben, aufzulegen, wenn es die<lb/>
dringend&#x017F;ten Noth erfordert, wiewohl er &#x017F;ich die-<lb/>
&#x017F;er Macht &#x017F;elten bedient, weil die regulirten<lb/>
Einku&#x0364;nfte gemeiniglich hinla&#x0364;nglich genug &#x017F;ind,<lb/>
den Aufwand davon zu be&#x017F;treiten.</p><lb/>
          <p>Die Polygamie i&#x017F;t in China eben &#x017F;o wenig<lb/>
wie in andern a&#x017F;iati&#x017F;chen La&#x0364;ndern verboten,<lb/>
und aus die&#x017F;en Ur&#x017F;achen ha&#x0364;lt &#x017F;ich auch <hi rendition="#fr">der Kay-<lb/>
&#x017F;er eine nicht geringe Schaar Weiber zu<lb/>
&#x017F;einem wollu&#x0364;&#x017F;tigen Gebrauch.</hi> Eine aber<lb/>
i&#x017F;t die rechtma&#x0364;ßige und auserwa&#x0364;hlte Gemahlinn<lb/>
des Kay&#x017F;ers, die auch nur allein das Vorrecht<lb/>
hat, mit ihrem Gemahl an der Tafel zu &#x017F;itzen.<lb/>
Die Weiber (die alle den Namen Gemahlinn<lb/>
fu&#x0364;hren) werden in ver&#x017F;chiedene Rangordnun-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R 3</fw><fw place="bottom" type="catch">gen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[261/0281] dazu gehalten werden, die verſchiedenerley Ar- ten von Einkuͤnften dem Kayſer in ſeine Haupt- ſtadt zu bringen. — Die Unterthanen des Reichs beſitzen ihre Aecker als ein Eigenthum, daher es denn auch kommt, daß die Paͤchter gemeiniglich ſehr arm ſind. — Ein anderer Theil der Einkuͤnfte beſtehet aus dem Kopfgelde, welches eine jede Mannsperſon, von zwanzig bis ſechzig Jahre gerechnet, bezahlen muß. Man kann leicht denken was dieß Kopfgeld fuͤr ei- ne ungeheure Summe einbringen mag. Eine dritte Gattung von Einkuͤnften entſtehen aus den Man facturen. Ueberdem ſteht es dem Kay- ſer noch frey, neue Auflagen, ſeinen Untertha- nen, nach Belieben, aufzulegen, wenn es die dringendſten Noth erfordert, wiewohl er ſich die- ſer Macht ſelten bedient, weil die regulirten Einkuͤnfte gemeiniglich hinlaͤnglich genug ſind, den Aufwand davon zu beſtreiten. Die Polygamie iſt in China eben ſo wenig wie in andern aſiatiſchen Laͤndern verboten, und aus dieſen Urſachen haͤlt ſich auch der Kay- ſer eine nicht geringe Schaar Weiber zu ſeinem wolluͤſtigen Gebrauch. Eine aber iſt die rechtmaͤßige und auserwaͤhlte Gemahlinn des Kayſers, die auch nur allein das Vorrecht hat, mit ihrem Gemahl an der Tafel zu ſitzen. Die Weiber (die alle den Namen Gemahlinn fuͤhren) werden in verſchiedene Rangordnun- gen R 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/281
Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/281>, abgerufen am 24.11.2024.